Zum Hauptinhalt Zur Navigation

Arbeiten in der Natur: Wie ein Zelt dank Solarenergie zum Homeoffice wird

Es muss nicht immer die abgelegene Blockhütte in den Wäldern Schwedens sein, auch ein Zelt im Garten kann Homeoffice zum Urlaubserlebnis machen.
/ Dennis Ziesecke
51 Kommentare News folgen (öffnet im neuen Fenster)
Früher sagte meine Mutter immer zu mir, ich solle doch auch mal draußen spielen. Nun, das hat sie sich bestimmt etwas anders vorgestellt. (Bild: Dennis Ziesecke)
Früher sagte meine Mutter immer zu mir, ich solle doch auch mal draußen spielen. Nun, das hat sie sich bestimmt etwas anders vorgestellt. Bild: Dennis Ziesecke

Das Arbeiten in den eigenen vier Wänden spart Arbeitswege und bietet eine flexiblere Zeiteinteilung. Einige ziehen es der Anwesenheit im Büro auch wegen fehlender Ablenkung oder einer generell eher introvertierten Lebensweise vor. Ärgerlich wird es nur, wenn daheim der Traum von ablenkungsfreier Arbeit durch Nachbarn, Familie oder andere Faktoren torpediert wird.

Da zumindest bei mir ein erfreulich großer Garten vorhanden ist, wollte ich es an Tagen mit angenehmen Temperaturen einfach einmal dort versuchen. Neugierige Insekten, flauschige, aber der Konzentration nicht förderliche Nachbarskatzen und die ständig blendende Sonne sorgten aber schnell für latent schlechter werdende Laune. Außerdem wollte der Arbeitslaptop bald wieder Strom.

Mit LARP und Solarenergie zum Outdoor-Office

Mitunter kann eine exotische Mischung verschiedener Hobbys aber zum Vorteil gereichen: Im Familienfundus befindet sich ein für Live-Rollenspiele genutztes Zelt mit vier Metern Bodendurchmesser, in dessen Mitte ich sogar bequem stehen kann. Sonne und Insekten abhalten, flauschige Katzen aber nicht zwingend: check.

Mit einer ausreichenden Verlängerung wäre auch die Stromversorgung gesichert, aber warum eine Kabeltrommel kaufen, wenn aus früheren Experimenten noch Solarpanels und Powerstations herumliegen?

Das Projekt nimmt Gestalt an: Wie viel Komfort bekomme ich ans mehrere Hundert Meter entfernte Ende des Gartens, rein mit Solarenergie versorgt? Und das bevorzugt in den Abendstunden, Freiberufler-Arbeitszeiten sind schließlich flexibel.

Wie viel Strom kann so ein Zelt schon brauchen?

Das Zelt ist schnell aufgebaut und mit Tischen und Stühlen bestückt. Zum Office wird es durch einen arbeits-, aber auch spieletauglichen Laptop mit Ryzen 7 und RTX 4060 (max. 250 Watt), einen 27 Zoll großen, aber etwas älteren Monitor (ca. 50 Watt) und einen Mini-Kühlschrank (ca. 50 Watt).

Das sind maximal 350 Watt, die benötigt werden, pro Quadratmeter kommen in unseren Breitengraden etwa 1.000 Watt Solarenergie an. Dabei reicht es aber nicht, einfach Solarpanels mit der gewünschten Peak-Leistung vor das Zelt zu werfen - so ein Peak wird nur selten erreicht und in der Nacht wird natürlich gar kein Strom produziert. Zudem erzeugen Solarpanele Gleichstrom, Laptop und Monitor hätten aber gerne Wechselstrom. Und bitte auch zuverlässig.

Ohne Powerstation geht es nicht

Abhilfe schafft eine Powerstation: Diese praktischen Energiekisten bieten meist auch Solareingänge sowie AC-Steckdosen und dazu noch diverse USB- und DC-Ausgänge. Ebenfalls aus früheren Experimenten ließ sich eine Ecoflow Delta2Max mit 2 Kilowattstunden halbwegs ausreichender Energiemenge reaktivieren.

