Bildretusche: Software bewertet Manipulationen an Fotos

Mehr Brust, mehr Bein, weniger Falten: Kaum eine Hochglanzzeitschrift stellt die Person auf ihrem Titelbild so dar, wie sie wirklich ist. Solche Darstellungen machten viele Menschen unzufrieden mit ihrem eigenen Körper und könnten Essstörungen auslösen, sagen Hany Farid(öffnet im neuen Fenster) und Eric Kee(öffnet im neuen Fenster) . Die beiden Wissenschaftler vom Dartmouth College in Hannover im US-Bundesstaat New Hampshire haben deshalb eine Software entwickelt, die die Fotobearbeitung bewertet.

Kennzeichnen oder bewerten
Einige Länder, darunter Großbritannien, erwögen eine Kennzeichnungspflicht für derartig retuschierte Fotos, schreiben Farid und Kee in der Fachpublikation Proceedings of the National Academy of Sciences(öffnet im neuen Fenster) , die von der Akademie der Wissenschaften der USA herausgegeben wird. Das halten die beiden Wissenschaftler jedoch für unzureichend, da eine solche Kennzeichnung nicht zwischen "einfachen Bearbeitungen wie Schneiden sowie Farbanpassungen und Bearbeitungen, die das Erscheinungsbild einer Person dramatisch verändern" , unterscheide.
Farid und Kee hingegen wollen ein mehrstufiges System, das das Ausmaß der Modifikationen erfasst. Auf einer Skala von eins bis fünf wird bewertet, ob sich das Original und die bearbeitete Version des Fotos noch sehr ähnlich sehen (1) oder ob Letzteres stark verändert ist (5).
Körper verändert, Hautunreinheiten entfernt
Die Einordnung soll eine Software, die die Informatiker geschrieben haben, automatisch vornehmen. Sie vergleicht die zwei Versionen eines Fotos anhand von acht verschiedenen Kriterien. Zunächst haben die beiden Algorithmen entwickelt, die sowohl geometrische Veränderungen an einer Person, etwa wenn der Hals länger, der Bauch flacher oder die Taille schmaler gemacht wurde, als auch sogenannte photometrische Veränderungen, also der Lichtverhältnisse. Darunter fallen beispielsweise die Korrektur von Hautunreinheiten, Sommersprossen oder Falten.
Farid und Kee sammelten 468 Beispiele von bearbeiteten Fotos(öffnet im neuen Fenster) und ließen die Software diese mit dem Original vergleichen. Anschließend suchten sie 390 Probanden, denen sie je 70 Bildpaare vorlegten, um sie auf der fünfstufigen Skala zu bewerten. Die Ergebnisse des Tests flossen anschließend in die Software ein.
Zähne zählen nicht
Die Software könne zwar recht gut Bilder bewerten, zeige aber durchaus noch Schwächen, sagen die Entwickler. So befand sie etwa, dass sich das bearbeitete Foto eines Mannes mit einem strahlenden Gebiss nur wenig von dem Original unterscheide, auf dem dem Mann oben diverse Zähne fehlten.
Trotzdem könne ein solches System einen Hinweis darauf geben, in welchem Maße ein Titelbild einer Zeitschrift oder ein Werbefoto bearbeitet worden sei. Die Öffentlichkeit könnte so eine Idee davon bekommen, wie sehr in der Branche getrickst werde. Fotoredakteure könnten sich bei der Auswahl von Fotos an dem Maßstab orientieren. Aber auch die Abgebildeten könnten profitieren. Er glaube, dass die Software zu einer Selbstregulierung führen könnte, sagte Farid der New York Times(öffnet im neuen Fenster) . "Ein Model zum Beispiel könnte sagen:'Ich will keine 5 sein. Ich will eine 1 sein'."



