Beim Aufbau lesen und gucken
Die PDF-Anleitung ist nicht perfekt, zusammen mit den Videos gelingt uns der Aufbau aber weitgehend problemlos. So fehlt in der Anleitung zum Beispiel die Montage des Z-Endstopps. Von der Dauer der Videos sollte nicht auf die eigene Baudauer geschlossen werden. Die Videos wurden nicht nur geschnitten, sondern darin wird auch auf die Entfernung der Schutzfolie auf den Acrylteilen verzichtet. Wir benötigen rund vier Stunden für den zuweilen fummeligen Aufbau. Als PDF sind ebenfalls Hinweise zum Betrieb und Hinweise bei fehlerhaftem Drucken auf der Micro-SD-Karte enthalten.
Während des Aufbaus sind uns noch weitere Kosteneinsparungen aufgefallen. Der Zahnriemen für die X- und die Y-Achse erinnert beim Material eher an Kabelbinder - auch wenn er tatsächlich mit Stahl verstärkt wurde. Das Material wirkt zu steif und wir tippen darauf, dass es zu den ersten Teilen gehört, die wir im längerfristigen Einsatz ersetzen müssen. Kabelbinder statt Klemmen kommen bei der Fixierung der Zahnriemen zum Einsatz. Unter Bastlern ist diese Lösung zwar weit verbreitet, bei kommerziellen Produkten ist sie jedoch eher unüblich. Bei den Schrittmotoren handelt es sich um NEMA17-Modelle, sie fühlen sich aber etwas zu leicht an. Sie haben anscheinend eine Produktbezeichnung, aber ein Datenblatt dazu können wir nicht auftreiben.
Aber erwähnen wir auch einige positive Details: Alle Achsen waren tatsächlich gerade und die Enden entgratet, was auch nicht immer selbstverständlich ist. Alle Bauteile auf den Führungsachsen sind mit vormontierten Kugellagern versehen. Die beiden Gewindestangen für die Z-Achsen sind mit flexiblen Alukopplungen mit den Schrittmotoren verbunden. Alle zum Zusammenbau erforderlichen Werkzeuge waren im Set enthalten.
Durchdachtes Produktdesign? Brauch doch niemand!
Erst beim zusammengebauten Drucker fällt uns ein weiterer Sparansatz deutlich auf. Das Gerät wirkt recht klobig und grobschlächtig. Deutlich wird das insbesondere bei der Z- und X-Achsen-Konstruktion. Die beiden Kästen links und rechts sind einfach aus vier viereckigen Acrylplatten unterschiedlicher Dicke zusammengesetzt. Der Metallschlitten mit dem Extruder und dem Hotend darauf wirkt überdimensioniert.
Dagegen wirken die Füße des Rahmens mit ihren sinnlos abgerundeten Ecken zierlich. Sie enthalten die Schrittmotoren für die Z-Achse. Die Kabelführung wirkt improvisiert und nachträglich eingearbeitet. Wir verzichten auf den Anbau der Elektronikabdeckung. Zum einen handelt es sich dabei um die beschädigte Acrylplatte. Zum anderen scheint es uns unmöglich, die Kabel unter der Platte zu verlegen, ohne dabei elektronische Bauelemente und Kühlkörper abzudecken. Dabei wäre es schon hilfreich gewesen, wären auf der Platine abgewinkelte statt senkrechter Kabelanschlüsse verlötet.
Insgesamt ist das Design wenig kohärent und wirkt stellenweise wie einem CAD-Anfängerkurs entsprungen. Das ist keine rein ästhetische Frage. Gerade bei der Z-X-Achsen-Konstruktion ist das Gewicht entscheidend und muss so leichtgewichtig wie möglich konstruiert werden. Jedes unnötige Gramm verschlechtert die Positionierungsgenauigkeit und verkürzt die Nutzungsdauer der Mechanik, der Motoren und der Leistungselektronik.
Bei der Produktentwicklung gespart
Wir haben mehrere Vermutungen für dieses Design. Erstens handelt es sich scheinbar bei einigen Teilen um bereits auf dem Markt erhältliche Produkte, wie den Schlitten der X-Achse. Die Gesamtkonstruktion musste sich also danach richten. Andere Teile wurden eventuell von anderen Modellen des Herstellers weiter verwertet, das würde das merkwürdige Design der Füße erklären. Wo der Hersteller um eine Neukonstruktion und Sonderfertigung nicht herumkam, wurde der geringstmögliche Aufwand investiert. Wohl deshalb sind die Halterungen der Z-Achse, aber auch andere Acrylteile, im Grunde einfache Vierecke. Diese Teile sind außerdem einfach und schnell zu produzieren.
Insgesamt hat der Hersteller offensichtlich massiv an den Entwicklungskosten gespart und beim einmal erstellten Design auf Verbesserungsiterationen und die Fertigung von Sonderteilen abseits der Acrylteile verzichtet. Es gibt lediglich eine Ausnahme: die Luftzuführung für das geschmolzene Filament, das sympathischerweise 3D-gedruckt wurde.
Ebenfalls verzichtet hat der Hersteller auf eine Qualitätskontrolle. Unser Druckbett ist offensichtlich schief eingebaut. Wir denken zuerst an einen Montagefehler, finden aber keinen. Wir messen nach: Die Bohrlöcher im Rahmen für die Fixierung der beiden Gewindestangen am Boden sind etwas zu weit nach rechts versetzt. Praktische Auswirkungen auf den Druck hat das zum Glück nicht. Genauso wie die merkwürdigen Kratzer auf dem Heizbett und dem X-Achsenschlitten, die definitiv keine Transportschäden sind.
Unser Computer stürzt ab
Schlimmer ist im Alltag ein anderes Problem. Wir stoßen darauf, als wir den Drucker zum ersten Mal in Betrieb nehmen. Wir verzichten zuerst darauf, die auf der beiliegenden Micro-SD-Karte enthaltene Software zu installieren. Denn Cura als 3D-Drucksoftware haben wir schon, und der USB-zu-seriell-Treiber ist offensichtlich identisch mit dem Laser-Gravierer, den wir im vergangenen Jahr getestet haben.
Wir verbinden den Drucker also per USB mit dem Computer. Der Mac stürzt ab. Wir probieren es mit einem Windows-PC. Der stürzt zwar nicht ab, aber es gibt auch keine weitere Reaktion. Wir probieren einen Linux-PC, er zeigt uns im dev-Verzeichnis zwar einen neuen serial-Eintrag, aber sonst keine weiteren Einträge. Wir installieren doch noch den Treiber von der SD-Karte unter Windows, für den Mac suchen wir nach aktuellen Treibern im Internet. Doch auch die Neuinstallationen ändern nichts. Wir geben auf und versorgen den Drucker zukünftig per Micro-SD-Karte mit Druckmodellen. Was aufgrund der Position des Slots recht fummelig ist.
Aber kommen wir endlich zum Druck. Der Hersteller legt nicht nur Cura bei, sondern erklärt in seiner Anleitung auch dessen Einrichtung und bietet ein fertiges Profil mit den - vermeintlich - richtigen Druckereinstellungen. So landet der erste Test-Druckauftrag schon nach zwei Minuten auf der SD-Karte. Diese stecken wir schließlich in den Drucker ein.
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