30 Jahre Stargate: Als Roland Emmerich Kurt Russell durchs Sternentor schickte

Stargate war 1995 ein Kinofilm, wie es ihn so schon lange nicht mehr gegeben hatte - mit Massenszenen, die nur wenige Jahre später nicht mehr mit echten Statisten, sondern mit Figuren aus dem Computer bestritten worden wären. Auch hatte er über große Strecken Untertitel, wo doch jeder Produzent in Hollywood weiß (oder zu wissen glaubt), dass solche Filme, zumal mit Monumentalfilm-Charakter, nicht funktionieren.
Stargate hat viele dieser Elemente und gerade mit dem Stilmittel einer fremden Sprache verlieh Regisseur Roland Emmerich seinem Werk Glaubwürdigkeit. Anders als in der später folgenden Serie, bei der man sich nicht bei jeder Episode die Zeit nahm, eine gemeinsame Kommunikation zwischen Menschen und Außerirdischen zu etablieren, läuft dieser Prozess hier langsam ab.
Während man einander anfangs nicht im Geringsten versteht, entwickelt sich in Ruhe ein Dialog, in dessen Verlauf es dem Protagonisten Daniel Jackson (James Spader) gelingt, die Sprache zu verstehen. Mit den Szenen rund um diese Verständigungsschwierigkeiten und deren Lösung gelingt es Emmerich, die phantastische Geschichte, die er mit Stargate erzählt, auf den Boden zurückzuholen und ihr einen realistischeren Touch zu verleihen.
Das ist umso bemerkenswerter, als sich Science-Fiction-Filme für gewöhnlich nicht die Zeit nehmen, auf die Probleme der Kommunikation verschiedener Spezies einzugehen. Dafür bemüht man gerne einfache Erklärungen wie Universalübersetzer, die aber stets wie eine fadenscheinige Ausrede wirken.
Ohnehin ist Stargate keine Science-Fiction im Sinne von Space Operas wie Star Wars oder Star Trek, sondern vielmehr ein Mix aus SF-Elementen, alten Klassikern des Monumentalfilms und gängigem Popcorn-Kino.
Verbeugung vor David Lean
Dabei wartet der Film mit einer großen Anzahl an Schauwerten auf, wobei die erstklassigen Effekte mit dem Raumschiff in Form einer Pyramide, die Reise durch das Stargate oder die Todesgleiter noch am gewöhnlichsten sind.
Was in heutigen Produktionen unwahrscheinlich selten vorkommt, sind besagte Heerscharen von Statisten. Mit den Massenszenen und dem Wüstenambiente, das dem Film monumentalen Charakter verleiht und darüber hinaus eine Verbeugung vor David Lean und seinem Film Lawrence von Arabien ist, bedient Emmerich ein Genre, das es aufgrund der gewaltigen Kostenexplosionen auf allen Sektoren schon lange nicht mehr gibt.
Immenser Aufwand an Mensch und Material
Bei diesen Massenszenen dirigierte Emmerich bis zu 16.000 Statisten(öffnet im neuen Fenster) , die natürlich ordnungsgemäß eingekleidet und angesichts der hohen Temperaturen mit Unmengen von Wasser versorgt werden mussten. Das trug erheblich zu den Kosten eines Filmes bei, was es umso erstaunlicher macht, dass Emmerich Stargate mit gerade einmal 55 Millionen(öffnet im neuen Fenster) US-Dollar produzieren konnte.
Toller Ra-Darsteller
Den größten Aktivposten, den Emmerich bei Stargate hatte, war Jaye Davidson(öffnet im neuen Fenster) . Seine Darstellung des Ra war faszinierend, was sich aus dem Spiel des jungen Mannes, der elektronisch verfremdeten Stimme und der prächtigen Ausstattung um ihn herum ergab. Davidson, der durch The Crying Game schlagartig bekannt wurde und nach Stargate in der Versenkung verschwand, reißt den Film direkt nach seinem ersten Auftritt an sich.
