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25 Jahre The Curse of Monkey Island: Das Adventure nach dem neuen Monkey Island

Wir sind in dem Adventure nach Return to Monkey Island erneut LeChuck begegnet. Was taugt Teil 3 aus heutiger Sicht?
/ Andreas Altenheimer
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Artwork von The Curse of Monkey Island (Bild: Lucas Arts)
Artwork von The Curse of Monkey Island Bild: Lucas Arts

Spoiler-Warnung: Dieser Artikel thematisiert konkrete Handlungsdetails und Rätsel aus The Curse of Monkey Island.

Wer an Monkey Island denkt, dem kommen wohl vornehmlich die ersten beiden Adventures von 1990 und 1991 in den Sinn. Sämtliche Fortsetzungen werden von eingefleischten Fans in der Regel nur in einem Nebensatz oder gar abfällig kommentiert.

Der Grund: Nach Monkey Island 2 - LeChuck's Revenge stieg Serienschöpfer Ron Gilbert bei Lucas Arts aus. Interessanterweise erhielt der dritte Teil, den Jonathan Ackley und Larry Ahern als leitende Entwickler verantworteten, bei seiner Veröffentlichung im Jahr 1997 aber wohlwollende Kritiken(öffnet im neuen Fenster) und wurde von der Community positiv aufgenommen.

Mancher sieht den dritten im übrigen inzwischen als vierten Serienteil an: Das im September 2022 veröffentlichte Return to Monkey Island ( Test ) schließt unmittelbar an die Handlung von Monkey Island 2 an. Allerdings erzählt der Neuling danach seine eigene Geschichte, die unabhängig von allen anderen Fortsetzungen verläuft und zeitlich nicht eindeutig zugeordnet werden kann.

Mir fällt die Beurteilung von The Curse of Monkey Island in der Rückschau schwer. Einerseits erinnere ich mich an ein tolles Abenteuer mit einer hübsch gezeichneten Comicgrafik. Andererseits sind mir kaum Details oder besondere Ereignisse im Gedächtnis geblieben.

Zudem habe ich nahezu jedes Lucas-Arts-Adventure mehrfach durchgespielt, mit Ausnahme von The Curse of Monkey Island und seinem heftig umstrittenen Nachfolger Escape from Monkey Island (2000).

Wegen Abiturvorbereitung und privater Turbulenzen hatte ich außerdem zum Veröffentlichungszeitpunkt des dritten Monkey-Island-Spiels einfach anderes im Sinn, als ein bereits gelöstes Adventure erneut zu absolvieren. Das hole ich für diesen Artikel endlich nach. Wollen wir doch mal sehen, wie sich das Adventure 25 Jahre später spielt!

Rätselspaß voraus

Schnell habe ich meine digitale Version von Gog.com(öffnet im neuen Fenster) installiert, die anders als meine Original-CDs von 1997 problemlos auf meinem aktuellen Windows-10-System läuft. Im Gegensatz zu vielen anderen Lucas-Arts-Klassikern habe ich das Adventure seinerzeit ins Deutsche übersetzt statt auf Englisch gespielt, weshalb ich mich der Nostalgie wegen für die deutsche Version entscheide.

In einem Punkt möchte ich bewusst von meiner damaligen Erfahrung abweichen: bei der Wahl des Schwierigkeitsgrades.

The Curse of Monkey Island bietet nämlich genau wie sein Vorgänger einen einfachen und einen schwierigen Modus an. Bei Monkey Island 2 LeChuck's Revenge wählte ich damals den höheren Schwierigkeitsgrad und war aufgrund der knackigen Kopfnüsse hoffnungslos überfordert.

Ergo wollte ich diesen Fehler bei The Curse of Monkey Island nicht wiederholen und zockte es anno 1997 im einfachen Modus. Damals ging ich ja auch fest davon aus, dass ich es mehrfach durchspielen würde.

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Dank diverser Retro-Artikel, die sich in den letzten Jahren im Netz angesammelt haben, bin ich zumindest vorgewarnt. Demnach sind die Rätsel von The Curse of Monkey Island im hohen Schwierigkeitsgrad mit das Absurdeste, was sich Lucas Arts je ausgedacht hat.

Doch angesichts der Tatsache, dass die Adventures dank ihrer Logik und Nachvollziehbarkeit stets so beliebt und vor allem der Konkurrenz weit voraus waren, wird es so schlimm nicht sein ... oder etwa doch?

