In Europa wächst der Unmut über ACTA
EU-Parlament will Rechtsharmonisierung durch die Hintertür verhindern
Das EU-Parlament will von der EU-Kommission mehr Transparenz bei den Verhandlungen zum Anti-Piraterie-Abkommen ACTA. ACTA dürfe nicht dazu benutzt werden, Grundrechte der EU-Bürger zu beschneiden. Die Europäischen Internetprovider warnen vor neuen Sanktionsmöglichkeiten gegen Internetnutzer.
Den Abgeordneten in Europas Parlament reißt der Geduldsfaden. Die Hinhaltetaktik der EU-Kommission bezüglich der Transparenz der ACTA-Verhandlungen stößt fraktionsübergreifend auf Widerstand. In einer schriftlichen Erklärung hat das Parlament jetzt unter Federführung der Abgeordneten Françoise Castex, Zuzana Roithova, Alexander Alvaro und Stavros Lambrinidis seine Positionen zu den Grenzen des geplanten internationalen Anti-Piraterie-Abkommens ACTA dargelegt.
In sieben Punkten machen die Parlamentarier der EU-Kommission klar, was sie nicht als Bestandteil von ACTA akzeptieren wollen. Dazu gehört eine "indirekte Harmonisierung des EU-Urheber-, -Patent- oder -Markenrechts"; "Einschränkungen des Rechtsweges und der Grundrechte wie Redefreiheit oder des Rechts auf den Schutz der Privatsphäre" und "neue Haftungsbestimmungen für Internetprovider" für Daten, die sie "durchleiten", oder für "Dienste, die sie hosten".
Mit diesen Forderungen liegen die Parlamentarier auf einer Linie mit dem obersten europäischen Datenschützer, Peter Hustinx. Er hatte in einer Erklärung vom 22. Februar 2010 die EU-Kommission dazu aufgefordert, die Öffentlichkeit über die ACTA-Verhandlungen zu informieren und einen "öffentlichen und transparenten Dialog zu ACTA einzurichten". Hustinx will so sicherstellen, dass "die beschlossenen Maßnahmen mit den EU-Bestimmungen zum Datenschutz und zum Schutz der Privatsphäre verträglich sind". Er warnte davor, dem Schutz des geistigen Eigentums einen Vorrang vor dem Schutz der Grundrechte der EU-Bürger einzuräumen.
ISP gegen Three-Strikes-Modell
Besonders die deutliche Ablehnung der EU-Parlamentarier von neuen Haftungsbestimmungen für Internet Service Provider wird die volle Zustimmung des europäischen Dachverbands der Provider (EuroISPA) finden. Am 24. Februar 2010 hatte EuroISPA erklärt, "die an [ACTA] beteiligten Verhandlungsführer" gingen zu weit, wenn sie zu Maßnahmen wie "Internetsperren nach dem Three-Strikes-Modell" oder "einer allgemeinen Überwachung des Datenverkehrs im Internet" ihre Zustimmung geben würden.
Aus dem Dunstkreis der ACTA-Verhandlungen jüngst an die Öffentlichkeit gelangte Dokumente legen nahe, dass die Verhandlungspartner ISPs für Rechtsverstöße ihrer Nutzer haftbar machen wollen. Das lehnt EuroISPA als "Verstoß gegen die E-Commerce-Richtlinie der EU" ab. Derartige Haftungsverpflichtungen würden für "Rechtsunsicherheit für Mittler im Internet" sorgen.
Malcolm Hutty, President von EuroISPA, erklärte zu den ACTA-Verhandlungen: "EuroISPA ist besorgt, dass der Mangel an Transparenz in den Verhandlungen weder dem EU-Parlament noch anderen Betroffenen eine Beteiligung an der Debatte erlaubt. Angesichts der großen Bedeutung, die das Internet für die Entwicklung der Internetwirtschaft, der Verbraucher und Bürger hat, gibt das Anlass zu großer Sorge."
Offene und weniger offene Verhandler
Die immer wieder bemängelte, fehlende Transparenz ist auch Gegenstand einer Diskussion im niederländischen Wirtschaftsministerium. Von dort ist ein Papier an die Öffentlichkeit gelangt, in dem diskutiert wird, welche Verhandlungsteilnehmer für und welche gegen Transparenz bei den Verhandlungen sind. Zu den Gegnern zählt das Papier in erster Linie Südkorea und Singapur sowie unter die EU-Mitglieder Belgien, Portugal, Dänemark und auch Deutschland. Besonders Dänemark zeige "wenig Flexibilität", heißt es in dem Papier. [von Robert A. Gehring]
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