Test: KDE SC 4.4 Caikaku

Die KDE-Entwickler sprechen von über 7.000 Fehlern(öffnet im neuen Fenster) , die seit dem Erscheinen der Version 4.3 im August 2009 repariert wurden. Zusätzlich haben sie über 1.000 Benutzerwünsche integriert und Zeit gefunden, den Desktop mit neuen Funktionen auszustatten. So wurde er beispielsweise an niedrige Auflösungen für die Verwendung auf Netbooks angepasst. Unter der Oberfläche sorgt die semantische Suche Nepomuk für die Organisation von Daten und der Groupware-Server Akonadi für die Interaktion zwischen verschiedenen PIM-Programmen.
Die meiste Arbeit steckten die Entwickler in Plasma Netbook, eine Anpassung des Plasma-Desktops an Notebookzwerge und mobile Geräte. Dafür wurde das Plasma-Framework komplett neu geschrieben und für kleinere Displays optimiert. Zudem soll Plasma Netbook auch für Touchscreens optimiert worden sein.
Die Ausrichtung auf soziale Netzwerke im Internet wurde mit zusätzlichen Widgets erweitert. Dabei können Nutzer direkt vom Desktop aus über das Community-Widget nach Freunden bei Facebook suchen oder Twitter-Nachrichten abschicken. Das Social-News-Widget bringt Nachrichten aus sozialen Netzwerken auf die Arbeitsfläche. Endlich muss nicht für jeden Dienst ein neues Programm samt Fenster geöffnet werden. Ein weiteres Widget zeigt Antworten auf Fragen an die KDE-SC- sowie die Opendesktop.org-Knowledgebase, was eine häufig umständliche Suche in den Hilfedateien erspart.
Neue Fensterverwaltung
Die Fensterverwaltung wurde ebenfalls benutzerfreundlicher gestaltet. Mit einer neuen Snap-Funktion können Fenster beim Ziehen an den oberen Rand in den Vollbildmodus versetzt und per Ziehen an den rechten oder linken Rand präzise nebeneinander platziert werden. Nachdem auch einige Programme wie der Dolphin-Dateimanager intern Tabbing beherrschen, können jetzt auch beliebige Fenster als Tabs in der Titelleiste eines übergeordneten Fensters gruppiert werden. Die praktische Funktion erleichtert das Arbeiten mit mehreren geöffneten Fenstern enorm und erspart dabei den Klick in die Fensterleiste.
Die Zusammenarbeit zwischen Plasma-Desktop und dem Fenstermanager KWin wurde so optimiert, dass neben einer verbesserten Leistung auch sanftere Fensteranimationen realisiert werden konnten. Mit der Unterstützung für skalierbare Grafiken können weitere Themes leichter zusammengestellt und integriert werden. Die Oberfläche wirkt glatter und Plasma selbst lief im Test äußerst stabil.
Das neue Authentifizierungsframework KAuth verwendet Policykit als Backend. Damit lassen sich einzelne Privilegien auf Benutzerebene herabsetzen, etwa in den Systemeinstellungen. Die Zeit- und Kalendereinstellungen, bislang nur mit Administratorrechten zugänglich, können dank KAuth mit einfachen Benutzerrechten angepasst werden, was zumindest hier die Eingabe eines Passworts erspart. In den nächsten Monaten soll die Verwendung von KAuth auch in weiteren Anwendungen realisiert werden.
Semantische Suche mit Nepomuk
Die semantische Suchengine Nepomuk bekam mit Virtuoso ein neues Backend zur Speicherung von Daten. Virtuoso soll bedeutend schneller und skalierbarer sein als sein Vorgänger. Eine spezielle KIO-Funktion verbindet das System mit den Nepomuk-Metadaten. Sämtliche Anwendungen können auf die neue semantische Suche zugreifen, spezielle Suchfunktionen reorganisieren indizierte Daten, etwa die zeitliche Sortierung mit Timeline. Die Bibliothek Strigi sorgt dafür, dass auch der Inhalt von Openoffice.org-Dokumenten oder PDF-Dateien indiziert werden kann. Nepomuk muss allerdings zuvor über die Systemsteuerung aktiviert werden. Die Indizierung verlief erstaunlich schnell ohne dabei die Arbeit im Vordergrund zu behindern.
