Arbeit im Amt: Wichtig ist ein Talent zum Zeittotschlagen
Ämter als Arbeitgeber haben einen schlechten Ruf. Zu Recht oder ist das ein Vorurteil? Ein junger Fachinformatiker erzählt von seinem Arbeitsalltag in Unternehmen und einer Behörde.

Hauptsächlich war es meine Mutter, die mich in einen Job bei einer Behörde gedrängt hat, obwohl es mein Vater ist, der im öffentlichen Dienst arbeitet. Sicherer Job, sagte meine Mutter, total entspanntes Arbeiten, gute Fortbildungsmöglichkeiten, regelmäßig steigendes Gehalt und die Arbeitsstätte nur fünf Kilometer von daheim entfernt. Zur alten Stelle musste ich eine Stunde fahren. Ich habe den Fehler gemacht und auf meine Mutter gehört.
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Meinen Namen will ich nicht nennen, denn das gäbe nur Ärger. Vielleicht daheim, eventuell von der Behörde, bei der ich war, möglicherweise bei meinem jetzigen Arbeitgeber, weil ich als Nestbeschmutzer gelten könnte. Daher bleibe ich anonym, versichere aber, dass es mich gibt und dass alles stimmt, von dem ich berichte.*
Tekkie in Ausbildung
Ich bin zwar ein Nerd, aber das im positiven Sinne der Bezeichnung Computerfreak. Denn mir mangelt es nicht an sozialen Kontakten und ich bin kein Sonderling, der sein Leben hinter dem Computer verbringt. Informationstechnologie fasziniert mich einfach. Schon als Kind habe ich Windows-Rechner zerlegt und wieder zusammengebaut. Ich habe die Rechner von Freunden supportet, selbstverständlich remote, weil es Anfang der 2000er Jahre die coolste Art war, aus der Ferne bei Computerproblemen zu helfen.
Später habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht und nach der technischen Fachhochschulreife eine Lehre zum Fachinformatiker für Systemintegration abgeschlossen. Das war Anfang 2017. Ich bin Jahrgang 1992. Meine Lehre habe ich erst mit 21 angefangen, davor noch so ziemlich alles an Schulformen durchlaufen, was denkbar und machbar ist: vom Gymnasium auf die Berufsschule, dort den Hauptschul-, Realschulabschluss und schließlich die Fachhochschulreife der Fachrichtung Technik gemacht.
Meine Lehrfirma war ein kleines Maschinenbauunternehmen. Knapp 150 Mitarbeiter und inhabergeführt. Das hat mir echt Spaß gemacht, was vor allem am Unternehmen lag. Die Inhaber waren zwar schon älter, aber superloyal und mit Herz und Seele für ihre Firma und Mitarbeiter da. Ich fühlte mich menschlich gut aufgehoben und fachlich habe ich mein Hobbywissen professionalisiert. Als Azubi musste ich zwar manchmal auch die Kartons von neuen Rechnern aufräumen, aber hauptsächlich war ich in die Unternehmensprozesse integriert und schon ab dem ersten Lehrjahr im Support Level 1 und 2 eingesetzt.
Zur Differenzierung von Kompetenzen ist der Support in drei Stufen aufgeteilt: in den First-, Second- und Third-Level-Support. Im zuletzt genannten wird das höchste Fachwissen vorausgesetzt. In meinem Lehrjahr waren wir sechs IT-Azubis. Zwei wurden übernommen, vier mussten gehen, darunter ich. Was nicht an mir oder den drei anderen lag: Die Geschäftslage war damals nicht gut.
Die Berufsaussichten sind nicht so rosig, wie alle sagen
Danach war ich drei Monate bei einem IT-Dienstleister ebenfalls im Anwender-Support. Eine kleine Firma mit acht Mann. Ich fühlte mich ständig beobachtet und überwacht, musste jede Minute beim Kunden abrechnen. Der Job war stressig, undankbar und schlecht bezahlt. Deshalb habe ich mich auf Stellenanzeigen beworben und fand auch recht schnell einen neuen Job, allerdings in Form einer Arbeitnehmerüberlassung. Manche sagen Zeitarbeit oder Leiharbeit dazu.
Ich wurde von der Zeitarbeitsfirma bei einem Kunden in dessen IT-Anwendersupport wiederum in den Leveln 1 und 2 eingesetzt. Das war ein mittelständisches Produktionsunternehmen mit 1.400 Mitarbeitern. Fünf Monate später hat mich das Unternehmen unbefristet übernommen.
Nach meinen Erfahrungen sind die Berufsaussichten für IT-Fachkräfte selbst in wirtschaftlich starken Regionen nicht so rosig, wie überall verkündet wird. Bevor man einen festen Vertrag bekommt, muss man sich erst einmal beweisen, selbst wenn man eine abgeschlossene Berufsausbildung mit Berufserfahrung hat. Ein Jahr war ich in dem Unternehmen, dann bin ich dem Rat meiner Mutter gefolgt.
Auf dem Papier aufgestiegen, im Alltag abgefallen
Die Stelle in der Behörde habe ich überraschend schnell bekommen. Im öffentlichen Dienst werden deutschlandweit händeringend ITler gesucht. Unternehmen der privaten Wirtschaft jagen den Ämtern mit deutlich besseren Gehältern die Bewerber ab. Das Amt war eine kleine, ländliche Behörde. Jeder war schon in solchen Amtsstuben, in denen Ausweise verlängert werden, geheiratet wird oder Auszüge aus Flurkarten erstellt werden. Meine Aufgabe war wieder der Anwendersupport, zum ersten Mal von Level 1 bis 3, also vollumfänglich. Auf dem Papier war ich fachlich aufgestiegen. Im Alltag aber tief gefallen.
* Der Name ist der Redaktion bekannt.
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Er schrieb schon Details zu seiner Behörde. Hörte sich klein an.
Aktionismus kommt in keinem Beruf gut an in dem man nicht mindestens die Nummer Zwei in...
sorry, zur Region: Mein Arbeitgeber ist aus dem Ausland aber international tätig...
Nein! Doch! Ohh... Ist doch offensichtlich, über Probleme wird halt Berichtet, über...
Einen direkten Blick in's Amt für allgemeine Angelegenheiten findet man unter paterfelis...