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35 Jahre Total Recall: "Schaff deinen Hintern auf den Mars"

Das sagt die Hauptfigur in Paul Verhoevens Science-Fiction -Film Total Recall zu sich selbst. Der Film ist ein Klassiker, den man mehrmals anschauen kann.
/ Peter Osteried
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1990 kam der Film heraus, 22 Jahre später gab es ein schwaches Remake. (Bild: StudioCanal)
1990 kam der Film heraus, 22 Jahre später gab es ein schwaches Remake. Bild: StudioCanal

Es gibt in Hollywood unzählige Projekte, die angegangen werden und dann auf ewig in der Development Hell bleiben. Total Recall - Die totale Erinnerung hätte ein solcher Film sein können. Denn seine Geschichte beginnt bereits im Jahr 1974, als die Autoren Ronald Shusett und Dan O'Bannon an verschiedenen Stoffen arbeiteten, unter anderem eben an einer Verfilmung der von Philip K. Dick geschriebenen Kurzgeschichte "We Can Remember It for You Wholesale".

Der Film spielt im Jahr 2084, der Mars wurde kolonisiert und auf der Erde träumt Bauarbeiter Doug Quaid von einem anderen Leben. Da er sich keinen Urlaub leisten kann, geht er zu der Firma Recall, die implantierte Urlaubserinnerungen verspricht.

Nur: In Dougs Verstand wurde schon herumgepfuscht und seine frühere Persönlichkeit kommt zum Vorschein. Während Freunde und Geliebte sich als Feinde erweisen, weiß Doug nur, dass er unbedingt auf den Mars muss.

Disney missfiel das Ende

Ein Grund, warum es schließlich von der Idee zum Film mehr als 15 Jahre dauerte, war, dass Dan O'Bannon irgendwann aus dem Projekt ausstieg. Es kam zu Disney, aber dort missfiel das Ende. Die Figur Quaid sollte auf dem Mars seine eigene Hand auf einen Handprinter legen und dadurch erkennen, wer er wirklich war: ein von den Marsianern erschaffenes Wesen, mit dem ihre Rasse fortleben sollte. Am Ende hätte sich Quaid zu den anderen umdrehen und sagen sollen: "Es wird sicherlich Spaß machen, Gott zu spielen."

Dieses Ende erschien dann aber doch zu weit hergeholt. Im Lauf der Jahre schrieb Shusett weitere Versionen des Skripts, bis Disney schließlich ebenfalls absprang und das Projekt an Dino DeLaurentiis abgegeben wurde, der damit zu MGM ging.

1984 bot DeLaurentiis den Stoff David Cronenberg(öffnet im neuen Fenster) an, der zusagte und sich daran machte, selbst verschiedene Versionen des dritten Akts zu verfassen.

In einer dieser Versionen wird enthüllt, dass Quaid eigentlich der Diktator der Erde ist, jedoch alles vergessen hat und nun darum kämpft, die Kontrolle wiederzuerlangen.

Regisseure kommen und gehen

MGM war mit der Entwicklung aber ebenfalls unzufrieden und trennte sich von dem Projekt. Im Lauf der Jahre waren weitere Regisseure im Gespräch, darunter Russell Mulcahy, Lewis Teague und Bruce Beresford.

Dann kam Arnold Schwarzenegger dazu. Er hatte bereits eine frühe Version des Skripts gelesen und fand sie fantastisch. Mehrmals war er von DeLaurentiis mit dem Versprechen gelockt worden, die Hauptrolle spielen zu dürfen, doch hatte der Produzent wohl niemals vor, sie ihm zu geben.

Shusett, der ein Veto-Recht bei der Besetzung besaß, stimmte dagegen, da er sich Arnold Schwarzenegger in der Rolle nicht vorstellen konnte. Trotzdem trafen sie beide in einem Restaurant und Schwarzenegger(öffnet im neuen Fenster) sagte: "Wenn ich diese Rolle spiele, musst du einiges verändern. Die Dialoge sind toll, aber Englisch ist nicht meine Muttersprache. Du musst meine Dialoge weniger kompliziert machen. Die Figuren um mich herum können ruhig komplexe Dinge sagen, aber mein Part muss simpler sein."