Weiter verbreitet als die 20 Kilogramm schwere Delta sind kleinere Powerstations mit 0,5 oder 1,0 Kilowattstunden, die zumeist auch weniger Leistung an den für Haustechnik wichtigen AC-Ausgängen anlegen.

Wenn die Powerstation also durchgehend mit 1.000 Watt belastet würde, sollte die gespeicherte Energie der 2-kWh-Station zwei Stunden lang ausreichen - bei 500 Watt entsprechend vier Stunden. Der 250-Watt-Laptop sollte also acht Stunden unter voller Last laufen können (und noch länger, da er selbst auch über einen Akku verfügt).

Einfache Watt-Rechnung

Das wäre zumindest schön, da die Powerstation ihren Strom aber DC speichert und AC ausgeben muss, gibt es zwangsläufig Wandlungsverluste. Je nach Modell liegen diese bei 15 bis 20 Prozent. Solange die Powerstation nur per Solar geladen wird, stört dieser Verlust zumindest nicht finanziell, sollte für die Laufzeit aber einberechnet werden.

Dazu kommt, dass auch der AC-Wechselrichter der Powerstation um die 20 bis 40 Watt benötigt, die nutzbare Energiereserve schrumpft also weiter. Glücklicherweise begnügt sich das Notebook bei gängigen Office-Tätigkeiten mit deutlich weniger als den maximal möglichen 250 Watt, hier sind es eher um die 30 Watt. Wird der Monitor zusätzlich etwas gedimmt, reichen 50 Watt für beide Komponenten aus.

Zocken frisst viel Energie

Energiehungrig wird das Arbeitsgerät erst, wenn zur Spielekonsole mutiert. Und das tut es oft, zusammen mit dem Nachwuchs fühlen sich nächtliche Spielesessions mit Koop-Meisterwerken wie It Takes Two an wie Urlaub. Es ist beeindruckend, wie sehr es sich jedes Jahr nach dem Zeltaufbau wieder wie Heimkommen anfühlt - ja, wir machen das schon einige Zeit so und stillen so viel Urlaubssehnsucht.

Zeitlich begrenzter Urlaub allerdings, die 2 kWh der Powerstation plus Monitor reichen bei grafisch anspruchsvollen Titeln nur für wenige Stunden Spielspaß. Und sollte jemand Hunger auf ein frisches Sandwich haben - praktische Küchenhelfer fressen erschreckend viel Strom.

Auch kleine Schatten senken den PV-Ertrag

Ist die Powerstation des Nachts leergelaufen, heißt es am Folgetag: hoffen auf Sonnenschein. Platz für Solarpanels findet sich zwar fast überall, frei von Schatten ist dieser Platz aber nicht zwingend.

Wie bereits erwähnt, wird die Peak-Leistung der Panels nur selten erreicht, bei den outdoor bequem nutzbaren Camping-Panelen oder Solartaschen sind das zudem meist nur 100 bis 200 Watt unter Idealbedingungen. Bei zwei PV-Eingängen am Akku würde es also selbst unter Idealbedingungen 5 bis 10 Stunden dauern, die Powerstation aufzuladen. In Norddeutschland ist das selbst im Hochsommer nur ein Wunschtraum.

Also mehr Panels oder mehr Leistung. Die großen und starren (und über 10 kg schweren) Solarpanele für Hausdach oder Balkon leisten deutlich mehr, 400 bis 500 Watt sind als Peak-Leistung durchaus machbar.

Zudem sind sie so aufgebaut, dass die Verschattung einer Hälfte des Panels die Energieerzeugung nicht komplett einbrechen lässt. Auch preislich spricht viel dafür: Zwischen 50 und 100 Euro pro Panel sind eine überschaubare Investition.

