25 Jahre Dungeon Keeper: Wir sind wieder richtig böse!

Das Rollenspiel Wizardry (1981) war der erste ernstzunehmende Dungeon Crawler überhaupt. Das simple Prinzip: Man erstellte eine Gruppe aus sechs Kämpfern, arbeitete sich durch einen zehn Stockwerke großen Kerker und bezwang am Ende den bösen Zauberer Werdna.
1987 erschien mit Wizardry 4: The Return of Werdna eine ungewöhnliche Fortsetzung, in der man selbst die Rolle des Schurken übernahm. Dieser wurde nämlich wieder zum Leben erweckt, wachte stinksauer in seiner Zelle auf und kämpfte sich mit Hilfe des Spielers aus seinem Gefängnis.
Wizardry 4 war allein aufgrund seines mutigen Ansatzes ein Unikat, weil es kurzerhand einen Bösewicht zum Protagonisten machte. Unser heutiges Geburtstagskind hievte diese Idee zehn Jahre später noch auf ein ganz anderes Niveau.
Ein Hit mit Ansage
Dungeon Keeper wurde damals sehr gehypt und auch ich habe mich selten in meinem Leben so auf ein Spiel gefreut. Mir gefiel der Gedanke des Rollentauschs: dass ich einen eigenen Kerker baue, ihn mit Monstern bestücke und übermütige Helden in Fallen locke.
Meine Vorfreude stieg umso mehr, als die ersten Höchstwertungen der deutschen Spielemagazine eintrudelten: 91 Prozent in der PC Games, 90 Prozent in der Power Play und fünf von fünf Sternen in der PC Player! Hatte der Designer Peter Molyneux nach Populous, Syndicate, Theme Park und Magic Carpet den nächsten Kracher erschaffen?
Meine eigene Spielerfahrung mit Dungeon Keeper war positiv, aber ich war nicht ganz so euphorisch wie erhofft. In den ersten Spielstunden war es noch ein echter Genuss, die Rolle des Kerkermeisters auszufüllen. Allerdings ließ mein Enthusiasmus bereits nach einigen Missionen spürbar nach - was aber für viele Titel von Molyneux galt.
Der Brite hatte einerseits ein Händchen für großartige neue Spielkonzepte, die mich auf Anhieb begeisterten. Andererseits besaßen die finalen Produkte nur selten diesen besonderen Suchtfaktor, der mich stunden-, tage- oder gar wochenlang an den Bildschirm fesselte.
Nun bin ich gespannt, wie Dungeon Keeper 25 Jahre später auf mich wirkt. Schließlich wird es rückwirkend als eines der besten Spiele aus dem Hause Bullfrog gehandelt. Mal schauen, ob da was dran ist - oder ob die Fans den Klassiker zu sehr durch ihre rosarote Nostalgiebrille betrachten.
Ab in den Kerker!
Wer Dungeon Keeper heute spielen will, kann dies dank der digitalen Vertriebsplattform Gog.com problemlos(öffnet im neuen Fenster) tun. Ich habe den MS-DOS-Klassiker dort in der Gold-Edition bereits vor Jahren gekauft und die Installation funktioniert problemlos. Alternativ hätte ich auf meinen Origin-Account zurückgreifen können, wo es Dungeon Keeper einst im Rahmen einer Werbeaktion kostenlos gab.

Direkt nach Spielstart überkommen mich wohlige Erinnerungen: Das zweiminütige Intro zeigt einen feschen Ritter, der sich durch die Gänge eines Kerkers schnetzelt und am Ende von einem gehörnten Dämon enthauptet wird. Es ist die perfekte Einleitung für ein zynisch-derbes Spiel, das mich wahrlich zum Bösewicht machen möchte.
Als Nächstes wähle ich die erste Mission und werde von einer herrlich düsteren Grafik begrüßt. Zudem weht im Hintergrund ein schauriger Sound aus den Lautsprechern meiner 2.1-Anlage - wie passend, dass diese vom Hersteller Teufel stammt.
Nur leider dauert es keine zwei Minuten, bis mir der erste Störfaktor unangenehm auffällt: Die Steuerung von Dungeon Keeper ist alles andere als gewöhnlich.
Intuitiv geht anders
Dungeon Keeper leidet unter einem Makel, der mich auch schon bei anderen Bullfrog-Spielen geärgert hat, allen voran bei Syndicate: dem sensiblen Scrolling des Bildschirms. Genauer gesagt bewegt sich der Bildausschnitt bereits dann, wenn ich mit dem Mauszeiger den Rand streife. Das geschieht zudem in einer derart hohen Geschwindigkeit, dass ich oft das Gefühl der Kontrolle verliere.