Schwarzenegger hatte davon gehört, dass die De Laurentiis Entertainment Group (DEG) große finanzielle Schwierigkeiten hatte. Er wandte sich daher an Andrew Vajna von Carolco Pictures und bat ihn, das Skript für ihn zu kaufen. Der Preis lag damals bei sieben Millionen US-Dollar, da alle Entwicklungskosten hineingerechnet wurden. Schwarzenegger empfahl zu pokern, denn er wusste ja, dass DEG dringend Geld benötigte. Und so machte Carolco ein Kaufangebot über drei Millionen US-Dollar, das auch akzeptiert wurde.

Der richtige Regisseur

Der Film erhielt grünes Licht. Schwarzenegger, der zu dem Zeitpunkt längst ein Star war, erhielt eine Gage von zehn Millionen US-Dollar plus eine Beteiligung am Gewinn. Das Budget wurde auf 43 Millionen US-Dollar angesetzt, erreichte am Ende jedoch die fast schwindelerregende Höhe von 73 Millionen US-Dollar.

Paul Verhoeven soll es richten

Schwarzenegger fungierte bei Total Recall auch als ausführender Produzent und war in alle Belange des Films involviert. Zudem hatte er einen bestimmten Regisseur im Auge: 1987 hatte er den Niederländer Paul Verhoeven kennengelernt, als dieser mit Robocop (1987) einen Hit feierte. Ihn wollte er unbedingt für den Film gewinnen und Verhoeven war nach Sichtung des Drehbuchs auch interessiert.

In Vorbereitung auf die Produktion las er alle bisherigen 42 Skript-Varianten. Noch immer war der dritte Akt seiner Meinung nach nicht befriedigend. Er wollte darum den Autor Gary Goldman mit ins Projekt holen, um eine frische Perspektive zu bekommen.

Bei Ronald Shusett schrillten daraufhin die Alarmglocken. Denn in Hollywood hieß dies in der Regel, dass der vorherige Autor raus war - und das, nachdem er mehr als zehn Jahre an diesem Stoff gearbeitet hatte. Doch Schwarzenegger bot seine Hilfe an und sagte Verhoeven, dass er Shusett unbedingt behalten wolle. Verhoeven stimmte zu, wollte aber dennoch Goldman hinzuziehen.

Und das war letztlich eine gute Entscheidung, denn nun arbeiteten Shusett und Goldman an einer finalen Fassung des Skripts. Sie kamen mit einer Idee für das Ende auf, das weniger psychologisch-intellektuell war, sondern auf deutlich mehr Action setzte.

Ein alter Robocop-Bekannter

Als Schauspieler neben Schwarzenegger entschied sich Verhoeven für Ronny Cox als Magnat Cohaagen, mit dem er schon in Robocop zusammengearbeitet hatte. Für denselben Film sah er damals auch Michael Ironside, der für den Part des Schurken Clarence Boddicker vorgesprochen hatte. Eine wichtige Rolle kam Sharon Stone zu, die als Quaids Ehefrau agiert. Mit seinem nächsten Film, Basic Instinct (1992), verhalf Verhoeven ihr dann zum Durchbruch.

Hinter den Kulissen griff man auf erfahrene Spezialisten wie Vic Armstrong, verantwortlich für die Stunt-Choreografie, und Rob Bottin, der schon bei Robocop die Make-up-Effekte betreut hatte, zurück. Die Spezialeffekte lieferte die Firma Dream Quest Images.

Eigentlich wollte Verhoeven in Houston drehen, da er fand, die Stadt habe mit ihren Stahl-Glas-Bauten einen futuristischen Look. Allerdings gab es keine Studios, in denen der Großteil der Dreharbeiten hätte durchgeführt werden können.

Zudem war es deutlich günstiger in Mexiko zu drehen, weswegen man sich für die Churubusco Studios entschied. Die Dreharbeiten begannen am 20. März 1989. Im Vorfeld wurden 45 Sets auf acht Soundstages gebaut - ein gigantisches Unterfangen.