Das Intro des Spiels mit seinen wunderbar animierten Zeichentricksequenzen macht jedenfalls Lust auf mehr, obwohl es mit Bildartefakten übersät ist. Den Entwicklern standen nur zwei CDs zur Verfügung, entsprechend mussten sie die Sequenzen zwecks Platzersparnis komprimieren.

Doch dieses kleine Minus wird durch die wirklich tolle deutsche Sprachausgabe ausgeglichen, die mich ernsthaft verblüfft. Ich habe schon viele Klassiker ausgegraben, die ich einst für ihre Synchronisation feierte und die mich im Nachhinein mit ihrer amateurhaften Performance enttäuschten. Doch die Vertonung von The Curse of Monkey Island funktionierte damals wie heute.

Was mir ebenfalls in Erinnerung geblieben ist: Der berühmt-berüchtigte Cliffhanger des zweiten Teils, wonach sich Protagonist Guybrush Threepwood in ein Kind verwandelt und in einem verzauberten Jahrmarkt strandet, wird praktisch ignoriert.

Mit dem Autoscooter in die Schiffsschlacht

Stattdessen treibt der Möchtegern-Pirat auf einem Autoscooter (!) über das Meer und platzt mitten in ein Kanonenduell zwischen seiner Geliebten Elaine Marley und seinem Erzfeind LeChuck.

LeChuck nimmt Guybrush gefangen und sperrt ihn zusammen mit dem ehemaligen Kartografen Wally unter Deck, wo dann auch das eigentliche Spiel beginnt.

Die Steuerung ist für ein Point-&-Click-Adventure recht simpel und vertraut auf ein Minimenü, das ich jederzeit per Knopfdruck aufrufen darf. Dort kann ich auf die drei Standardbefehle Nehmen/Benutzen, Betrachten und Reden/Beißen zugreifen.

Meine Flucht von LeChucks Schiff gelingt recht schnell; Guybrush schließt Elaine freudig in die Arme und steckt ihr einen Diamantring an den Finger, den ich im Laufe des Prologs gefunden hatte. Doof nur, dass er verflucht ist und Elaine in eine goldene Statue verwandelt. Damit wären wir beim eigentlichen Ziel des Spiels: Guybrush muss diesen Fluch rückgängig machen.

Klassisch, knackig, krampfig

Es folgt das erste große Kapitel von The Curse of Monkey Island. Es erstreckt sich über die Insel Plunder Island und die dort angesiedelte Stadt Puerto Pollo. Hier ergeben sich sogleich weitere Ereignisse: Ich statte der aus den Vorgängerspielen bekannten Voodoo-Lady einen Besuch ab, die sich glücklicherweise mit solchen Flüchen auskennt.

Sie berichtet von einem Eiland namens Blood Island, auf dem ich einen weiteren Diamantring ergattern und mit diesem den Fluch brechen könne. Leider nutzen Halunken meine Abwesenheit und stehlen die vergoldete Elaine, weshalb ich mich auch noch auf die Suche nach meiner Holden begeben muss.

Dieser Plot klingt eigentlich gut und schlüssig: Er gibt mir eine greifbare Aufgabe, und meine Ziele sind klar definiert. Und doch beschleicht mich mit zunehmender Spieldauer ein unangenehmes Gefühl, als ob etwas falsch sei.

Allen voran zündet der Humor nicht, weil die Dialoge zu brav klingen und überhaupt viel zu viel geredet wird. Des Weiteren empfinde ich die meisten Nebencharaktere als austauschbar, darunter drei ehemalige Piraten, die einen Friseursalon betreiben, oder die Schauspieler eines Theaters.

Meine Motivation, The Curse of Monkey Island weiterzuspielen, wird vornehmlich durch die fabelhafte Präsentation getragen, die das Zeichentrickflair des Intros fortsetzt. So sind die Figuren erstaunlich groß gezeichnet und durch die Bank weg hervorragend animiert. Auch die Rätsel machen mir zunächst Spaß.

Ich sammle regelmäßig skurrile und interessante Objekte ein, darunter einen Skelettarm, einen Kieferknacker oder ein paar Schuppen, die sich als Läuse entpuppen. Es sind genau die verrückten Spielereien, die ich von den besten Lucas-Arts-Klassikern gewohnt bin.

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Ich muss nun zwangsläufig die ehemaligen Piraten überzeugen, ihre Friseurstube zu schließen und stattdessen mit mir nach Blood Island zu segeln. Dazu gehört beispielsweise Edward Van Helgen, der zuerst eine ordentliche Beleidigung von mir verlangt - also schlage ich ihn mit einem Handschuh ins Gesicht!

