Wenn die eigenen Figuren lebendig werden
Der Ablauf, der zu einem Hörspiel führt, ist meist so: Zuerst reicht der Autor sein Skript ein. Das wird von Mitgliedern des Forums lektoriert. Dabei wird es unter anderem auf Logikfehler und die richtige Dialogsprache geprüft. Falls es noch Probleme gibt, arbeiten die Nutzer, die für das Lektorat zuständig sind, zusammen mit dem Autor eine verbesserte Version aus. Wenn das Skript stimmig ist, erhält es die offizielle Freigabe, und es wird ein Casting im Forum ausgeschrieben. Darauf können sich dann die Sprecher, meistens mit kurzen Hörproben, bewerben. Daneben werden auch weitere Mitstreiter gesucht, zum Beispiel Musiker, Coverdesigner und Cutter.
Für Hörspielautor Hammerschmidt ist es normal, dezentral mit den anderen Mitarbeitern einer Produktion zusammenzuarbeiten: "Nachdem mein Skript lektoriert wurde, schicke ich den Text den Sprechern zu, meistens mit einigen Sprechanweisungen." Die nehmen dann ihre Teile des Hörspiels eigenständig auf und senden sie dem Cutter, der das Hörspiel schneidet, Musik einfügt und die Geräuschkulisse erzeugt.
"Es war natürlich toll, das erste Mal die selbst erfundenen Charaktere zu hören!", erzählt Hammerschmidt. Bevor es aber überhaupt nur annähernd wie Hörspiel klingt, muss aus dem vorliegenden Material ein Szenengerüst mit den dazugehörigen Dialogen geschnitten werden, erklärt Joky One, der als Cutter viel Erfahrung hat. Anders als Hammerschmidt, mit dem zusammen er die Serie Zukunfts-Chroniken entwickelte, kommt er nicht aus der Welt der Hörspielnerds, sondern kam über verschiedene Projekte, bei denen er als Produzent mitarbeitete, in die Szene. In seinem Wohnort Bad Hersfeld betreibt er mittlerweile in Kooperation mit einer Kinder- und Jugendeinrichtung eine Hörspielwerkstatt. Dort werden teilweise auch die Hörspieltexte aufgenommen. Denn nicht immer ist die Qualität der zu Hause aufgenommenen Texte so gut, wie man sie bräuchte.
Man ist selten schnell am Ziel
Manchmal sei die Qualität der Aufnahmen grenzwertig, sagt Joky One. "Da wird in der Audiobearbeitung viel getrickst und die Frequenzen hin- und hergeschoben, bis es passt." Wenn man tolle Aufnahmen hat, muss nur die beste ausgewählt und man ist, wie es Joky One ausdrückt, "schnell am Ziel". Das aber sei in der Amateurszene sehr selten. "Ich nehme es sehr detailgenau und höre alle Fehler wie Schmatzer, Knackser, unangenehme Zischlaute und so weiter heraus, die ich dann, wenn es sein muss, silbengenau korrigiere, austausche und wieder zusammenfüge", erklärt er.
Danach werden die Stimmen angepasst und das Hörspiel räumlicher gestaltet. Wichtig sei hier vor allem, dass auch nebensächlichere Geräusche wie Schritte und das Bewegen der Kleidung einer Figur den gleichen räumlichen Punkt haben, also aus der gleichen Richtung kommen. "Mit der Automation in den Audioprogrammen kann man dann zum Beispiel seine Figuren im Raum umherlaufen lassen", sagt Joky One. Dialoge von Sprechern, die sich nicht im gleichen Raum befinden, sind heute kein Problem mehr. Auch ohne gemeinsames Einsprechen im Studio lasse sich so etwas gut umsetzen.
Es muss Kopfkino entstehen
Bei der Tongestaltung werde in Amateurhörspielen am meisten Potenzial verschenkt, auch aufgrund fehlender Möglichkeiten und Fähigkeiten. Erst durch den richtigen Ton bekomme ein Hörspiel Spannung und Leben. Daher bemüht er sich dabei auch sehr: "Wenn ich viel Zeit habe, arrangiere ich meine Soundparts und Soundwelten selbst mit erworbenen Soundbibliotheken und den mittlerweile unzähligen freien Soundeffekten, Samples und VST-Instrumenten, die es auf dem Markt so gibt. Manchmal mache ich Soundeffekte und Geräusche auch noch selbst mit einem tragbaren Aufnahmegerät, das schafft eine ganz besondere Wahrnehmung zur Materie."
Dann wird alles fertig abgemischt und noch einmal zur Kontrolle komplett durchgehört. Er mache dann immer eine Liste mit Stellen, die für seinen Geschmack noch einmal korrigiert werden müssten, sagt Joky: "Und es gibt immer eine Liste." Das alles ist viel Aufwand, manchmal acht Stunden am Tag. "Man muss sich auch eingestehen, dass man in solche kostenfreien Projekte nicht unendlich Zeit stecken kann, und man muss lernen, mit Kompromissen in der Produktion zu leben."
Es sind zum Beispiel Probleme wie der Raumhall, die Amateur-Hörspielmacher beschäftigen. Denn es ist und bleibt ein Hobby. Und doch versuchen alle Beteiligten, das beste Ergebnis zu erreichen, so auch Joky One: "Ich teste meine Arbeiten immer, ob sie bei mir auch Bilder, also Kopfkino erzeugen. Erst dann ist ein Hörspiel für mich ein gutes Hörspiel."
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Amateur-Hörspiele: Drei Fragezeichen, TKKG - und jetzt komm' ich! | Wir können machen, was wir wollen |
Hey, was soll diese Abwertung?
Ich bin als Kind damals schnell wieder ausgestiegen, weil es mir irgendwann mal zu blöd...
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Ich glaube eher, dass nicht das Internet sondern der enorme Preisverfall von bezahlbarem...