Akkutechnik: CATLs Qilin-Batterie schlägt Teslas 4680-Akku deutlich

255 Wh/kg, in 10 Minuten Ladezeit von 10 bis 80 Prozent, mögliche Reichweiten über 1.000 Kilometer - die Akkupacks der dritten Generation der Cell-to-Pack-Technologie (CTP) von CATL soll halten, was andere nur versprechen. Dahinter steht kein radikaler Technologiesprung wie ein Festkörperakku, sondern ein immer besseres Verständnis im Umgang mit herkömmlichen Akkus und die Optimierung der Konstruktionstechnik. Der mit 33 Prozent Marktanteil größte Akkuhersteller der Welt will sie laut einer Pressemeldung(öffnet im neuen Fenster) 2023 auf den chinesischen Markt bringen.
72 Prozent des Volumens im Akkupack wird von den Akkuzellen eingenommen, die sogenannte Integrationseffizienz. Das ist ein unerhört guter Wert, besonders in Verbindung mit den temperaturempfindlichen nickelreichen Akkuzellen, die für die hohe Energiedichte notwendig sind. Zum Vergleich: Das Akkupack von Teslas Model 3 kommt etwa mit den 2170-Zellen nur auf ungefähr 40 Prozent.
Selbst bei der Blade Battery der CATL-Konkurrenzfirma BYD sind es nur etwa 64 Prozent. CATL schätzt die Integrationseffizienz von Teslas 4680-Akkupack ähnlich hoch auf 63 Prozent. Damit sind Qilin-Akkupacks bei gleicher Kapazität 13 Prozent kleiner als Teslas 4680-Packs, wenn sie identische Akkuchemie verwenden. Der einzige Vorteil von Teslas Akkupack ist dessen etwas höhere Steifigkeit durch die verklebten zylindrischen Zellen. Selbst die 15-minütige Ladedauer bis 80 Prozent ist mit den 4680-Zellen länger als die 10 Minuten des Qilin-Akkupacks.
Akkus werden von allen Seiten gekühlt
Möglich wird dies durch ein Kühlkonzept, in dem nicht nur der Boden der Akkuzelle über eine Kühlplatte gekühlt wird, sondern alle Seitenflächen der Zellen. Das erhöht nicht nur den Wärmetransfer von der Akkuzelle zur Kühlflüssigkeit, sondern stellt auch eine Wärmebarriere zwischen den Akkuzellen her. Die ist notwendig, weil sich nickelreiche Akkuzellen mit hoher Energiedichte ab einer Temperatur von etwa 200 Grad Celsius zersetzen und dabei schnell selbst aufheizen können. Dabei können sie benachbarte Zellen mit aufheizen.

Die Kühlflüssigkeit nimmt die extreme Wärme auf, leitet sie ab und verhindert so die Ausbreitung einer Kettenreaktion, die alle Akkuzellen im Pack zerstören kann. In älteren Akkupacks befindet sich statt der Kühlkörper ein wärmeisolierender Schaum als Wärmebarriere zwischen den Akkuzellen. Dieser Schaum nimmt zusätzliches Volumen ein, genauso wie die Kühlplatte im Boden, die mit der Technik von CATL auch entfällt. Die bei Herstellern wie Tesla gebräuchlichen runden Zellen haben außerdem die rein geometrischen Nachteile, dass immer ungenutzte dreieckige Lücken zwischen benachbarten Zellen bleiben und seitliche Kühlkörper nur einen kleinen Teil der Seitenfläche kühlen können.
Große Reichweite braucht keine Festkörperakkus
Dahinter steht Entwicklungsarbeit und Modellierung, um die Kühlung und Sicherheit der Akkuzellen zu garantieren und möglichst viele Funktionen in bestehende Strukturen zu integrieren. Im Ergebnis kann CATL durch die effiziente Kühlung ein schnellladbares Akkupack mit herkömmlichen Akkuzellen und einer Energiedichte über 250 Wh/kg und 450 Wh/l bauen, was zuvor bestenfalls Akkupacks mit hitzeresistenten Festkörperakkus zugetraut wurde.
Die gleiche Konstruktion soll nach älteren Angaben von CATL auch LFP-Akkupacks mit mehr als 160 Wh/kg und 290 Wh/l möglich machen. Das ist vergleichbar mit den besten Akkupacks aktueller Elektrofahrzeuge mit Reichweiten von 500 bis 600 km. Ein sprunghafter Anstieg der Reichweite von kommerziellen Elektroautos sollte zunächst dennoch nicht erwartet werden, denn für die Massenproduktion gibt es durch die aktuelle Rohstoffknappheit schlicht nicht genug Akkuzellen.
