Anonymisierung: Weiterer Angriff auf das Tor-Netzwerk beschrieben

Es scheint, als stehe die Anonymität des Tor-Netwerks erneut infrage: Forscher wollen mit einer 88-prozentigen Trefferquote Besucher eines versteckten Dienstes (Hidden Service) im Tor-Netzwerk enttarnen können. Es handelt sich aber wohl eher um einen theoretischen Angriff, denn selbst dessen Entdecker schreiben, dass Dritte viel Glück benötigen, um ihn durchzuführen. Auch Tor-Entwickler Roger Dingledine wiegelt ab. Allein schon der dafür entwickelte Algorithmus sei noch nicht ausgereift.
Für ihre Analyse des Datenverkehrs zwischen Benutzer und den Hidden Services im Tor-Netzwerk benötigen die Forscher der Universität Massachusetts Institute of Technology und des Qatar Computing Research Institutes zunächst Zugriff auf mindestens einen, besser mehrere Eingangsknoten. Zunächst wird der Datenverkehr zwischen Eingangsknoten und den Hidden Services analysiert. Anhand von Mustern konnten die Forscher für jeden versteckten Dienst einen eindeutigen Fingerabdruck erstellen. Dafür verwenden sie einen eigens entwickelten Algorithmus für ihre Klassifizierung.
Digitaler Fingerabdruck entlarvt versteckte Dienste
Mit den vom Algorithmus erstellten Fingerabdrücken wollen die Forscher mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit feststellen können, ob eine Verbindung durch das Tor-Netzwerk ins offene Netz führt, oder ob es sich beispielsweise um einen Rendezvous-Punkt handelt, der die Verbindung zwischen Nutzer und verstecktem Dienst herstellt.
Diese Fingerabdrücke können dann verwendet werden, um sowohl einen bestimmten versteckten Dienst zu identifizieren, als auch zu bestimmen, welche Hidden Sevices ein bestimmter Benutzer ansteuert. Die Forscher sprechen von einer Trefferquote von 88 Prozent. Allerdings muss ein Angreifer Glück bei der Wahl des Eingangsknotens haben. Das bestätigen die Forscher sogar in ihrer Pressemitteilung(öffnet im neuen Fenster) . Sie werden zufällig zugewiesen, wenn sich ein Anwender mit dem Tor-Netzwerk verbindet. Je mehr Eingangsknoten ein Angreifer kontrolliert, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Angriff erfolgreich ist. Allerdings müsste wie bei dem Anfang des Jahres beschriebenen Korrelationsangriff ein Angreifer einen Großteil der Eingangsknoten unter seine Kontrolle bringen.
Unausgereift, aber interessant
Auch Roger Dingledine, einer der Gründer des Tor-Netzwerks, wiegelt ab. Zunächst müssten die Angreifer Glück haben und genau den Eingangsknoten unter ihre Kontrolle gebracht haben, der von dem anvisierten Nutzer verwendet wird. Zweitens stellt er die Effektivität der Klassifizierung infrage. Sie sei bei 1.000 Webseiten getestet worden und die Forscher schreiben, dass sie eine False-Postiv-Quote von 2,9 Prozent erreicht hätten. Angesichts der Millionen Webseiten in den Hidden Services, die Crawler wie ahmia.fi finden, würde die Fehlerquote ins Unermessliche steigen. Und schließlich könnte das Padding von Datenpaketen den Algorithmus der Forscher nutzlos machen. Er begrüße jedoch die Forschungsarbeit und sei gespannt auf eine mögliche Weiterentwicklung des vielversprechenden Algorithmus, schreibt Dingledine an die Webseite Ars Technica(öffnet im neuen Fenster) .