Danach möchte sich Edward mit mir duellieren und überlässt mir die Wahl der Waffe. Allerdings darf ich keinen seiner Pistolenkoffer anklicken und muss stattdessen den großen Instrumentenkasten dahinter wählen, um ihn zu einem Banjo-Duell herauszufordern.

Monkey Island - Titelmusik aller Versionen
Monkey Island - Titelmusik aller Versionen (10:31)

Spätestens hier merke ich, was mich an The Curse of Monkey Island stört: Die Witze zünden nicht, obwohl sie auf dem Papier super klingen. Tatsächlich passt diese Idee eines Banjo-Duells perfekt zum bekloppten Charme der Adventure-Serie, nur leider ist die Umsetzung dröge.

So muss ich zunächst abwarten und zuschauen, wie Edward leidenschaftlich in die Saiten haut und alle paar Sekunden abrupt stoppt, um eine einzige Note zu spielen. Danach ist Guybrush an der Reihe, der das flotte Spiel Edwards automatisch und fehlerfrei imitiert. Ich selbst muss diese eine abgekapselte Note kopieren, indem ich die richtige Saite anklicke.

Allein diese Szene ist voller Probleme: Warum kann Guybrush automatisch und ohne Übung mit Edwards flotten Rhythmus mithalten? Wieso versagt er komplett, wenn er - beziehungsweise ich als Spieler - bei dieser einen Note danebenliegt? Was ist das überhaupt für ein Duell, bei dem ich nicht besser als mein Kontrahent sein, sondern ihn einfach nur nachahmen muss?

Wieso kann ich nach meinem Versagen beliebig oft ein weiteres Duell starten? Und warum muss ich diese Szene dreimal hintereinander durchstehen, wenn einmal locker gereicht hätte? Fragen über Fragen ...

Stirb, du blödes Banjo!

Wirklich cool ist nur das Finale, wenn Edward völlig abdreht und mich mit seiner rockigen Darbietung bloßstellen will: Dann schnappe ich mir frech eine der Pistolen, die mir am Anfang des Duells gezeigt wurden - und erschieße sein Banjo.

Mal genial, mal einfallslos

Diese Kombination aus tollen Rätselideen und verkrampfter Inszenierung fällt mir leider auch im späteren Spielverlauf immer wieder auf. Manche Puzzles, wie beispielsweise das Gewinnen eines Baumstammweitwurfs, sind gut durchdacht und fühlen sich befriedigend an, sobald ich sie löse.

Aber wer kommt bitte schön durch rein logisches Nachdenken auf die Idee, dass man zum Erhalt eines Buches über Bauchrednerkunst einen Zauberhut mit einem Zauberstab kombinieren muss?

Bezüglich des hohen Schwierigkeitsgrades muss ich den vielen Onlineartikeln teilweise recht geben: Lucas Arts hat mit The Curse of Monkey Island in der Tat eine Grenze überschritten.

Es ist zwar nicht ganz so schlimm, wie einige Kritiker behaupten. Doch allein das Beschaffen des Goldzahns ist ein Abenteuer für sich, und ich wäre vermutlich nie ohne fremde Hilfen auf die Lösung gekommen.

Habe ich meine Mannschaft beisammen, eine Karte nach Blood Island aufgetrieben und Elaines vergoldeten Körper gefunden, dann darf ich Plunder Island verlassen und befinde mich auf hoher See. Dort kehrt einer der beliebtesten Gags aus dem ersten Monkey Island zurück: das Schwertduell, das man nur mit den richtigen Beleidigungen gewinnen konnte. Doch erneut hinkt der Witz dem Original hinterher.

Zum einen muss ich erst einmal ein feindliches Schiff ansteuern und in einem recht langweiligen Mini-Actionspiel besiegen. Zum anderen müssen die Beleidigungen in Form von Reimen vorgetragen werden, was wiederum viel zu künstlich klingt. Ich musste jedenfalls bei keinem Spruch schmunzeln oder gar lachen.

Auf Blood Island angelangt, wird das Spiel bodenständiger und konzentriert sich auf die Suche nach dem Diamantring. Das Kapitel ist in meinen Augen das Beste des Spiels: Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und die Anzahl an Rätselräumen sowie Objekten trifft die goldene Mitte - nicht zu viel, nicht zu wenig.

