Scrum ist alles andere als planlos
Denn wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass insbesondere Scrum ein äußerst strukturiertes und planvolles Vorgehensmodell ist und keinesfalls langfristige Planungen ausschließt.
Scrum macht sehr klare Vorgaben zu den Meetings, deren Inhalten, Zeitpunkten und Längen, zu Rollen und Verantwortlichkeiten sowie den zu liefernden Elementen (bei Scrum heißen diese Artefakte) bis hin zum Prozess der kontinuierlichen Verbesserung des Teams und der Prozesse selbst.
Selbstverständlich erfasst man auch im agilen Vorgehen ein möglichst gutes Bild der Anforderungen. Man plant die anstehenden Aufgaben und versucht ein Produkt zu entwerfen, das den bekannten Anforderungen bestmöglich gewachsen ist. Anders als in klassischen Vorgehensmodellen vermeidet man aber bewusst, alle Anforderungen bis ins Detail im Vorfeld zu betrachten und wichtige Entscheidungen in frühen Projektphasen zu treffen, wenn das Wissen für die Entscheidungsfindung noch fehlt.
Stattdessen fokussiert man sich auf die Aspekte, die man bereits kennt und verstanden hat, und begegnet so der großen Unsicherheit, die komplexen Projekten inhärent ist. Alles andere betrachtet man nur grob und akzeptiert, dass man zu Beginn weder alles wissen noch davon ausgehen kann, dass die Anforderungen tatsächlich korrekt, vollständig oder jemals relevant sind. Daher wird das Backlog, in dem die Anforderungen gesammelt werden, gern auch als Eisberg bezeichnet, von dem man nur die Spitze im Detail sieht.
Es ist ein häufiger Trugschluss zu glauben, dass man dieser Unsicherheit zu Beginn mit einer detaillierten Analyse und Planung hätte begegnen können. Er stammt aus einer Zeit, in der es vorwiegend komplizierte Probleme mit klaren und bekannten Ursache-Wirkungs-Verhältnissen zu lösen galt.
All das entbindet ein Team natürlich nicht davon, das große Ganze, den Projektverlauf und die Kosten im Auge zu behalten sowie Forecasts zu liefern. Man akzeptiert aber die damit verbundene Unsicherheit. Das wiederum erfordert sehr viel Vertrauen, Kommunikation und ein gemeinsames Verständnis aller Beteiligten.
Das Anpassen der Anforderungen im Projektverlauf ist die große Stärke agiler Vorgehensmodelle, gleichzeitig aber auch ihre größte Schwäche. Einerseits erlaubt dies das flexible Agieren in komplexen Umgebungen, andererseits suggeriert es Kunden, Stakeholdern und Nutzern, dass man jederzeit alles am Produkt verändern und beliebig sowie jederzeit neue Anforderungen stellen kann, die dann auch umgesetzt werden. Das ist das dritte große Missverständnis, wenn es um agile Softwareentwicklung geht.
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Agile Methoden eigenen sich für komplexe Probleme | Agiles Arbeiten: Erwartungen managen |
Hallo Patric, ich freue mich über die sehr ausführliche Darstellung deiner Erfahrungen...
Es ging aber nicht um obsolete Items. Es ging um Items, die man durchaus immer noch...
100 Punkte für den Kandidaten! Ok, doch keine Punkte für den Kandidaten :( Ja. Und...
Danke!
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