Besonders interessant sind die Informationen zu Ras Entstehung natürlich in Hinblick auf das, was die Serie später etablierte. Von den Goa'uld der Serie hört man hier noch nichts, auch die wurmartigen Wesen sieht man nicht.
Vielmehr wirkt Ras echter Körper wie der eines Asgard, also jener kleinen grauen Außerirdischen, die in der Serie eine zunehmend wichtige Rolle spielen sollten und nach dem heute gängigen Bild von Außerirdischen gestaltet wurden. Im Vergleich zur Serie ergeben sich so auch einige Widersprüche. Zudem verfügt der Film über so manch gute Idee, die man in der Serie gerne genauer ausgearbeitet gesehen hätte.
Die Produzenten der Serie haben einen ganz eigenen Weg eingeschlagen, den Emmerich - so er die Möglichkeit gehabt hätte, seine geplante Stargate-Trilogie(öffnet im neuen Fenster) zu verwirklichen - wohl nicht gegangen wäre.
Das Team
Die Charaktere des Films sind passend getroffen, auch wenn sie recht eindimensional sind. Wo Jackson der naive Forscher ist, ist Jack O'Neill (Kurt Russell) der zynische Militär, der erst am Ende auftaut.
Schauspielerische Höchstleistungen werden weder James Spader noch Kurt Russell abverlangt, da sich eine starke Charakterentwicklung bei einem Abenteuerfilm wie diesem nicht ergibt. Das war eher Sache für die Serie und fand dort, nachdem beide Charaktere etwas modifiziert wurden und sich weiterentwickelt haben, auch statt.
Stargate besticht durch seinen langsamen Aufbau
Mit der Idee des Sternentors ging Emmerich lange Zeit schwanger, wobei dessen Wurzeln in den Theorien eines Erich von Däniken liegen, der die Götter früher Hochkulturen für außerirdische Astronauten hält. Auf diesem fruchtbaren Boden baut Stargate auf. Was den Film jedoch darüber hinaus ungewöhnlich erscheinen lässt, ist seine Konzeption, die - nüchtern auf dem Papier betrachtet - nicht unbedingt nach dem großen Kassenschlager aussieht.
So besticht Stargate auch durch seinen ruhigen Aufbau. Bis zur Ankunft von Ra und den ersten Actionszenen vergeht gut und gerne eine Stunde, bei der sich Emmerich auf die Erforschung des Stargates, der Reise durch dasselbe und den ersten Kontakt mit Kasufs Volk konzentriert. Diese ruhigen Szenen bereiten langsam auf das vor, was am Ende an Action geboten wird.
An der einen oder anderen Stelle hätte man sich ein wenig mehr Dynamik gewünscht. Diese die Geschichte einleitenden Szenen sind zwar beim ersten Sehen gut, wirken aber beim wiederholten Anschauen etwas langweilig. Hinzu kommt, dass die zweite Hälfte des Films mit einer Menge Action aufwartet, wodurch sich in der Stimmung des Films nach der ersten Hälfte ein Bruch ergibt, der im Verlauf der vollen Spieldauer von Stargate nicht mehr ganz gekittet wird.
Auch heute noch ist Stargate ein guter Film mit großen Schauwerten, der seine Action mit einer Portion Science und jeder Menge ruhiger Szenen auflockert. Es ist ein fantasievoller Film mit vielen großen Momenten, guten Schauspielern, hervorragenden Spezialeffekten, der richtigen Portion Humor und gerade genug Action, um für alle Zuschauer etwas zu bieten.
Am bedauerlichsten an der nachfolgenden Serie ist sicherlich, dass damit Emmerich und seinem Partner Dean Devlin die Basis für eine Fortsetzung genommen wurde, die die Mythologie von Stargate sicherlich in eine ganz andere, nicht minder spannende Richtung getrieben hätte.



