Appstore: Apples "Schutzgelderpressung" ist nur digital. Toll!
Im Kampf gegen Epic nutzt Apple inzwischen auch völlig absurde Argumente wie den großzügigen Verzicht auf 100 Milliarden US-Dollar. Was für eine Farce.

Die IT- und Wirtschaftssamariter von Apple haben allein im Jahr 2019 nur dank iOS bei Dritten einen Umsatz mit physischen Gütern im Wert von 400 Milliarden US-Dollar ermöglicht und großzügig, wie das Unternehmen ist, nicht mal Provision dafür verlangt. Dieses Argument hat der langjährige Apple-Manager Phil Schiller völlig ohne Sarkasmus im aktuellen Prozess zwischen Epic und Apple vorgebracht, wie das Magazin The Verge berichtet.
Apple versucht hier also, ein nicht umgesetztes Geschäftsmodell für physische Güter, das Kunden nie akzeptieren würden, als Argument dafür zu nutzen, dass das gleiche Geschäftsmodell für digitale Güter in Ordnung sei. Das ist nicht nur irritierend, sondern schlicht unlogisch und nicht mehr nachvollziehbar.
In dem vor wenigen Wochen eröffneten Prozess zwischen Apple und dem unter anderem für Fortnite zuständigen Unternehmen Epic Games geht es darum, wie Produkte und Dienstleistungen innerhalb von Apps auf dem iPhone verkauft werden können.
Insbesondere muss dabei geklärt werden, ob und inwiefern Apple dabei App-Entwickler dazu zwingen kann, ihre Apps ausschließlich über seinen App Store zu vertreiben, und dann bis zu 30 Prozent Provision für Geschäfte verlangen darf, die über diese Apps abgewickelt werden.
Dabei gibt es grundsätzlich nur zwei Ausnahmen: Abos, die außerhalb von iOS abgeschlossen und nicht in der iOS-App selbst gebucht werden können, was etwa Netflix und andere nutzen, sowie eben der Vertrieb und Verkauf physischer Güter. Zu Letzterem gehören etwa die Angebote von Lieferdiensten oder auch der Warenverkauf über Amazon oder ähnliche Handelsplätze.
Laut Schiller sorgt Apple allein hier für die genannten 400 Milliarden US-Dollar Umsatz pro Jahr. Er impliziert damit, dass Apple entsprechend der sonst üblichen Provisionsrate also auf mindestens 100 Milliarden US-Dollar verzichtet. Völlig ohne Eigennutz - zumindest will Apple das die Weltöffentlichkeit, die Politik und nun auch die Justiz glauben machen. Scheinheiliger geht es kaum noch.
Konditionen bestimmt allein Apple
Denn hätte Apple diese Provision wirklich verlangt, wäre wohl auch noch dem letzten Neuland-Bewohner aufgefallen, wie hintertrieben das Geschäftsmodell von Apple eigentlich ist. Du willst eine Pizza bestellen? Oder Möbel, einen Drucker oder eine Taxifahrt zum Bahnhof? Dann drück doch bitte 30 Prozent der Kosten an Apple ab. Hätte Microsoft ein ähnliches Geschäftsmodell für Windows Ende der 90er Jahre versucht, hätten sich Ebay, Amazon und wohl auch das World Wide Web selbst wohl nie so rasant zu dem entwickelt, was sie heute sind.
In der digitalen Welt von Apples Smartphones scheint die Akzeptanz vieler Firmen und Nutzerinnen und Nutzer für dieses Geschäftsmodell aber durchaus gegeben. Das liegt jedoch einfach an der mangelnden Konkurrenz, die sich Apple bei iOS von Beginn an vom Hals hält.
Denn das Unternehmen agiert hier schlicht nach dem Motto: Wäre ja zu schade, wenn deine Software nicht auf iOS laufen kann, zahl uns doch einfach Provision dafür! Dieses Vorgehen wird seit Jahren als "Schutzgelderpressung" beschrieben - wohl nicht ganz zu Unrecht.
Apple setzt dafür zum einen darauf, dass es von vornherein keine andere sinnvoll nutzbare Möglichkeit gibt, Apps außerhalb des App Stores auf iOS zu installieren. Darüber hinaus wird die einzige Alternative, der Webbrowser, wohl systematisch in seiner Funktion beschnitten.
Apple lässt außerdem nicht mal konkurrierende Browser zu. Alle iOS-Browser müssen auf der Webkit-Rendering-Engine von iOS aufbauen, die im Vergleich zu anderen Engines deutlich weniger Funktionen bietet. Einen technischen Grund dafür gibt es eigentlich nicht.
Zwar führt Apple immer wieder als Argument die Sicherheit der Nutzer an, aber auch unter Android ist es möglich, alternative Appstores und Browser oder Apps am Playstore vorbei zu installieren. Hier werden die Nutzer auch über damit verbundene mögliche Gefahren klar informiert. Und auf Desktop-Systemen findet sich solch eine Einschränkung auch nicht. Nicht mal in Apples MacOS.
Dass Apple nun großzügig auf mehrere Milliarden US-Dollar Einnahmen verzichtet und das auch noch genau so vor Gericht aussagt, ist schlicht ein billiges und durchschaubares Ablenkungsmanöver. Denn bei physischen Gütern würde wohl eben niemand das Geschäftsmodell von Apple akzeptieren, das schlicht eine Monopolstellung ausnutzt.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach).
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