Akonadi verbindet PIM-Programme
Auch das Datenspeicherungsframework Akonadi hält mit KDE 4.4 Einzug, um Daten aus den verschiedenen Komponenten der Kommunikationssoftware zu speichern. Gegenwärtig werden dort Einträge aus dem Adressbuch gelagert, längerfristig sollen auch E-Mails oder Kalenderdaten dort landen. Akonadi sieht sich als transparenter Groupware-Cache. Er soll sich später mit beliebigen E-Mail- oder Groupware-Programmen sowie Internetressourcen verwenden lassen, beispielsweise Google Mail.
Widgets, KNewStuff und Co.
Für Softwareressourcen aus dem Internet hat das KDE-SC-Team das KNewStuff-Interface erweitert. Das Framework soll es beispielsweise ermöglichen, weitere Sternenkarten für KStars oder neue Levels für Spiele aus dem Internet zu laden. Dabei ist praktisch, dass die Erweiterungen immer spezifisch für das jeweilige Programm angeboten werden. KNewStuff etwa bietet in dem Programm nur Karten für KStars. Aber auch neue Skripte für Amarok oder Desktophintergründe sollen künftig über KNewStuff verfügbar sein. Anwender können darüber auch einzelne Applikationen bewerten. Erklärt sich ein Anwender über das Framework zum Fan eines bestimmten Programms, erhält er Nachrichten über neue Versionen. KNewStuff ermöglicht ebenfalls das Hochladen eigener Projekte, um sie mit anderen Anwendern zu teilen.
Mit dem neuen Programm Cantor können wissenschaftliche Analysen und Statistiken bearbeitet werden. Ein weiterer Neuzugang ist das Puzzlespiel Palapeli. Mit der dritten neuen Anwendung Bloglio können Blogs gepostet und bearbeitet werden. Dabei verwendet das Programm die APIs Blogger 1.0, Google GData, Metaweblog sowie Movabletype.
Neben den drei neuen Anwendungen bringt Caikaku auch zahlreiche neue Widgets mit. Eines greift beispielsweise auf das KRunner-Backend zur Steuerung von Audioplayern zu und zeigt den aktuellen Titel über das On Screen Display (OSD) an. Ein weiteres wendet die systemweite Rechtschreibprüfung auf Text in der Zwischenablage an. Das umfangreiche Angebot der Widgets könnte allerdings dazu verführen, zu viel Zeit mit Ausprobieren zu verwenden, bei niedrigen Auflösungen ist der Desktop auch schnell zugepflastert. Einige Widgets wurden noch nicht für kleine Auflösungen optimiert.
Fazit
Insgesamt macht die KDE SC mit Caikaku einen großen Schritt in Richtung eines stabilen und benutzerfreundlichen Desktops. Vor allem das Ziel des KDE-Teams, KDE SC mit eigenen Funktionen an das Internet anzubinden und soziale Netzwerke für den Benutzer zugänglicher zu machen, überzeugt. Auch die konsequente Einbindung der Community und das Erleichtern der Einbindung von Eigenentwicklungen dürfte etliche Einsteiger und professionelle Entwickler anziehen.
Die Optik des Desktops wirkt zeitgemäß und bringt zahlreiche Usabililty-Funktionen mit, die einen modernen Desktop ausmachen. Mit viel Liebe zum Detail lässt sich KDE SC weitgehend an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Wer nicht nur auf Eyecandy setzt, findet bei KDE SC 4.4 dennoch viele sinnvolle Funktionen, angefangen bei der semantischen Suche Nepomuk über den dezenten Device Manager für das Einbinden von Wechseldatenträgern bis hin zum Akonadi-Framework.
Die neue Version der KDE SC liegt auf der Projektseite als Quellcode(öffnet im neuen Fenster) zum Download bereit, Binärdateien(öffnet im neuen Fenster) für zahlreiche Distributionen sollen folgen.



