ANC-Kopfhörer im Praxistest: Mit der Schnöseltaste seine Ruhe finden

Kopfhörer mit aktivier Geräuschunterdrückung sollen das Arbeiten im Büro und das Fliegen angenehmer machen. Das funktioniert zum Teil gar nicht schlecht, hat jedoch seinen Preis - wie Golem.de im großen Praxistest mit sechs Geräten festgestellt hat.

Ein Test von und veröffentlicht am
Sechs Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung im Test
Sechs Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung im Test (Bild: Martin Wolf/Golem.de)

"Der Lerm aber ist die impertinenteste aller Unterbrechungen, da er sogar unsere eigenen Gedanken unterbricht, ja, zerbricht", wusste schon der alte Schopenhauer. Leider lebte der Frankfurter Philosoph gut 100 Jahre, bevor der deutsche Physiker Paul Lueg das Konzept des Antischalls zur Geräuschreduzierung entwickelte. Weitere 80 Jahre nach dessen Patentanmeldung gibt es inzwischen eine Reihe von Kopfhörern, die Schopenhauers Traum vom lärmfreien Arbeiten schon ein bisschen näher bringen. Doch der Test von sechs Modellen zeigt: Eine gute Geräuschreduzierung hat ihren Preis. Und ist alles andere als perfekt.

Schon physikalisch sind dem Konzept der Geräuschunterdrückung Grenzen gesetzt. Am besten funktioniert diese bei großen Wellenlängen im Meter- und Dezimeterbereich. Das entspricht Schallwellen bis etwa 500 Hertz. Kein Zufall also, dass die ersten Kopfhörer mit sogenannter aktiver Geräuschunterdrückung (englisch: Active Noise Cancellation/ANC) für Piloten entwickelt wurden. Während das niederfrequente Brummen der Turbinen sich mit passiver Dämmung nur schlecht stoppen lässt, funktioniert dies umso besser mit Gegenschall. Die Hersteller Bose und Sennheiser brachten Mitte der 1980er die ersten Geräte mit ANC auf den Markt.

Nicht nur für Piloten und Philosophen

Die frühen Systeme für Endverbraucher, wie Sennheisers HDC 451, mussten die Steuerungselektronik noch extern unterbringen. Inzwischen sind die Prozessoren samt Akkus im Kopfhörer selbst integriert. Mikrofone innerhalb und außerhalb der Muschel, wie bei Sennheisers Hybrid ANC, sorgen dafür, dass der Umgebungslärm aufgenommen, der Antischall berechnet und mit der angemessenen Lautstärke in der Ohrmuschel erzeugt wird. Bei Sennheisers Modell 660 MB wird dies 16.000-mal in der Sekunde überprüft. Eine Dämpfung von 30 Dezibel ist damit möglich.

