60 Jahre Mainframe: Längst nicht am Ende

Es war das Jahr 1964, als mit dem ersten Großrechner, dem IBM System/360, das Zeitalter der Unternehmensrechenzentren begann. In den folgenden Jahrzehnten durchlief der Mainframe eine faszinierende Entwicklung. Er überstand Y2K-Ängste, technologische Revolutionen und den Aufstieg von Personal Computern und Servern.
Doch er blieb standhaft, seine Hardware wurde modernisiert und seine Betriebssysteme passten sich den Anforderungen der Zeit an. Cobol, die Sprache der Mainframes, mag 60 Jahre alt sein, aber sie ist immer noch das Rückgrat vieler Unternehmen, die auf ihre Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit vertrauen.
Düstere Vorhersagen
Seit es den Mainframe gibt, gibt es Stimmen, die ein schnelles Ende der Technologie vorhersagten und immer noch mehr oder minder lautstark vorhersagen. Ein Beispiel ist Steward Alsop, Redakteur der Info World, der 1991 schrieb: "Ich sage voraus, dass der letzte Mainframe am 15. März 1996 vom Stromnetz getrennt wird."
Zu dieser Zeit war diese Vorhersage nicht unbedingt umstritten. IBM kämpfte gegen schnell wachsende Unternehmen wie Dell, Compaq und Sun Microsystems. Es gab sogar Gerüchte, dass das Unternehmen pleitegehen könnte.
Aber um Mark Twain (sehr sinngemäß) zu zitieren(öffnet im neuen Fenster) : Berichte über den Tod des Mainframes waren stark übertrieben. Im Jahr 2002 gab Alsop seinen Fehler zu und schrieb: "Es ist klar, dass Unternehmenskunden immer noch gerne zentral gesteuerte, sehr vorhersehbare, zuverlässige Computersysteme haben - genau die Art von Systemen, die IBM spezifiziert."
Sicherheit und Zuverlässigkeit werden immer noch geschätzt
Mainframes wurden speziell dafür entwickelt, bis zu eine Billion Webtransaktionen pro Tag mit höchster Sicherheit und Zuverlässigkeit zu verarbeiten. Sie verfügen über viel Speicherplatz und Prozessoren, die Milliarden einfacher Berechnungen und Transaktionen in Echtzeit bewältigen können.
Mainframes spielen eine entscheidende Rolle bei der Verwaltung von kommerziellen Datenbanken, Transaktionsservern und Anwendungen, die eine hohe Ausfallsicherheit, Zugriffsschutz und Agilität erfordern.
Zero Downtime und flexibles Design
Mainframes sind darauf ausgelegt, kontinuierlich zu laufen. So ist der IBM-z16-Mainframe für seine Zero-Downtime-Eigenschaften bekannt. Er bietet eine beeindruckende Betriebszeit von 99,9999999 Prozent (umgangssprachlich oft als "neun Neuner" bezeichnet) und hat damit nur eine jährliche Ausfallzeit von etwas mehr als 30 Millisekunden.
Mainframes überwachen Fehler sowohl in der Hardware als auch im Betriebssystem (OS) und können sich schnell von Pannen erholen. Sie bieten eine kontinuierliche Zuverlässigkeit, die für viele Geschäftsanwendungen unerlässlich ist.
Auch sind sie so konzipiert, dass sie Systemwechsel erleichtern, z. B. durch den Austausch von Prozessoren. Ihr Design ermöglicht eine einfache Konfiguration für Prozessoren, Speicher und E/A.
Mainframes und Supercomputer sind nicht das Gleiche
Hier bietet sich die Gelegenheit, mit dem oft gehörten Mythos aufzuräumen, Mainframes und Supercomputer seien ein und dasselbe. Supercomputer werden vor allem für wissenschaftliche Anwendungen wie Simulationen genutzt. Hier werden schier gigantische Datenmengen verarbeitet.
Obwohl ein Mainframe ebenfalls große Datenmengen verarbeiten kann, liegt der Schwerpunkt auf Transaktionsverarbeitung im kaufmännischen Bereich. Sicherlich ist es auch möglich, auf dem Mainframe wissenschaftliche Berechnungen auszuführen, aber das ist mehr Ausnahme als Regel. Deshalb verfügt ein Supercomputer auch nur über einen Bruchteil der E/A-Funktionen des Mainframes.
Die Kosten sind relativ
Sicher: Mainframes gehören nicht gerade zu den Billigheimern der IT. Aber sie können letztlich kostengünstiger sein als Alternativen. Die Kosten pro Transaktion sind niedriger, als wenn man beispielsweise viele kleinere Server verwalten muss.
Mainframes haben auch den Vorteil niedrigerer Energiekosten, da die Verarbeitung zentralisiert ist und Speichersysteme eingebaut sind. Die Energiekosten sind die größten Ausgaben für ein IT-System.
Und die Zukunft?
IBM wird weiterhin stark in seine Mainframe-Systeme investieren. Ein großer Teil dieser Investitionen geht in die Einführung von Open-Source-Software wie Linux, Git und Python. Darüber hinaus kaufte IBM den größten Player auf dem Markt, Red Hat, für 34 Milliarden US-Dollar.
Insgesamt sind Mainframes ein unverzichtbarer Bestandteil vieler geschäftskritischer Anwendungen und bieten eine solide Grundlage für die Verarbeitung großer Datenmengen und Transaktionen.
Linux, Docker, Container und Kubernetes sind seit einiger Zeit auf vielen Mainframes präsent. Diese Technologien haben sich etabliert und sind in der IT-Landschaft nicht mehr wegzudenken. Mainframes sind leistungsstarke Computer, die oft in großen Unternehmen eingesetzt werden, um kritische Geschäftsanwendungen zu betreiben.
Künstliche Intelligenz (KI) und Blockchain sind ebenfalls keine Fremdwörter mehr. Unternehmen nutzen KI für Echtzeitanalysen und Handlungsempfehlungen. Die Blockchain-Technologie ermöglicht sichere und transparente Transaktionen.
Ein weiterer Trend ist die Hybrid-Cloud. Viele Unternehmen migrieren ihre traditionellen Anwendungen in die Cloud oder entwickeln neue, cloudnative Apps. Dabei ist es wichtig, vorhandene Daten und Anwendungen nahtlos zu integrieren.
Besonders interessant ist, dass der Mainframe auch äußerst sicher ist. Er verfügt über integrierte Sicherheitsfunktionen wie Hardwareverschlüsselung, Zugriffskontrollen und sichere Partitionierung. Diese Mechanismen erschweren unbefugten Zugriff und schützen vertrauliche Daten vor Cyberangriffen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Kombination aus Mainframe, künstlicher Intelligenz und Hybrid-Cloud eine vielversprechende Zukunft für Unternehmen bereithält. Die richtige Infrastruktur und die intelligente Nutzung dieser Technologien sind entscheidend, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Uwe Graf arbeitet als Lead Modernization Architect an allen Arten von Modernisierungsprojekten vor allem im Mainframe-Umfeld. Dabei ist es egal, ob seine Kunden auf dem Mainframe bleiben wollen oder auf eine neue Plattform wechseln möchten. Besonderes Augenmerk legt er auf die Nachwuchsgewinnung und den Knowledge Transfer an die kommende Generation.



