Chaos Computer Club

Die guten Hacker werden 30

Von Kellerbastlern zu Politikberatern - der Wandel des Chaos Computer Clubs spiegelt die Geschichte der Bundesrepublik.

Artikel veröffentlicht am , Kai Biermann/Zeit Online
Fairy Dust des Chaos Computer Clubs beim 27C3
Fairy Dust des Chaos Computer Clubs beim 27C3 (Bild: Andreas Sebayang/Golem.de)

Manchmal ist das Pseudonym der bessere Name. "Twiddlebit" steht auf einem Aufkleber, der auf der linken Brust von Klaus Schleisiek pappt. Schleisiek ist ein älterer Herr, seine Schultern sind schon etwas gebeugt, die Haare grau, doch die Augen wach. To twiddle a bit ist englisch für "ein wenig herumbasteln", etwas auseinandernehmen und neu zusammensetzen, egal ob Bauteile, Bits - oder einen neuen Club.

Inhalt:
  1. Chaos Computer Club: Die guten Hacker werden 30
  2. Hacker als Lobbyarbeiter

Als "Tom Twiddlebit" hat Schleisiek vor 30 Jahren einen Aufruf in der taz unterzeichnet, gemeinsam mit seinem Gleichgesinnten Wau Holland, eine Einladung, um genau zu sein. "Damit wir Komputerfrieks nicht länger unkoordiniert vor uns hinwursteln, tun wir wat und treffen uns am 12.9.81" - woraufhin sich tatsächlich ein Häuflein Interessierter in den Berliner Redaktionsräumen der Zeitung einfand. Dieses Treffen an einem Küchentisch, der einst in der Kommune I gestanden hatte, gilt als Ursprung des Chaos Computer Clubs, den Holland später auch als Verein gründen sollte. Und Schleisiek als dessen Initiator. Man könnte auch sagen: Schleisiek hat geholfen, Deutschland in die Gegenwart zu führen. Indem er einen Hackerkreis ins Leben gerufen hat.

  • Wechselhaftes Wetter auf dem Chaos Communication Camp 2011. Meistens war es zumindest tagsüber trocken. (Bilder: Andreas Sebayang)
  • Der Hackbus vor einem Flugzeugbunker
  • Das Luftfahrtmuseum Finowfurt, ein ehemaliger sowjetischer Militärflughafen, war der Ort für das Hacker-Camp.
  • Eine gemoddete Statue
  • Solche Flugzeugbunker dienten als Vortragssäle, Hackcenter oder Lagerräume.
  • Für abwechslungsreiches Essen war gesorgt. Hier ein Steak an einem Tankstutzen.
  • Reger Flugbetrieb auf dem Flughafen Finowfurt
  • Zahlreiche Quadrocopter flogen über das Gelände.
  • Nerdgerechte Beschilderung der Wege...
  • ... und zwischen den Zelten
  • Viele Hacker kamen aus dem Ausland.
  • Zeltlager vor der Fairy Dust
  • Das Luftfahrtmuseum befindet sich an einem aktiven Flughafen.
  • Hacker konnten sogar mit historischen Flugzeugen kleine Rundflüge machen.
  • Weitläufig
  • Fairy Dust im Dunkeln
  • Lichtinstallationen
  • Teile des Geländes durften wegen des Flugbetriebs nicht betreten werden.
  • Auch Disketten schützen vor Regen.
  • Geschenke lockten auf das Camp.
  • Dieses kleine Fahrzeug...
  • ... ist ein Prototyp. Eine spätere Version...
  • ... soll einmal auf dem Mond herumfahren.
  • Auf dem Bunker wurden Lichtinstallationen platziert.
  • Ab und an war die Sonne zu sehen.
  • Das Openleaks-Zelt...
  • ... musste extra gesichert werden. Zwischendurch brachen die Metallstreben wegen eines Sturms und die Haken wurden aus dem Boden gezogen.
  • Regenbogen
  • Das Chaos Communication Camp bei Nacht
  • Schöne Lichtinstallationen...
  • ... bei Mondschein
  • Die Flugbahn eines Quadrocopters. Hacker statten die Fluggeräte gerne mit LEDs aus.
  • Zeltlager bei Nacht
  • Historische Flugzeuge wurden mit Lichttechnik verschönert.
  • Chaos Communication Camp 2011
  • Chaos Communication Camp 2011
  • Chaos Communication Camp 2011
  • Der Parkplatz wurde nur von einem Scheinwerfer beleuchtet.
  • Reger Flugbetrieb über dem Camp
  • Hubschrauberrundflüge gab es auch.
  • Der Hubschrauber flog teils sehr nah an den Vortragsbunkern vorbei.
  • Am Sonntag wurde abgebaut.
Wechselhaftes Wetter auf dem Chaos Communication Camp 2011. Meistens war es zumindest tagsüber trocken. (Bilder: Andreas Sebayang)

