Mass Effect 3
Bioware und der Workflow der Feindentstehung
Kampfroboter, ein Glibber-Alien oder eine tödlich schöne Außerirdische: Bislang sind die Feinde von Commander Shepard in der Mass-Effect-Reihe eher zufällig entstanden. Für Teil 3 setzt Bioware auf einen neu strukturierten Entwicklungsprozess - der die Designer in lange Kämpfe gegen knallrote Einfachstgegner zwingt.

Irgendjemand fand lila Tentakel ganz gut, und damit begann bei Mass Effect 2 der Ärger. Denn während das erste Konzept mit einem langgliedrigen Alien bei vielen Mitarbeitern von Bioware gut ankam, war die konkrete Umsetzung alles andere als einfach. Das berichtet Scylla Costa, Development Director von Mass Effect 3, auf der GDC Europe 2011. Erst als das Tentakelwesen weitgehend fertig programmiert und animiert war, stellte sich heraus: Das Biest war zu groß für den Level, für den es geplant war - es konnte sich kaum bewegen, was einen eher langweiligen Kampf ergeben hätte. Die einzige Lösung wäre ein vollständiger Neubau der Karte gewesen, aber erstens waren die Leveldesigner mit ihrer getanen Arbeit ganz zufrieden, und zweitens war dafür keine Zeit mehr übrig.
Bei Mass Effect 3 läuft der Prozess ganz anders, erzählt Scylla Costa. Weil sich bisher die größten Probleme aus der Abteilung Gameplay ergeben hätten, dürfen die Spieldesigner nun zuerst ans Erschaffen neuer Feinde gehen. Sie erstellen ein sogenanntes Gameplay Concept und legen dafür zuerst fest, welcher der drei Fraktionen im Spiel der Feind angehören soll. Dann bestimmen sie, welche Rolle und Funktion er hat: Soll er als flinker Geselle immer wieder in Deckung springen, als dicker und starker Boss langsam Druck auf den Spieler aufbauen oder seine Truppen unterstützen? Auf Basis dieser Entscheidung entsteht eine "Creature Bible", in der vom Namen bis zu einer Vorstellung vom späteren Aussehen und den Animationen schon viele Details zusammengefasst sind.
Dann folgt das Prototyping, das Costa am Beispiel eines schweren Kampfroboters vom Typ Atlas zeigt: Die Entwickler von Bioware treten gegen eine knallrote, aus einfachsten Polygonen aufgebaute Version des Kolosses an, der aber schon animiert ist und grundlegende KI-Verhaltensmuster beherrscht. So finden die Designer heraus, ob es überhaupt Spaß macht, gegen ihn zu kämpfen, und welche Möglichkeiten es gibt, ihn interessant zu gestalten. So bekommt er ein paar Algorithmen einprogrammiert, durch die er im Verteidigungsfall die Stab-Arme vor das Gesicht zieht oder im Nahkampf wütend zuschlägt. Gleichzeitig produzieren Grafiker bei Bioware detaillierte Artworks, wie das fertige Modell später in Mass Effect 3 aussehen könnte.
Nach und nach wird Atlas immer kompletter: Irgendwann ist seine Polygonkarosserie mitsamt den Texturen erstellt, dann kommen weitere Verfeinerungen bei seinen Bewegungen und der KI hinzu, außerdem die Soundeffekte. Irgendwann kommt dann eine Phase namens "Polish", in der es nur noch darum geht, den Roboter durch das Team zu begutachten und letzte Korrekturen zu beschließen, bevor er irgendwann fertig ist.
Scylla Costa erzählt, dass Bioware den Arbeitsprozess inzwischen weiter optimiert hat. So spielen die Audioeffekte wesentlich früher eine Rolle, außerdem war die Zeitstufe Prototype ein bisschen zu lange - jetzt kommt das Polygonmodell der Gegner früher ins Spiel. Auch die Zusammenstellung der Teams hat das Studio inzwischen verändert, so gibt es jetzt kleine Arbeitsgruppen aus wenigen Animationsexperten, Programmierern und Gameplay-Designern, während die jeweiligen Berufe bislang meist unter sich geblieben sind.
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