2D-Materialien: 2D-Transistoren kommen der Realität näher

Transistoren aus 2D-Materialien sind besser als Silizium und könnten es einst ersetzen. Forschern gelang es, sie industrietauglich herzustellen.

Artikel veröffentlicht am , Johannes Hiltscher
In jedem Gitterfach wächst ein perfekter Einkristall.
In jedem Gitterfach wächst ein perfekter Einkristall. (Bild: MIT)

Silizium-Halbleiter kommen an ihre Leistungsgrenzen, ein möglicher Nachfolger steht schon fest: 2D-Materialien wie Graphen sollen Transistoren und Speicher weiter schrumpfen lassen. Die haben nur ein Problem: Sie sind kompliziert herzustellen und noch komplizierter in den industriellen Halbleiterprozess zu integrieren. Forschern aus den USA und Südkorea unter Leitung des Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist ein wichtiger Schritt in Richtung Praxistauglichkeit von 2D-Materialien gelungen.

Bislang wurden die Materialien, die lediglich eine bis wenige Atomlagen dick sind, auf einem Trägermaterial (Substrat) wachsen gelassen, die fertige Schicht dann abgelöst. Anschließend wird das Material etwa auf einen Silizium-Wafer übertragen, auf dem damit Transistoren hergestellt werden. Um ihre Vorteile - zu denen unten mehr - gegenüber Silizium-Halbleitern ausspielen zu können, muss die gewachsene Schicht aus einem einzigen Kristall bestehen, fachsprachlich: Sie muss monokristallin sein. Und hier liegt das Problem.

Auf den in der Halbleiterindustrie gängigen, weil günstigen, Siliziumwafern wachsen nur polykristalline Schichten. Nur auf wenigen Substraten wie Sapphir wachsen monokristalline Schichten. Diese Substrate sind teuer und vor allem wesentlich kleiner als die in der Halbleiterbranche üblichen 300-mm-Wafer. Daher müssen auf Silizium gewachsene 2D-Materialien aufwendig getestet werden, um die einzelnen Kristalle zu identifizieren - oder sie müssen vom Wachstumssubstrat übertragen werden.

Gitter bringt Erfolg

Mit einer kleinen Hilfestellung konnten die Forscher jedoch auch auf Wafern aus Siliziumdioxid Einkristalle eines 2D-Materials wachsen lassen. Dazu brachten sie zuerst ein Gitter auf. Jedes Fach des Gitters nimmt einen sogenannten Kristallisationskern auf: Die Schicht aus 2D-Material wächst nicht gleichmäßig, stattdessen bilden sich an mehreren Stellen einzelne Kristalle, die anschließend weiter wachsen. Da jedes Fach nur einen Kristallisationskern enthält, wächst jeweils ein perfekter Einkristall.

Die entwickelte Methode löst gleichzeitig noch ein weiteres Problem: das Aufbringen einer zweiten 2D-Schicht. Die wird zur Herstellung von Transistoren benötigt und wächst in den Fächern ebenso perfekt wie die erste Schicht. Verwendet haben die Forscher als 2D-Material Wolframdiselenid, das sich verhältnismäßig leicht mittels chemischer Gasphasenabscheidung (Chemical Vapor Deposition, CVD) aufbringen lässt. Die Details ihres Verfahrens haben sie in der Zeitschrift Nature veröffentlicht, einige Einblicke gibt auch hier der Anhang (PDF).

Darum sind 2D-Materialien besser

2D-Materialien haben das Potenzial, tatsächlich kleinere Transistoren zu ermöglichen. Denn obwohl die Nanometer-Angaben der Prozessnamen seit Jahren schrumpfen, sind die kritischen Parameter der Transistoren gleichgeblieben. Denn hier sind physikalische Grenzen gesetzt: Bei Silizium-Halbleitern muss das schaltende Gate eine Mindestlänge haben, sonst treten unerwünschte Effekte auf, welche die Leistung des Transistors deutlich verschlechtern. Diese sogenannten Short Channel Effects zeigen 2D-Materialien nicht.

Der Grund dafür ist gerade ihre geringe Schichtdicke: Bei Silizium-Halbleitern bilden sich um Gate- und Source-Elektrode Verarmungsregionen. Auch der leitende Kanal (Channel) basiert auf einer Verarmungsregion, allerdings wird diese durch die Gate-Elektrode erzeugt. Liegen Gate- und Source-Elektrode zu nah beieinander, sperrt der Transistor im ausgeschalteten Zustand nicht mehr richtig - die Folge sind unter anderem Leckströme.

Da mit 2D-Materialien Kanal und Gate-Elektrode wesentlich kürzer ausfallen können, würden sich Transistoren damit in der Fläche verkleinern lassen. In den vergangenen Jahren funktionierte das nur noch durch Höhenwachstum, erst durch FinFETs, zuletzt durch Gate-all-around-FETs (GAAFETs). Da dem Höhenwachstum aufgrund des Aufwands Grenzen gesetzt sind, muss eine Alternative her, als die sich 2D-Materialien nun noch deutlicher abzeichnen.

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