Sequel-Anwärter und Flops
Man mag Hirshbergs Meinung nun teilen oder nicht - Fakt ist, dass auch Activision in den vergangenen zwei Jahren mehrere neue IPs an den Start gebracht hat. Mit unterschiedlichem Erfolg: DJ Hero verkaufte sich nicht ganz so gut wie erwartet, erhielt aber ein Sequel; auch das Actionspiel Prototype wird demnächst fortgesetzt. Echte Flops waren hingegen der Zeitmanipulationsshooter Singularity sowie Blur, ein Autorennspiel mit diversen Power-Ups. Der Misserfolg von Blur führte sogar zur Schließung des traditionsreichen englischen Entwicklerstudios Bizarre Creations (Formula One, Project Gotham Racing).
In einer Rede auf der Develop Conference in Brighton analysierte der frühere Bizarre-Chef Gareth Wilson die Gründe für das Scheitern der neuen IP ("Why great games don't always sell"). Blur sei wie "Schinkenspeck mit Cornflakes" gewesen, sagte Wilson. Der wilde Mix aus lizenzierten Autos und Waffen à la Mario Kart habe die Konsumenten abgeschreckt: "Sie werden nichts kaufen, was sie vorher noch nie ausprobiert haben, weil es nämlich Mist sein könnte."
Fatal sei gewesen, die Vorteile des Spiels nicht klar genug herausgestellt zu haben: "Konfuse Botschaften sind ein echtes Problem für neue IPs". Blur und Singularity sind nur zwei von vielen neuen Games, die in den letzten Jahren gescheitert sind. Zum "Club der Enttäuschten" zählen auch Titel wie Alan Wake, Vanquish, Bulletstorm und Enslaved: Odyssey to the West. Fast alle erhielten gute bis sehr gute Kritiken, verfehlten die erhofften Verkaufszahlen jedoch deutlich. Sind die meisten Spieler wirklich so konservativ, wie Gareth Wilsons Frühstücksanalogie es nahelegt?
Knut Brockmann glaubt, dass es hierzu zwei Wahrheiten gibt. "Die eine bezieht sich auf den Markt der kleineren Titel, der Independent-Games, die Monat für Monat neue IPs auf dem Markt zu etablieren versuchen und häufig richtig spannende Titel bieten. Hier sind die Spieler durchaus bereit, Experimente einzugehen. Dies ist in Bezug auf hochpreisige AAA-Titel aber anders zu sehen. Hier will ein Käufer eine gewisse Sicherheit, dass das Spiel auch das bietet, was er erwartet." Bei jedem Kauf schließe der Konsument mit dem erworbenen Spiel eine Art Vertrag ab, sagte Brockmann: "Wir haben Erwartungen, die wir erfüllt sehen wollen. Das Spiel hat dies zu liefern. Ein Battlefield oder ein Call of Duty ist weit einfacher im Vorhinein einzuschätzen als zum Beispiel ein Mirror's Edge, bei dem viele Käufer einfach etwas ganz anderes erwartet haben, als am Ende dann angeboten wurde."
Auch Marketing könne daran nur wenig ändern, zumal es häufig überzogene Versprechungen mache. "Das führt zu einer Enttäuschung, die sich negativ auf den Ruf eines Spiels auswirkt. Da ist der Hang zu sehr konservativen und experimentierfeindlichen Einstellungen schon verständlich."
Neue IPs im Line-Up
Ein Event wie die Gamescom ist natürlich gut geeignet, solche Einstellungen ein Stück weit aufzubrechen. So zeigte der Publisher Capcom dem Messepublikum gleich zwei neue IPs: Asura's Wrath, das Science-Fiction-Elemente und asiatische Mythologie in einem explosiven Prügelmix verquirlt, sowie Dragon's Dogma, ein Action-Adventure in einer offenen Fantasy-Welt.
Deep Silver zeigte den tiegründigen Anime-Thriller Catherine, der mit seiner bizarren Mischung aus Barbesuchen und alptraumhaften Hüpfrätseln zu den originellsten IPs der letzten Jahre zählt - und der sich in den USA und Japan bis jetzt erstaunlich gut verkauft hat.
Konami präsentierte am Gamescom-Stand sein ästhetisch wertvolles Action-Game El Shaddai - Ascension of the Metatron, das mittlerweile auch in Deutschland erschienen ist, bei den Kritikern aber auf gemischte Reaktionen stieß. Zu den Stars der Gamescom zählte der Publisher Bethesda Softworks. Und das eben nicht nur wegen der Elder-Scrolls-Fortsetzung Skyrim, sondern gerade auch wegen zwei neuer IPs: dem Open-World-Shooter Rage und dem Stealth-Action-Game Dishonored. In der Vergangenheit hat Bethesda bei neuen Marken viel Mut bewiesen, aber auch einige Misserfolge einstecken müssen, man denke nur an die Metascores von Spielen wie Hunted.
Auch der im Mai erschienene Shooter Brink kam über eine Durchschnittswertung von 70 nicht hinaus - umso erstaunlicher, dass Bethesda unbeirrt auf frische IPs setzt. "Eine Abwägungssache" nennt Pete Hines, VP PR & Marketing, die Entscheidung für oder gegen eine neue Marke. "Für id Software ist Rage natürlich keine so sichere Sache wie ein weiteres Doom oder Quake", sagte Hines im Gespräch mit IGN Australia. "Aber gleichzeitig eröffnet es aus Entwicklersicht eine Unmenge von neuen Möglichkeiten."
Ziel sei eben nicht ein weiterer corridor shooter gewesen, sondern eine offene Spielwelt mit Erkundungsmöglichkeiten und Rennspielelementen. "Mit einer neuen IP ist so etwas viel einfacher zu verwirklichen. Man muss die Anhänger eines bereits existierenden Spiels nicht davon überzeugen, dass geplante Veränderungen [...] in Ordnung und gefälligst zu akzeptieren sind."
Wie geschickt Bethesda die Hype-Maschine bedient, zeigt sich an Dishonored: Im August brachte der einflussreiche Game Informer eine Cover Story, die einen ersten Einblick in das Steampunk-Universum gewährte. Auf der Gamescom zeigte der Publisher nur ein paar kurze Spielszenen - und die auch nur hinter verschlossenen Türen. Dafür aber gaben die beiden Dishonored-Macher Raphael Colantonio (Dark Messiah) und Harvey Smith (Deus Ex) am laufenden Band Interviews und priesen das außergewöhnliche Art Design und die vielfältigen Wahlmöglichkeiten. Hält Dishonored auch nur die Hälfte davon, was das Duo verspricht, dann könnte es eine der erfolgreichsten neuen IPs des Jahres 2012 werden. [von Achim Fehrenbach/IGM. Der Artikel erschien zuerst in der IGM-Ausgabe 13/2011, die bei Golem.de kostenlos im PDF-Format zum Download angeboten wird und sich an den Spielehandel richtet.]
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Lass mich raten - du hast nicht die geringste Ahnung, was "From Dust", abgesehen von...
Öhm, war Homefront nicht das Spiel über das sich alle beschwert haben weils zu kurz und...
Ja eben nicht? Artikel gar nicht gelesen? :) Siehste, ohne Zombies ist alles doof! ;)