Starre Solarmodule sind sehr unhandlich

Wer meine Anregung zum Arbeiten im Garten aber mobiler und weiter vom Haus entfernt umsetzen will, greift vielleicht doch besser zu mobilen Solarpanels. Da ich ungern fast zwei Meter hohe schwarze Pixel durch den Garten schleppe, habe ich mein Vorhaben auch mit den kleineren Modulen umgesetzt.

Der erste Versuch mit 2 x 100 Watt flexibler Campingmodule und 1x 200 Watt in Form einer klappbaren Solartasche zeigte: Der norddeutsche Durchschnitts-Frühlingstag reicht nur für die Ereugung von insgesamt 150 Watt, und auch das erst nach langem Basteln mit der Aufstellposition.

Viel hilft viel: Mit vier der 100-Watt-Panele, die in Reihe geschlossen einen Anschluss der Powerstation blockieren und zwei der ebenfalls parallel angeschlossenen Solartaschen verdoppelt sich die Peakleistung auf 800 Watt, real kommen 250 bis 400 Watt rein. Wenn die Katze auf einem der in Reihe geschalteten Panels liegt, sind es nur noch 120 Watt. Sie liegt oft dort.

Energiesparen oder Upgraden

So richtig autark lebt es sich allerdings im Zelt nicht. Die Panels erzeugen nicht durchgehend die maximale Strommenge, mitunter ist der Akku am Abend erst halb gefüllt. An regnerischen Tagen bleibt er manchmal sogar leer. Und selbst mit 100 Prozent Kapazität schmilzt die Restreichweite beim abendlichen Zocken schnell zusammen.

Abhilfe würde ein Modell mit mehr Kapazität schaffen. Mit 4 bis 5 Kilowattstunden lässt es sich arbeiten, die wollen aber auch irgendwie mit Strom gefüllt werden. Bedeutet: noch mehr Panels oder eben doch die größeren, starren Module nutzen. Nun ist der Garten hier zwar groß, die Örtlichkeiten für eine schattenfreie Solarernte sind aber doch begrenzt.

Koop-Gaming mit dem Nachwuchs statt Heimarbeit

Am Ende haben mein Sohn und ich bei den Gamingsessions auf Sandwich und weiteren Luxus verzichtet, um länger spielen zu können. Dabei war übrigens vor allem das beeindruckende und vor einigen Absätzen bereits erwähnte Koop-Spiel It Takes Two für die besten Stunden verantwortlich - Stunden, die auch in Jahren noch als aufbauende Erinnerung vorhanden sein werden.

Dabei hat die Atmosphäre im Zelt stark mitgeholfen, die Abende unvergesslich zu machen. Ein Rückzugsort, der weit genug vom Alltag entfernt ist, um als Urlaub durchzugehen. Und ohne dabei einen Cent auf die häusliche Stromrechnung aufgeschlagen zu haben.

Das sieht natürlich anders aus, wenn die Solar-Hardware inklusive der teuren Powerstation erst angeschafft werden müsste. Ein breites Grinsen hat die Autarkie aber schon regelmäßig hinterlassen.

Arbeiten mit Office und Internet war deutlich einfacher, was den reinen Strombedarf angeht. Bei unter 100 Watt Bedarf hält die volle Powerstation einen ganzen Arbeitstag und länger durch. Ärgerlich nur, wenn mangels Sonne länger keine neue Energie eingespeist wird.

Mir hat das Experiment daher zusätzlich gezeigt, dass es im Sinne der Autarkie sehr auf eine Überbelegung mit Solarpanels ankommt, um die Powerstation öfter mit voller Leistung laden zu können. Und dass Katzen die Wärme der Solarpanels schätzen, sich dabei aber sehr negativ auf die Energieerzeugung auswirken.

2025 startet mit Split Fiction, dem Nachfolger von It Takes Two, sowie mehr Solarpanels. Einmal damit angefangen, macht dauerndes Optimieren dann doch ein wenig süchtig.


Relevante Themen