Patente
US-Gericht setzt Grenzen für Softwarepatente
Das wichtigste US-Berufungsgericht in Patentstreitigkeiten hat in einer aktuellen Entscheidung die Nichtigkeit von Patentansprüchen auf intellektuelle Prozesse bestätigt. Wozu Stift und Papier genügen, ist demnach nicht patentierbar.

Stehen Patente auf Geschäftsprozesse in den USA weitgehend vor dem Aus? Das könnte zumindest die Konsequenz einer Gerichtsentscheidung sein, die am Dienstag der United States Court of Appeals for the Federal Circuit (CAFC) gefällt hat. Der CAFC bestätigte in dem Verfahren von Cybersource Corporation gegen Retail Decisions die Aufhebung von Patentansprüchen auf die Prüfung von Kreditkarteninformation per Computer.
2004 hatte Cybersource die Firma Retail Decisions wegen der Verletzung des US-Patents Nr. 6,029,154 verklagt. Das zuständige Bezirksgericht überprüfte die Ausführungen der Streitparteien und erklärte das Patent teilweise für ungültig. Cybersource beharrte auf der Gültigkeit der Patentansprüche und ging gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts in Berufung.
Die CAFC-Richter bestätigten jedoch die Entscheidung des Bezirksgerichts. Demnach handelt es sich bei dem von Cybersource zum Patent angemeldeten Prüfverfahren nicht um eine patentfähige Erfindung, sondern um einen "mentalen Prozess", der als solcher laut Gesetz ausdrücklich von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist. Darauf aufbauende Patentansprüche änderten auch dadurch nichts an der fehlenden Patentierbarkeit, dass sie einen Datenträger oder einen Computer ins Spiel brächten, so der CAFC.
In seiner Entscheidung gibt das Gericht präzise vor, wie ein nicht patentierbarer "mentaler Prozess" zu charakterisieren ist: als Prozess, der für praktische Zwecke "im menschlichen Geist oder von einem Menschen unter Verwendung von Stift und Papier" durchgeführt werden kann.
Genau das sei beim zur Debatte stehenden Patent Nr. 6,029,154 der Fall. Die darin beschriebene Prüfmethode könne problemlos auch im Kopf durchgeführt werden. Der in der Patentanmeldung erwähnte Computer sei nicht unverzichtbar und könne daher bei der Frage nach der Patentierbarkeit keine Berücksichtigung finden. Der Fall läge nur dann anders, wenn durch den Computereinsatz das Prüfverfahren in spezifischer Weise eingeschränkt würde.
In ihrer Begründung greifen die CAFC-Richter auf viele der wichtigsten Präzedenzfälle der US-Rechtsgeschichte bei den sogenannten Softwarepatenten zurück: Gottschalk v. Benson, Diamond v. Chakrabarty, in re Alappat und Bilski v. Kappos. Das verdeutlicht, dass es dem CAFC Ernst ist mit der Eindämmung der Softwarepatente-Inflation.
Bemerkenswert ist, wie kreativ der CAFC die - von Beobachtern allgemein als unklar bewertete - Bilski-Entscheidung des US Supreme Court von 2010 auslegt, um zu seiner Entscheidung zu kommen. Das Gericht revidiert praktisch frühere Urteile und erschwert es Patentanmeldern erheblich, breite Softwarepatente für Geschäftsprozesse und mathematische Algorithmen zu bekommen. Zugleich wird die Anfechtung von solchen Patentansprüchen vor Gericht erleichtert.
Cybersource könnte nun noch versuchen, den Supreme Court anzurufen, um die CAFC-Entscheidung aufheben zu lassen. Allerdings liegt die Bilski-Entscheidung des Supreme Court gerade erst eineinhalb Jahre zurück und die Supreme-Court-Richter begeistern sich nicht für Fragen der Patentierbarkeit von Software. Es dürfte daher unwahrscheinlich sein, dass Cybersource Erfolg hat. Wahrscheinlicher ist es, dass die aktuelle CAFC-Entscheidung Bestand hat und für die kommenden Jahre den Maßstab setzt.
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+1'd ;-)
für einen verständlichen Text zu diesem Thema. Eure Kollegen von heise.de sind vielleicht...
Ich geh davon aus, dass die hier mitlesen. Sind ja schließlich auch IT-Profis...