Teilnahme an Demo kein Kündigungsgrund
Eine politische Betätigung – wie die Teilnahme an einer Demonstration – kann nur dann einen verhaltensbedingten Grund zur Kündigung darstellen, wenn der Arbeitnehmer dadurch seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt (vgl. etwa Markowski in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht. 5. Auflage 2022 zu § 1 KSchG, Rdn. 340). Hierfür werden jedoch keine Beispiele genannt.
Dass die Rechtsprechung hiervon nur unter engen Voraussetzungen ausgeht, wird an einem Fall deutlich, in dem ein angestellter Maschinenschlosser Mitglied einer rechtsradikalen Organisation war. Ihm wurde zudem vorgeworfen, während seines Urlaubs an einer Aktion dieser Gruppierung teilgenommen zu haben, bei der in einer Diskothek auf Mallorca eine Flagge ausgerollt wurde, die der Reichskriegsflagge ähnelte. Dabei soll die Gruppe "Ausländer raus" gerufen haben.
Nachdem der Arbeitgeber hiervon erfahren hatte, kündigte er ihm. Er berief sich darauf, dass in seinem Unternehmen Arbeitnehmer aus vielen Nationen tätig sind. Von daher werde rassistisches Verhalten auch außerhalb des Betriebes nicht toleriert. Denn das sei für den Arbeitgeber rufschädigend.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen sah dies jedoch anders und stellte fest, dass die Kündigung rechtswidrig ist. Das begründeten die Richter vor allem damit, dass keine konkreten Anzeichen dafür sprächen, dass das Arbeitsverhältnis durch das Verhalten im privaten Bereich beeinträchtigt wird. Dafür hätte er dieses Verhalten auch im Betrieb an den Tag legen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Es reiche nicht aus, dass Arbeitskollegen nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten wollten, als sie aus der Presse von diesem Vorfall erfahren haben. Der Mitarbeiter sei nicht als Führungskraft tätig gewesen und habe das Unternehmen auch nicht nach außen repräsentiert (Urteil vom 21. März 2019, Aktenzeichen 13 Sa 371/18).
Im öffentlichen Dienst kommt Kündigung eher in Betracht
Im Bereich des öffentlichen Dienstes kommt eher eine Kündigung wegen außerdienstlichen Verhaltens in Betracht. Allerdings sind auch hier die Gerichte bislang eher zurückhaltend. Das zeigt der Fall eines IT-Mitarbeiters bei einem Landeskriminalamt. Er war dort Schichtleiter und für die IT-Systeme und den Digitalfunk zuständig. Dabei betreute er nicht nur das Landeskriminalamt, sondern alle IT-Systeme der Polizei und des Verbundes mit anderen Bundesländern und der Bundespolizei.
Nachdem herauskam, dass er in seiner Freizeit auf einem privaten Facebook-Account rassistische Kommentare verbreitet hatte, kündigte ihm der Arbeitgeber fristlos. Das Landesarbeitsgericht Thüringen entschied, dass die Kündigung unwirksam war (Urteil vom 14. November 2018, Aktenzeichen 6 Sa 204/18).
Verfassungs- und Rechtstreue bei Beamten wichtig
Dabei ließen die Richter offen, inwieweit die rassistischen Postings als verhaltensbezogener Kündigungsgrund anzusehen sind. Sie sahen das nicht als relevant für ihre Entscheidung an, weil die Kündigung unverhältnismäßig gewesen sei. Aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit hätte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erst einmal abmahnen müssen, befand das Gericht.
Allerdings müsse geprüft werden, ob der Arbeitnehmer aufgrund seiner Äußerungen für seine Tätigkeit persönlich geeignet gewesen sei und der Arbeitgeber sich deshalb auf einen personenbedingten Kündigungsgrund berufen durfte. Dies wäre zu verneinen, wenn ihm deshalb die erforderliche Verfassungs- und Rechtstreue fehlt – aufgrund seiner Äußerungen sei davon auszugehen.
Eine Kündigung scheitert aber bereits daran, dass der Arbeitgeber ihm eine weniger verantwortliche Tätigkeit innerhalb der Thüringer Landesverwaltung hätte zuweisen können. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidung inzwischen bestätigt (Urteil vom 27. Juni 2019, Aktenzeichen 2 AZR 28/19).
Für das Beispiel der Klimaaktivisten bedeutet das: Ein Arbeitgeber hat Mitarbeitern normalerweise nichts vorzuwerfen, wenn sie an einer Demonstration teilnehmen. Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen etwa Braunkohle oder Steinkohle fördert. Der erwähnte betriebliche Bezug fehlt hier.
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Arbeitsrecht: Kündigung, weil festgeklebt? | Wann gilt betrieblicher Bezug als Kündigungsgrund? |
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Ich habe nichts anderes behauptet
Da wird echt versucht irgendetwas krampfhaft zu vergleichen. Erbärmlich.
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