6G: Computer rechnen aus, was Dioden nicht messen können
Die Wellenlänge ist in dem Frequenzbereich zwar noch über 1.000-mal so lang wie die von Licht, aber die Eigenschaften von Radiowellen nähern sich bereits denen von Licht an. Die Verbindung funktioniert nur noch direkt auf Sicht. Aber anders als bei einer optischen Verbindung per Laser haben Störungen wie Rauch, Nebel oder auch starker Regen nur wenig Auswirkungen auf das Signal. Vor den Antennen werden zur Bündelung der Radiowellen Linsen aus Kunststoff angebracht, die wie optische Linsen die Radiowellen brechen und fokussieren können.
Hinter der Linse im Empfänger gibt es aber keine Elektronik, die tatsächlich eine Radiowelle mit 300 GHz auffangen und die Phasenlage der Wellenberge direkt messen könnte. Stattdessen steht an der Empfängerantenne eine Schottky-Diode mit einem Verstärker zur Verfügung, der den Stromfluss durch die Diode, die aber nur eine Bandbreite von etwa 40 GHz hat. Mit 4 Bit pro Datenpaket reichen 33 GigaBaud für 132 GBit/s, von denen nach der Fehlerkorrektur noch 115 GBit/s verbleiben.
Das Problem ist nur, dass die Schottky-Diode selbst nur die Stärke der empfangenen Radiowelle misst und nicht ihre Phasenlage: Je stärker zu einem Zeitpunkt die Radiowelle ist, desto mehr Strom fließt. Mehr ist nicht bekannt. Um an die 4 Bit Informationen des Datenpakets zu gelangen, muss die Mathematik helfen. Denn der plötzliche Wechsel der Phasenlage und der Signalstärke beim Übergang von einem 16QAM-Paket zum nächsten, hinterlässt länger andauernde Spuren im Radiosignal.
Hilbert-Transformationen zeigen Phasen, obwohl keine gemessen werden
Solange sich die Frequenz der Signalwelle nicht mit der konstanten Trägerwelle überschneidet, kann die Phasenlage zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Auswertung von vielen Messwerten der Signalstärke berechnet werden. Denn mathematisch gesehen gibt es keine plötzlichen Sprünge in der Stärke oder der Phasenlage, sondern nur Überlagerungen von unendlich vielen Wellen verschiedener Stärke mit unterschiedlicher Frequenz, auch niedrigerer Frequenzen als die eigentliche Frequenz des Signals. Diese Frequenzen können aus den Messwerten der Schottky-Diode berechnet werden und damit die Phasenlage zu einem bestimmten Zeitpunkt durch die Umkehrung der mathematischen Funktion bestimmt werden.
Das ist auch technisch machbar. Denn zur Übertragung von Informationen sind keine mathematisch perfekten Sprünge nötig, weshalb auch nicht die Stärke unendlich vieler Frequenzen über unendlich lange Zeit bestimmt werden muss, um die exakte Phasenlage zu bestimmen. Es genügt die Auswertung von einigen Millionen Messwerten, die über einige Mikrosekunden empfangen werden. Mathematisch geschieht das durch eine Hilbert-Transformation, eine Kombination aus zwei Fourier-Transformationen mit unterschiedlichen Vorzeichen. Dieses sogenannte Kramers-Kronig-Verfahren ist inzwischen ein beherrschbares und effizient lösbares Problem.
Noch schnellere Verbindungen als 115 GBit/s sind auch möglich. Eine höhere Signalstärke durch bessere Sender oder Antennen könnte mit 32QAM eine effizientere Ausnutzung des Spektrums erlauben. Davon ist auch noch einiges vorhanden, zumal die Verbindungen nur Richtfunkstrecken zulassen und somit nicht das Spektrum in großen Gegenden belegen.
Zusammen mit einigen Störsignalen, die bei der Erzeugung der Signalwelle entstehen, nimmt die Verbindung eine Bandbreite von etwa 50 GHz zwischen 250 GHz und 300 GHz ein. Verfügbare Photodioden funktionieren mit Infrarotlasern bis in den Terahertz-Bereich hinein. Es ist also noch viel Platz im derzeit ungenutzten Spektrum vorhanden. Die Technik vom KIT zeigt dabei vor allem, wie es bezahlbar genutzt werden kann, auch ganz ohne 6G-Mobilfunk.
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6G-Mobilfunk: Wie 115 Gigabit/s per Funk über 100 m übertragen wurden |
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