Anom: Anklage nach Fake-Messenger-Nutzung des FBI

Zwei hiesige Drogenhändler-Banden haben über einen FBI-Messenger kommuniziert und professionelle Verstecke verwendet. Nun stehen sie vor Gericht.

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Das FBI hat einen Messenger betrieben, um Kriminelle zu überführen
Das FBI hat einen Messenger betrieben, um Kriminelle zu überführen (Bild: Robyn Beck/AFP via Getty Images)

Die vermeintlich sichere Kommunikationsplattform Anom richtete sich an Kriminelle, wurde jedoch vom FBI betrieben. Die ausgetauschten Nachrichten sowie der Standort wurden erfasst und unter anderem auch mit Ermittlern in Deutschland geteilt. Nun wurden die ersten hiesigen Anom-Nutzer angeklagt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat in Hanau und Frankfurt Anklage gegen zwei Gruppen mutmaßlicher Drogenhändler erhoben. Vor dem Hanauer Landgericht müssen sich demnach fünf Männer aus dem Rhein-Main-Gebiet verantworten, die zwischen Dezember 2020 und Juni 2021 im großen Stil mit Kokain und Amphetamin gehandelt haben sollen.

Die Generalanwaltschaft spricht von einer "gut organisierten Täterstruktur" die neben Anom-Smartphones mit "Kurierfahrzeugen mit elektronisch-hydraulisch steuerbaren Schmuggelverstecken" gearbeitet haben sollen. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens sowie bei Durchsuchungen und Festnahmen im Juni 2021 seien 16 Kilo Kokain, 1,4 Kilo Amphetamin, Bargeld, Wertpapiere und Wertgegenstände im Wert von 97.000 Euro sowie sieben Kurierfahrzeuge beschlagnahmt worden.

Professionelle verstecke und halbautomatische Pistolen

In Frankfurt wurde eine zweite Gruppe von elf mutmaßlichen Drogenhändlern im Alter von 24 bis 47 Jahren angeklagt. Auch diese haben den Kommunikationsdienst des FBIs zwischen Dezember 2020 und Juni 2021 genutzt, um ihre Taten abzusprechen. Sie sollen "unerlaubt Betäubungsmittel (Kokain, Amphetamin und Cannabis) von Spanien und aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführt zu haben, um diese anschließend gewinnbringend zu veräußern", erklärte die Generalstaatsanwaltschaft.

Bei einer Durchsuchung im Juni 2021 wurde Bargeld in Höhe von über 560.000 Euro "sowie sechszehn zum Teil mit professionellen Verstecken ausgestattete Kurierfahrzeuge, ca. 100 Kilogramm Haschisch, 78 Kilogramm Marihuana, 67 Kilogramm Amphetaminöl, 3 Kilogramm Methamphetamin und 830 Gramm Kokain sowie sechs halbautomatische Selbstladepistolen samt 631 Patronen sichergestellt", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Ermittlungen gegen weitere Mitglieder der Bande sowie weiterer Taten würden andauern.

Über Anom konnte die Polizei 18 Monate die Kommunikation mitlesen

Das FBI hatte Anom über 18 Monate betrieben. Ein internationaler Zusammenschluss von Ermittlungsbehörden konnte alle Nachrichten, die über die Plattform gesendet wurden, mitlesen. Im Juni 2021 holten die Ermittler zum Schlag aus und verhafteten 800 Kriminelle, davon mehr als 70 in Deutschland.

Ziel der Operation sei es gewesen, das international organisierte Verbrechen, den Drogenhandel und die Geldwäsche ins Visier zu nehmen - unabhängig vom Ort, an dem sie operieren, schreibt Europol. Dazu habe das FBI im Jahr 2019 Anom entwickelt, eine vermeintlich sichere Kommunikationsplattform mit verschlüsselten Endgeräten, einem Zwangspasswort und Remote-Wipe, also dem Löschen der Daten auf dem jeweiligen Gerät aus der Ferne.

Insgesamt habe man 12.000 solcher Geräte an über 300 kriminelle Syndikate in mehr als 100 Ländern ausgeliefert, erklärte Europol im Juni 2021. Darunter die italienische Mafia, Motorradgangs sowie internationale Drogenhandel-Organisationen. Insgesamt seien 27 Millionen Nachrichten abgehört worden.

Polizei hat Encrochat und Sky ECC gehackt

2020 hatten Polizeibehörden aus Frankreich und den Niederlanden in Kooperation mit Europol und Eurojust den verschlüsselten Messenger Encrochat gehackt. Europol begründete den Hack "mit einem sehr hohen Anteil an Nutzern, die vermutlich an kriminellen Aktivitäten beteiligt waren". Im März 2021 wurde zudem der Dienst Sky ECC gehackt. Auch dieser soll nach Polizeiangaben vornehmlich von Kriminellen genutzt worden sein. Viele der Nutzer seien in Folge der Hacks auf die vermeintlich sichere Plattform Anom gewechselt und hätten hier überwacht werden können, teilte Europol mit.

Sowohl der Encrochat-Hack durch die Polizeibehörden als auch die Auswertung der Daten - auch durch das Bundeskriminalamt (BKA) - sind umstritten. "Die Beteiligung von Nutzern mit kriminellem Hintergrund darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es immer auch Personen gibt, die den Dienst in legaler Absicht nutzen", betonte Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar. Dies sei beim Zugriff auf individuelle Datensätze, aber auch bereits bei der Infiltration eines solchen Dienstes durch den Einsatz entsprechender Software unbedingt zu beachten.

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