Richtig gut gelungen sind die ehemaligen Kannibalen, die einen brodelnden Vulkan mit Obst anstatt mit fettigen Fleischopfern füttern - damit der Arme keinen Lava-Durchfall bekommt! Aber dann gibt es auch wieder blöde Witzeleien, beispielsweise, wenn ich mich in eine Gruft einschleusen und dafür Guybrushs Tod vorgaukeln soll.

Es folgt ein Dialog zwischen einem Barmann und einem Totengräber. Die beiden reden über die Philosophie von Lucas-Arts-Adventures und erklären, dass man darin doch eigentlich nicht sterben könne.

Man bezeichnet solche Szenen als Durchbrechen der vierten Wand, sobald die Story des Spiels bewusst mit unserer Realität gemixt wird. Ja, so etwas gab es auch in den ersten beiden Monkey-Island-Titeln.

Allerdings beschränkte man sich dort auf subtile Nebensätze ("Zahle nie mehr als 50 Mark für ein Computerspiel") oder augenzwinkernde Schleichwerbungen ("Frag mich nach Loom"). In The Curse of Monkey Island zünden solche Gags nicht, denn die Dialoge sind zu lang und zu steif geschrieben.

Mein letzter Kritikpunkt betrifft die beiden abschließenden Kapitel. Sie wirken extrem kurz und äußerst überhastet. Bestes Beispiel: Ich muss am Ende gegen LeChuck persönlich kämpfen beziehungsweise ihn mit cleveren Rätseln austricksen. Sobald ich dies geschafft habe, springt das Spiel ohne Überleitung zur Hochzeit von Guybrush und Elaine.

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Fazit: In der Erinnerung war es besser

Ehrlich gesagt: Ich frage mich ernsthaft, warum mir all die genannten Fehler nicht schon 1997 aufgefallen sind. War ich aufgrund der genialen Vorgänger voreingenommen und habe mir das Spiel schöngeredet? Lag es an der mangelnden Konkurrenz des damals aussterbenden Adventure-Genres? Oder bin ich meine Wiederspielrunde mit zu viel Vorfreude angegangen?

Ich habe jedenfalls die kultigen Lucas-Arts-Adventures stets für ihre Genialität verteidigt und umgekehrt die Mängel der Genre-Konkurrenten sehr streng beurteilt. Dabei musste ich mir mehrfach den Vorwurf anhören, dass Spiele wie Monkey Island oder Day of the Tentacle eigentlich nicht besser seien und ich sie nur hinter meiner rosaroten Nostalgiebrille verklären würde.

The Curse of Monkey Island ist wahrlich nicht der erste Lucas-Arts-Klassiker, den ich nach langer Zeit erneut spiele. Bislang waren es auch durch die Bank weg positive Erfahrungen, die meine frühere Faszination bestätigten - egal ob bei Maniac Mansion, Indiana Jones and the Fate of Atlantis oder Grim Fandango . Doch dieses Mal ist es leider anders - und diese Rückkehr fühlt sich enttäuschend an.

Return to Monkey Island - 5 Minuten Gameplay vom Anfang des Spieles
Return to Monkey Island - 5 Minuten Gameplay vom Anfang des Spieles (05:18)

Womöglich ist es aber noch etwas ganz anderes, was mich stört oder besser gesagt ablenkt und wofür The Curse of Monkey Island nichts kann: Ich habe natürlich auch vor Kurzem Return to Monkey Island gespielt und bin davon restlos begeistert.

Der neue Teil von Monkey-Island-Erfinder Ron Gilbert kommt den beiden Erstlingen in Sachen Story-, Rätsel- und Humorqualität sehr nahe, während das heutige Geburtstagskind einen ganz anderen Tonfall anschlägt.

Eventuell bin ich derzeit einfach nicht in der richtigen Stimmung für so ein relativ braves Piratenabenteuer. Denn rein objektiv sehe ich durchaus die Stärken von The Curse of Monkey Island: Die Präsentation ist zeitlos gut, es ist schön umfangreich, die Geschichte ergibt Sinn und die Rätsel passen größtenteils.

Vielleicht muss ich dem Spiel irgendwann noch einmal eine Chance geben - und wenn es wieder 25 Jahre dauern sollte ...

Mitarbeit: Benedikt Plass-Fleßenkämper

Hinweis in eigener Sache: In der aktuellen Episode unseres Podcasts Besser Wissen reden die Golem.de-Redakteure Martin Wolf und Daniel Ziegener mit dem Spieleentwickler und Monkey-Island-Fan Marius Winter über die Adventures.


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