Überhaupt plagen mich handfeste Übersichtsprobleme und ich frage mich: Sah Dungeon Keeper wirklich derart grobkörnig aus? War der Bildausschnitt echt so klein? Und kann ich ernsthaft nirgends dessen Größe verstellen?
Mit der Maus geht jedenfalls nichts. Ich finde spontan auch keine Tasten auf der Tastatur, mit der ich die Grafik ein- oder auszoomen könnte. Es hilft also nichts, ich muss einen Blick in die Anleitung werfen. Allerdings ist diese nicht besonders hilfreich.
Gewöhnungsbedürftige, dann aber gute Steuerung
Der Gog-Version liegt die Hauptanleitung nämlich in Form einer PDF-Datei bei, die wiederum ohne Referenzkarte auskommt. Referenzkarten waren in den 1990er Jahren gang und gäbe, um gerade bei komplexeren Rollen- oder Strategiespielen sämtliche wichtigen Tastaturkommandos auf möglichst wenig Seiten aufzulisten.
Doch ohne eine solche Karte bleibt mir nichts anderes übrig, als die einzelnen Überschriften der Anleitung zu überfliegen.
Am Ende werde ich unter dem Punkt "3.1 Moving Around" fündig: Demzufolge soll ich "Strg" in Kombination mit den Cursor-Tasten betätigen, um den Bildausschnitt zu vergrößern oder zu verkleinern. Erneut klingt dies ziemlich umständlich. Hat mich das anno 1997 etwa nicht gestört?
Zum Glück besitze ich noch mein altes Originalexemplar samt Schachtel und Original-CD, das ich nun aus dem Archiv krame. Dort finde ich das, was ich die ganze Zeit suche: In der Box liegt nämlich ein zweites Heftchen, in dessen Mitte die Referenzkarte abgedruckt ist! Demnach kann ich zum Zoomen die Tasten "Pos1" und "Ende" benutzen, was bedeutend einfacher und schneller funktioniert als die oben erwähnte Alternative.
Nebenbei stolpere ich über eine Tastenkombination, mit der ich die Auflösung des Spiels hochschrauben darf, wodurch sich die dicken Pixel in deutlich feinere Konturen verwandeln. Zwar wirkt die Optik immer noch eckig und gezackt, aber insgesamt ist eine klare Verbesserung feststellbar.
Selfmade-Kerker
Jetzt aber zum eigentlichen Spiel. Ich starte jede Mission mit dem sogenannten "Herz des Dungeons" , das ich um jeden Preis beschützen muss. Sollte es von gierigen Helden oder feindseligen Kreaturen zerstört werden, habe ich die Mission verloren.
Des Weiteren stehen mir einige Imps zur Verfügung, die brav jeden von mir angeklickten Erdblock ausbuddeln. So hebe ich ganze Hohlräume aus, die ich sogleich zu Schatzkammern deklariere.
Die wiederum benötige ich dringend, um das ebenfalls von den Imps abgebaute Gold zu horten. Nervig ist allerdings, dass die Hohlräume zunächst mit Platten bestückt sein müssen - was wieder zu den Aufgaben der Imps zählt.
Im späteren Spielverlauf kann ich immer mehr Optionen nutzen, mit denen ich meinen Dungeon ausstatten darf. Nachdem ich den Weg zu einem Portal freigeschaufelt habe, locke ich mit dem Bau von Verstecken oder Hühnerfarmen kompetente Monster an.
In der Bibliothek sammeln sich indes Zauberer, die neue Magiesprüche entwerfen. Und dank Trainingsraum gewinnen meine Zöglinge zunehmend an Kraft.












Kurz darauf probiere ich eine weitere Besonderheit von Dungeon Keeper aus, die mir 1997 besonders gut gefiel: Ich kann in jede Kreatur schlüpfen und sie direkt aus der Ego-Perspektive steuern!
Leider ist das Ganze im Nachhinein ein Gimmick ohne großen Nutzen. Das Spiel ist unterm Strich viel zu hektisch und die Grafik erweist sich in dieser Ansicht als besonders unübersichtlich, weil ich einen Großteil meines Dungeons gar nicht mehr vor Augen habe.
Zum Glück kann ich das Feature ignorieren. Stattdessen konzentriere ich mich auf den unbeschwerten Spaß des Höhlenbaus, der mit jeder weiteren Mission wächst. Auch gewöhne ich mich stückchenweise an die Steuerung, die immer besser von der Hand geht.
Doch dann geschieht etwas sehr Unangenehmes: Mein Mauszeiger klebt plötzlich am linken Bildschirmrand und lässt sich nicht mehr zur Seite bewegen! Das ist umso ärgerlicher, weil ich keinen neuen Spielstand anlegen kann. Dazu müsste ich im Optionsmenü das Save-Icon anklicken, wohin sich die Maus allerdings nicht mehr bewegen lässt. Argh!