Der Film wird teurer

Das anfangs anvisierte Budget wurde aufgeblasen, weil die Produktion fast vom ersten Tag an in Verzug geriet - auch weil ein Großteil von Cast und Crew krank wurde. Das galt auch für den Regisseur(öffnet im neuen Fenster) , der teilweise durch die Magen-Darm-Erkrankung so dehydriert war, dass man ihm intravenös Flüssigkeit zuführen musste.

Schwarzenegger brachte seine eigenen Lebensmittel mit, die von seinem Koch zubereitet wurden. Allerdings konnte auch er sich der Krankheit nicht entziehen. Sein Koch wurde krank und kurz darauf erwischte es auch Schwarzenegger.

Körperliche Probleme

Teilweise mussten mehr als 20 Crew- und Cast-Mitglieder täglich von dem für die Produktion tätigen Arzt betreut werden. Das warf den Produktionsplan durcheinander.

Kosten mussten eingespart werden. Ein Weg war, existierende Locations zu benutzen. Produktionsdesigner William Sandell empfahl eine Militärakademie außerhalb von Mexico City. Diese hatte einen futuristischen Look und war somit gut geeignet für Szenen, die Quaid in seiner Heimatstadt auf der Erde zeigen. Außerdem drehte man im Nikko Hotel in Mexico City, was ebenfalls Kosteneinsparungen mit sich brachte.

Einer der aufregendsten Effekte des Films wurde von Rob Bottin gestaltet. Es ist die Szene, in der Quaid seine "Verkleidung" als dicke Frau abwirft. Eigentlich sollte sich Quaid nur eine Maske vom Gesicht ziehen, doch Bottin überzeugte Verhoeven, noch mehr zu machen. Er fand einen Weg, das mit zwei Masken-Modellen umzusetzen - dem Gesicht der Frau und dem Gesicht Schwarzeneggers; ein sehr wirkungsvoller Effekt.

Die Dreharbeiten endeten schließlich am 23. August 1989. Für die letzten Aufnahmen ging man in das nordwestlich von Los Angeles gelegene Simi Valley. Danach begann die Nachproduktion, die ebenfalls ausuferte und aufgrund einer Vielzahl von Spezialeffekten viel Zeit in Anspruch nahm.

Die Gewalt wird entschärft

Wie für seine Filme üblich, hatte Verhoeven auch bei Total Recall auf drastische Gewalt gesetzt. Damit eckte er bei der MPAA an, die die Freigaben für Filme vergibt. Schnitte wurden angemahnt und schließlich wurden alternative Kameraeinstellungen genutzt, damit der Film die gewünschte Freigabe erhielt. Es folgte eine groß aufgezogene Werbekampagne - und Total Recall wurde einer der Hits des Jahres 1990.

Und der Film hat auch heute noch, nach wiederholtem Anschauen, seinen Reiz, denn man kann ihn auf verschiedene Arten interpretieren. Denn alles, was Doug Quaid erlebt, könnte wahr sein. Oder es ist eben alles nur ein Traum, wie Dr. Edgemar ihm sagt.

Dazu erklärte Verhoeven im Audiokommentar auf der DVD des Films: "Als Dr. Edgemar Quaid aufsucht, erzählt er quasi, wie der ganze dritte Akt des Films ablaufen wird. Er sagt ihm, dass wenn Quaid ihn töten würde, die Mauern der Realität um ihn herum zusammenbrechen werden. Momente, nach denen Quaid Edgemar erschießt, brechen die Wände seines Appartements buchstäblich ein. Er sagt Quaid auch, dass er sich für den Retter des Widerstands hält, aber entdecken wird, dass er eigentlich für Cohaagens Team spielt. Auch das passiert, als Doug erkennt, wer Hauser wirklich ist. Edgemar sagt ihm, dass er Visionen einer außerirdischen Zivilisation haben wird. Und auch das geschieht, als Quaid seine Gedanken mit denen Kuatos verschmilzt. Wenn ein Zuschauer den Film also sieht und sich entscheidet, dass alles nur Quaids Traum ist, wird am Ende sogar Edgemars Prophezeiung war, dass Quaid lobotomiert wird. Nämlich im letzten Moment des Films, als er in ein Weißbild abblendet."

Und für alle, die an noch mehr Hintergrund zum Film interessiert sind, gibt es diesen Lesetipp: Total Recall - The Official Story of the Film.


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