  • Im Akustikstudio von Sennheiser Communications in Dänemark werden neue Funktionen für ANC-Kopfhörer entwickelt. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die frühen ANC-Kopfhörer brauchten für die Elektronik noch externe Geräte. (Foto: Sennheiser)
  • Inzwischen wird die Steuerung direkt im Kopfhörer untergebracht, wie die Platine des Sennheiser MB 660 zeigt. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Der Bose QC 35 überzeugt mit einer sehr guten Akustik. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Die Geräuschunterdrückung macht das Fliegen deutlich angenehmer. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Mit den Bedienungstasten lassen sich Anrufe entgegennehmen und die Wiedergabe von Musik steuern. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Im Vergleich zu einem Berührungsfeld ist die Bedienung mit Hilfe der kleinen Tasten jedoch etwas fummelig. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Sony MDR-100X überzeugt im Test mit angenehmem, druckfreiem Sitz und einer hervorragenden Lärmunterdrückung. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Die Klangqualität des MDR-1000X ist sehr gut. Bässe sind gut wahrnehmbar, aber nicht zu unangenehm oder aufdringlich. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Im Ambience-Sound-Modus wird der Frequenzbereich, in dem sich normalerweise menschliche Stimmen bewegen, aus der ANC ausgeklammert. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der MDR-1000X braucht ungefähr vier Stunden zum Aufladen, währenddessen er nur über das Kabel nutzbar ist. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Sennheiser MB 660 ist baugleich mit dem PXC 550, hat aber mehr Softwarefunktionen. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Anders als bei den anderen Testmodellen laufen die Ohrmuscheln beim Sennheiser MB 660 unten spitz zu. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Die Verarbeitung des Sennheiser MB 660 ist hochwertig. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Über zwei Tasten lassen sich beim  Sennheiser MB 660 die Geräuschunterdrückung einschalten und der Sound verändern. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Plantronics Backbeat Pro 2 ist mit 250 Euro eines der günstigeren ANC-Modelle. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Die Geräuschunterdrückung beim Plantronics Backbeat Pro 2 lässt jedoch zu wünschen übrig. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Plantronics Backbeat Pro 2 kann mit den eingebauten Mikrofonen die Umgebungsgeräusche sogar verstärken. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Plantronics Backbeat Pro 2 ist über die Schalter an der Ohrmuschel leicht zu bedienen. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Audio-Technica ATH-MSR7NC hat im Test nicht überzeugt. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Die Geräuschunterdrückung beim Audio-Technica ATH-MSR7NC ist schwach, der Preis aber recht hoch. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Audio-Technica ATH-MSR7NC lässt sich nur über Kabel nutzen. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Audio-Technica ATH-MSR7NC kann für den Transport nicht zusammengeklappt werden. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Teufel Mute ist mit 130 Euro der günstigste Noise-Cancelling-Kopfhörer in unserem Testfeld. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Bei ausgeschaltetem Noise Cancelling ist beim Teufel Mute der Klang sehr dünn, die Bässe sind kaum wahrnehmbar. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Teufel Mute hat keinen eingebauten Akku, sondern funktioniert mit einer herkömmlichen AA-Batterie oder einem AA-Akku. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Teufel Mute schneidet in unserem Testfeld am besten beim Windtest ab. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Von den sechs getesteten Kopfhörern verfügten nur die drei teuersten über eine zufriedenstellende Geräuschunterdrückung. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Testsieger sind der Sony MDR-1000X und der Sennheiser MB 660. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Die Komponenten für die Geräuschunterdrückung lassen sich wie beim Bose QC 35 komplett in der Ohrmuschel unterbringen. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Die Stärke der aktiven Geräuschreduzierung durch Antischall liegt im niederfrequenten Bereich. (Grafik: Golem.de)
Die Stärke der aktiven Geräuschreduzierung durch Antischall liegt im niederfrequenten Bereich. (Grafik: Golem.de)


Arbeitslärm ist heutzutage jedoch nicht nur ein Problem von Piloten und Philosophen. Das Peitschenknallen der Fuhrleute, an dem sich Schopenhauer so störte, ist von Telefongeklingel und Tastaturgeklapper abgelöst worden. Mitarbeiter in Großraumbüros kennen das Dilemma: Sie sollen ständig ansprechbar sein und kommunizieren können, andererseits soll die Konzentration unter der permanenten Geräuschkulisse nicht leiden. Könnten Headsets mit ANC, die auch zum Telefonieren und Musikhören dienen, dieses Problem beheben? Fühlt man sich unter solchen Kopfhörern wie unter einer Schallglocke, die jeden unerwünschten Lärm fernhält, gleichzeitig aber bei Bedarf Geräusche durchlässt?

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Sennheiser MB 660 und PXC 550 
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Haf 29. Dez 2016

Also bei amazon z.B. ist er verfügbar für 249 Euro, per Express bestellen, dann ist er...

uitty400 25. Dez 2016

Ich habe den Sony selbst getestet. Leider sind mir 2 Dinge extrem unangenehm aufgefallen...

uitty400 25. Dez 2016

Hast du den selbst mal gehört? Der Bose QC35 ist alles andere als basslastig!

dynAdZ 18. Dez 2016

Danke, darauf wollte ich auch hinweisen. Wenn die Ansage stört, kann diese in der App...



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