Trotzdem ist die neue Technik weder Verschwendung noch Luxus oder reine Zukunftsmusik. Sie macht die chinesischen Hersteller beim Bau von Autos flexibler und konkurrenzfähiger als je zuvor.
Auswege aus der Rohstoffknappheit und Konkurrenz aus China
Die kompakte Bauweise der Qilin-Batterie erleichtert den Bau von Elektroautos mit kleineren Akkupacks, was vor allem für Kleinwagen mit angemessener Reichweite wichtig ist. Deren Akkupacks sind wegen der Außenmaße des Autos so viel schmaler und kürzer als Akkupacks längerer Limousinen oder SUVs, dass der etwas geringere Stromverbrauch der Kleinwagen das viel kleinere Volumen der Akkupacks nicht wettmachen kann.
Die größere Packungsdichte erlaubt es aber auch, Akkupacks herkömmlicher Größe mit Akkuzellen vergleichsweise niedriger Energiedichte zu bauen. Das 54 kWh Akkupack des 2020er Tesla 3 SR+ hat beispielsweise eine Energiedichte von 168 Wh/l. Mit einer Integrationseffizienz von 72 Prozent reichen dafür Zellen mit gerade einmal 233 Wh/l aus. Selbst die erste Generation der Natrium-Ionen-Akkus von Lifun hätte mit 240 Wh/l eine für 380 km Reichweite ausreichende Energiedichte.
Die neue Technik senkt also die technologische Hürde für den Bau von Elektrofahrzeugen mit angemessener Reichweite nochmals deutlich. CATL hat aber bereits einen weiteren Weg angekündigt, die höhere Packungsdichte für größere Reichweite auszunutzen. Wenn nur einige Zellen in einem Natrium-Ionen-Akkupack durch Lithium-Ionen-Akku mit höherer Energiedichte ersetzt werden, steigt die mögliche Kapazität des Akkupacks deutlich an, auch wenn noch ein Großteil der Akkuzellen ohne Lithium auskommt.
Golem schrieb bereits vor einem Jahr darüber, dass solche Techniken notwendig sein werden, um auch in Zeiten der Lithiumknappheit eine große Zahl von Elektroautos mit hoher Reichweite bauen zu können. CATL ist längst dabei, die notwendige Elektronik für diesen Mischbetrieb unterschiedlicher Akkuzellen zu entwickeln und nennt sie die AB-Batterie.
CATL demonstriert klare Überlegenheit der Technik
CATL zeigt mit der Qilin-Batterie einmal mehr, dass die Technologie chinesischer Hersteller in der Elektromobilität viel fortgeschrittener ist als etwa in Europa oder den USA. Grundlage dafür waren klare staatliche Vorgaben zur Elektromobilität, klare staatliche Unterstützung bei deren Entwicklung und inzwischen jahrzehntelange praktische Erfahrung in der Massenfertigung von Elektrofahrzeugen - angefangen hat es mit Elektrofahrrädern und Mopeds , später kamen auch Busse und Pkw hinzu.
Überlegene praktische Erfahrung in der Konstruktion der Fahrzeuge kann leichte Rückstände in der Akkutechnologie und Leistungselektrik wettmachen. CATL ist nun in Sachen Schnelladefähigkeit und Energiedichte selbst den Akkupacks von Tesla voraus und auch denen aller anderen westlichen Autobauer. Noch dazu ist CATL flexibler in der Wahl der Akkuchemie. CATL verwendet NMC, LFP und Natrium-Ionen-Akkus gleichermaßen mit der gleichen Akkupacktechnik und das sogar gemischt.
Das ist vollständige technologische Dominanz im Kernbereich der Elektromobilität. Westliche Hersteller täten gut daran, diese Tatsache wahrzunehmen und ähnliche Technologien zu entwickeln. Sie liegen mit ihren veralteten modularen Akkupacks(öffnet im neuen Fenster) mindestens 5 Jahre hinter der Entwicklung in China zurück, und der Abstand wächst.
In Europa gibt es noch dazu keinerlei Flexibilität oder ernsthafte Anstrengungen, um neben den nickelreichen Akkus mit hoher Energiedichte, deren Massenproduktion in Europa gerade erst anläuft, auch rohstoffschonendere LFP-Akkus oder gar Natrium-Ionen-Akkus zu bauen. Bessere, aber teure Akkuzellen aus knappen Rohstoffen in schlechteren Akkupacks sind wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig. Die Autoindustrie steht heute vor einer viel größeren Herausforderung als beim Markteintritt der japanischen Hersteller in den 1970er Jahren.



