Spieletest: Bioshock 2 - Ballern als Big Daddy

Die Handlung dreht sich um Sofia Lamb, um den Spieler - vor allem aber um Eleanor: So heißt die Tochter von Lamb, die auf mysteriöse Weise verschwunden, aber mit dem Spieler verbunden ist und gelegentlich in telepathischen Tagträumen zu ihm spricht. Der Großteil der Geschehnisse wird allerdings in Hörbuchmanier mit Hilfe von Audioaufzeichnungen oder Funkübertragungen erzählt, die von Lamb und Andrew Ryan, aber auch von weiteren Einwohnern von Rapture stammen. Animierte Zwischensequenzen gibt es kaum, zu direkten Begegnungen mit anderen Bürgern kommt es nur selten.
Trotz schwerer Tauchglocke und vergleichsweise dicker Panzerung bewegt sich der Spieler in Bioshock 2 fast genauso schnell und agil wie sonst in Ego-Shootern. Gegenüber dem ersten Teil der Reihe hat das Entwicklerstudio 2K Marin vor allem ein Detail verändert: Es ist jetzt möglich, Waffen und Plasmide gleichzeitig zu verwenden - auf der Xbox 360 etwa lässt sich mit dem linken Trigger ein lähmender Elektroschock auf den Feind abfeuern, der rechte Trigger gibt dem Gegner dann mit dem "Big Daddy"-Bohrer den Rest. Überarbeitet ist auch das Minispiel, mit dem sich jetzt Tresore, Selbstschussanlagen oder Überwachungskameras hacken lassen - es funktioniert deutlich schneller und macht mehr Spaß als das im Vorgänger.
Sofia Lamb setzt einiges daran, den Spieler aufzuhalten und schickt ihm ihre Familie auf den Hals - die Gegnerschaft wird tatsächlich stellenweise so genannt. Neben Standardgegnern etwa vom Typ Slicer sorgen vor allem zwei Mitglieder der virtuellen Verwandtschaft für Angst und Schrecken: zum einen die anderen Big Daddys, zum anderen die Big Sisters. Letztere sind sporadisch auftretende Bossgegner, die schon ein paar Sekunden vor ihrem Eintreffen Schrecken verbreiten: Dann ist ein schrilles Pfeifen zu hören und der Bildausschnitt wackelt.
Mit den meisten Big Daddys muss der Spieler sich nicht unbedingt anlegen - aber wer sie ignoriert, verzichtet auf einen Großteil der Upgrades für seinen Charakter. Denn nur, wer den Herrn Papa ausschaltet, kann sich dessen Little Sister ausleihen. Und sie zu einer Leiche bringen, wo das Mädchen mit einer riesigen Spritze die Droge Adam absaugt. Das dauert gut ein oder zwei Minuten, und währenddessen greifen auf Befehl von Lamb besonders viele Gegner an - da hilft es, wenn der Spieler den Kampfschauplatz mit Fallen und Selbstschussanlagen präpariert.
Grafisch macht Bioshock 2 einen gelungenen Eindruck. Zwar sehen die Gegner zu technisch veraltet aus, aber die Unterwasserstadt Rapture ist teils wunderschön dargestellt - voller liebevoller Details, mit schönen Lichteffekten und aufwendigen Texturen. An vielen Stellen tropft Wasser aus Verstrebungen, teilweise sind ganze Umgebungen unterspült, und an einigen Stellen ist der Spieler sogar im offenen Meer unterwegs. Auch wenn die verwendete Unreal Engine 3 sich mit Wasser etwas schwer tut, haben die Entwickler den Eindruck, dass es feucht und kalt zugeht. Klasse eingefangen: Wer sich unter einen Wasserfall stellt, sieht das Bild nur noch verschwommen, und auch in Schleusen ist der Effekt gelungen umgesetzt.
Neu ist ein gut gemachter Multiplayermodus. Spieler treten unter anderem in Conquest-, Deathmatch- und Capture-The-Flag-Varianten an. Es gibt verschiedene Klassen, außerdem dürfen die Teilnehmer Punkte sammeln und so nach und nach Extras freischalten.
Bioshock 2 ist ab dem 9. Februar 2010 für Playstation 3, Xbox 360 und Windows-PC erhältlich. Die Konsolenfassungen kosten jeweils rund 60 Euro, die PC-Version ist für 40 Euro zu haben. Auf Windows-PC benötigt das Programm mindestens einen AMD Athlon 64 3800+ 2.4Ghz oder einen Intel Pentium 4 530 3.0Ghz als Hauptprozessor, 2 GByte RAM als Arbeitsspeicher und rund 11 GByte auf der Festplatte. Als Grafikkarte wird eine Nvidia 7800GT oder eine ATI Radeon X1900 vorausgesetzt, die mindestens 256 MByte RAM haben müssen. Von der USK hat das Programm eine Freigabe ab 18 Jahren erhalten; die deutsche Version ist ungeschnitten.
Laut Hersteller verwendet die PC-Fassung von Bioshock 2 zur Überprüfung von Programm und Datum das Kopierschutzsystem Securom. Zusätzlich kommen Kopierschutzmaßnahmen von Games for Windows Live zum Einsatz: Nach 15 Installationen ist ein Anruf bei Microsoft nötig, um das Spiel erneut aktivieren zu können.
Fazit
Dass Bioshock 2 keine derartige Sensation wird wie der erste Teil, ist wenig überraschend - der steckte schließlich voller Innovationen und hat in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe gesetzt. Aber dass sich die neuen Abenteuer in Rapture über weite Strecken anfühlen wie eine sehr große Erweiterung, war so dann doch nicht abzusehen: Bioshock 2 fühlt sich an, sieht aus und spielt sich trotz Detailverbesserungen wie sein Vorgänger. Da mag die Umgebung noch so stilvoll und schön sein - neu oder aufregend wirkt das alles nicht. Die Handlung kommt sogar schwerfälliger in Gang als in Teil 1, der grundlegende Plot rund um Eleanor wirkt zu konstruiert, Sofia Lamb bleibt blass.
Auf der Habenseite verbucht das Programm vor allem sein erstklassiges Leveldesign, das zwar meist linear angelegt ist, aber trotzdem Abwechslung bietet. Vor allem aber schafft es auch Bioshock 2 über große Strecken, Spannung zu erzeugen. Der ein oder andere Kniff mag zwar schon bekannt sein - vorbeihuschende Schatten etwa dürften bei erfahrenen Bioshock-Spielern wohl kaum erneut Gänsehaut erzeugen. Trotzdem gibt es noch genug an subtilem Horror und packenden Momenten.