Die Tücken der Technik
Umso erstaunlicher ist, dass ich mich davon nicht demotivieren lasse und die letzte halbe Stunde einfach nochmal spielen möchte. Gleichzeitig nehme ich mir vor, ab jetzt regelmäßig zu speichern - nicht, dass der Bug irgendwann erneut eintritt.
Eine Viertelstunde später habe ich den Vorfall vergessen und erfreue mich an den nächsten Optionen, die ich in der vierten Mission freischalte, allen voran den Bau von Türen, Brücken oder Giftfallen.
Zudem entdecke ich weitere Raffinessen der Steuerung, wie das folgende Beispiel zeigt: Meine Imps konzentrieren sich im Normalfall auf das Abbauen von Goldadern, sobald ich diese markiere.
Das klingt auf den ersten Blick recht nützlich, wenn die Kerlchen nicht all ihre anderen Arbeiten vernachlässigen würden, etwa das Verlegen von Platten oder das Freischaufeln von einfachen Erdblöcken.
Gegen dieses Problem hilft nur eine Zwangszuweisung: Ich darf meine Imps aufnehmen und dort ablegen, wo sie ihre Arbeit verrichten sollen. Das ist allerdings dezent umständlich, denn meine Lakaien wuseln recht flink durch die Gänge.
Doch zum Glück hat Bullfrog eine äußerst nützliche Statistik integriert, die mir meine Kreaturen in Form von Zahlen anzeigt und über die ich beliebig viele von ihnen mit wenigen Klicks auswählen darf!
So erobere ich mühelos das erste Herz eines gegnerischen Dungeon Keepers: Ich klicke einfach all meine Kreaturen über die Statistik an und setze sie innerhalb weniger Sekunden vor der feindlichen Brutstätte ab.
Leider plagt mich zwischenzeitlich erneut der lästige Mauszeiger-Bug. In meiner Verzweiflung suche ich die Foren von Gog.com auf. Was ich dort lese, gefällt mir allerdings gar nicht: Der Fehler ist altbekannt und wurde anscheinend nie behoben!
Zwar kann man mit einem simplen Trick dafür sorgen, dass der Maus-Cursor nicht am Bildschirmrand, sondern in der Mitte und somit genau dort feststeckt, wo das Icon zum Speichern liegt.












Dennoch empfinde ich es als wahnsinnig lästig, Dungeon Keeper abzubrechen, neu zu starten und den eben angelegten Spielstand zu laden. Als mir der Bug keine zehn Minuten nach Beginn der fünften Mission erneut widerfährt, breche ich das Spiel genervt ab.
"Für dieses Problem MUSS es doch eine Lösung geben!" , denke ich mir. Doch das Einzige, was ich finde, ist eine Fan-Modifikation namens KeeperFX. Sie behebt zahlreiche Fehler des Originals, stattet es mit zusätzlichen Levels aus und unterstützt höhere Bildschirmauflösungen.
Allerdings sind die Veränderungen derart einschneidend, dass meine Speicherstände der Gog-Version nicht akzeptiert werden. Ich müsste also komplett von vorne anfangen - und gebe deshalb ganz auf.
Fazit: Immer noch großartig, aber ...
Es ist ein Jammer: Ich möchte Dungeon Keeper so gerne weiterempfehlen, weil es immer noch ein richtig gutes Spiel ist und ganz klar zu den besten Werken von Bullfrog gehört. Die Idee ist clever, die Umsetzung durchdacht und die Steuerung funktioniert prima, sobald man sich an ihre Eigenheiten gewöhnt hat. Es macht richtig Laune, in einem Raum nach dem anderen zu buddeln, Gold zu horten und Kreaturen auf den Gegner zu hetzen!
Doch dieser Bug mit der Maus macht mich sprachlos und es ist für mich ein Rätsel, wieso es dafür offenbar keine einfache Lösung gibt. KeeperFX ist von einer solchen weit entfernt, weil es dafür viel zu viele Veränderungen im Kernspiel vornimmt und laut diversen Foren auch nicht perfekt zu funktionieren scheint.
Somit muss ich von meiner eigentlich klaren Kaufempfehlung leider Abstand nehmen und Interessierten zur Vorsicht raten. Dungeon Keeper ist nach wie vor grandios, aber dieser Bug hat einen dicken Keil in meinen Spielspaß gerammt. Und das hat dieses kleine Meisterwerk wahrlich nicht verdient.
Mitarbeit: Benedikt Plass-Fleßenkämper