Als Hacker verstehen sich die Mitglieder des Chaos Computer Clubs (kurz: CCC) bis heute. In der breiten Öffentlichkeit wird das Wort fast ausschließlich mit der kriminellen Ausprägung von Computerexpertise gleichgesetzt, wenn es etwa um Angriffe auf Webseiten geht, um den Diebstahl von Kundendaten, um chinesische Computerkrieger oder undurchsichtige Streitigkeiten bei Wikileaks. Doch Hacker als Vandalen, Diebe oder Verbrecher, das ist nur die halbe Wahrheit. Die Geschichte des CCC, der in diesen Tagen 30 Jahre alt wird, zeigt noch eine andere Seite. Es ist zugleich die Geschichte von drei Jahrzehnten Bundesrepublik, von ihrem Weg aus den fernen, analogen achtziger Jahren in die digitale Gegenwart. Sie ist nicht frei von den Verlockungen der Macht, die aus Wissen erwächst. Aber in den meisten Fällen agierten die Hacker wie geduldige Schülerlotsen für eine Gesellschaft, in deren Alltag die Computerei einbrach - indem sie Gefahren aufzeigten und ein Verständnis für elektronische Sicherheit weckten.

Im Zeitraffer betrachtet, zeigt sich im Wandel der Aktionen des CCC, seiner Ziele und seines Selbstverständnisses, wie die Digitalisierung unsere Gesellschaft verändert hat.

Hacken als Suche nach Zugang: Die frühen Projekte des CCC wirkten, als kämen sie aus dem Hobbykeller eines Reihenhauses in Bielefeld. Etwa das "Datenklo": Wer sich 1984 in den Vorläufer des Internets einwählen wollte, brauchte dafür einen sogenannten Akustikkoppler. Diese Geräte gab es nur bei der Post, zur Miete für wenigstens 580 Mark im Jahr. Das war viel Geld. Weniger als 300 Mark hingegen kostete ein gleichwertiges Gerät, das CCC-Bastler selbst entworfen und zusammengelötet hatten. Es wäre wohl ein Kellerprojekt geblieben, hätten die Macher nicht eifrig fotokopierte Bauanleitungen verbreitet, nebst der Liste benötigter Einzelteile. Dazu gehörten zwei Gummiwülste, um den Telefonhörer zu umschließen, damit nichts die Übertragung der fiependen und knarrenden Laute störte. Diese Wülste kamen aus dem Baumarkt und waren eigentlich für die Verbindung von Spülkasten und Toilette gedacht - daher der Name Datenklo. Verkniffen kommentierte die Bundespost: "Atypisches Nutzerverhalten!"

Hacken als Misstrauen: Überhaupt, die Post. Für die Hacker war sie das institutionalisierte Böse, der "Gilb" - teuer, langsam und unangenehm amtlich. Zudem war der deutsche Staat in den achtziger Jahren generell in ein gewisses Sympathiedefizit geraten (einfach mal "Wackersdorf" oder "Startbahn West" googeln!) und für ganz vieles noch immer allein zuständig. So war, der Logik des 19. Jahrhunderts folgend, zunächst die Telegrafie, später die Fernsprechtechnik dem Postministerium zugeschlagen worden - nun sollte diese Behörde Deutschland in die digitale Zukunft führen. Ausgerechnet!

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Hacker als Lobbyarbeiter 
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