Steinmeier plant Breitband AG aller Telekomkonzerne
SPD-Kandidat stellt heute Ideen zum Ausbau von schnellem Internet vor
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier will den deutschen Telekomkonzernen die Hoheit über ihre Netze nehmen. Der Politiker will die Unternehmen überzeugen, sich zu einer Breitband AG zusammenzuschließen. Das soll den Ausbau von schnellen Internetverbindungen beschleunigen.
Die Festnetzbetreiber könnten so gemeinsam die aufwendigen Breitbandnetze bauen. "Es ist der Versuch, alle Netzbetreiber in ein Boot zu holen, um den Ausbau voranzubringen", sagt Klaus Barthel, Telekommunikationsexperte der SPD im Bundestag, dem Handelsblatt. Bislang halten sich die Unternehmen mit dem von der Bundesregierung geforderten Ausbau zurück, weil sie die hohen Kosten und die unsichere Regulierung abschrecken.
Experten argumentieren, dass schnelle Internetverbindungen für eine Volkswirtschaft von großer Bedeutung sind, weil sie die Arbeitsproduktivität steigern. Steinmeier hatte Anfang des Monats im Rahmen seines Deutschlandplans eine Breitband AG vorgeschlagen. Heute will sein Generalsekretär Hubertus Heil die Details dazu bekanntgeben.
"Zentral ist, dass über eine kartellrechtlich abgesicherte Breitband AG Rechtssicherheit für Investitionen entstehen", sagt Barthel. Für den Marktführer Deutsche Telekom hätte das drastische Konsequenzen: Er bietet bereits einem Drittel aller Haushalte ein Turbonetz (VDSL) mit Geschwindigkeiten von bis zu 50 MBit/s an. Das ist ein Vielfaches der Geschwindigkeit, mit der die übrigen Deutschen surfen. Barthel geht davon aus, dass die Telekom diese schnellen Leitungen in die AG einbringen müsste. "Das ist aber keine Enteignung", bekräftigt er. Die Telekom würde entsprechend hohe Anteile an der AG erwerben und darüber am Gewinn beteiligt werden.
Hintergrund der SPD-Offensive ist der schleppende Ausbau von schnellen Webzugängen in Deutschland. Die Bundesregierung hat in ihrem Konjunkturprogramm gefordert, dass bis zum Jahr 2014 zwei Drittel aller Haushalte die Turboleitungen besitzen sollen. Als Anreiz für die nötigen Milliardeninvestitionen hat sie den Unternehmen eine "investitionsfreundliche Regulierung" in Aussicht gestellt.
Die Bundesnetzagentur hat Eckpunkte dazu erarbeitet. "Die werfen aber mehr Fragen auf als Antworten zu liefern", heißt es von Konzernen und der SPD. Die geforderten Investitionen sind bislang ausgeblieben.
Steinmeier geht noch einen Schritt weiter als die Bundesregierung und fordert bis zum Jahr 2020 Geschwindigkeiten von 50 bis 100 MBit/s. Der Grund für seine ehrgeizigen Pläne: Deutschland hinke im internationalen Vergleich mit schnellen Breitbandanschlüssen hinterher.
Unterstützung erhält er von der Unternehmensberatung Booz & Company. Sie kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Deutschland mit den bisher geplanten Investitionshilfen in der Breitbandstrategie "im internationalen Vergleich deutlich zu kurz springt".
Im europaweiten Vergleich der staatlichen Investitionsprogramme zum Breitbandausbau lande die Bundesrepublik nur im letzten Drittel. "Will Deutschland hier nicht den internationalen Anschluss verlieren, müssen der Staat und die Industrie jetzt beim Ausbau eines flächendeckenden Glasfasernetzes bis zum Endverbraucher an einem Strang ziehen", sagt Booz-Experte Roman Friedrich. Er schlägt unter anderem Steuererleichterungen vor, um die Nachfrage zu stimulieren.
Der SPD-Telekom-Experte Barthel erklärte, die AG müsse einen "verbindlichen Charakter für alle" haben. Dies sei auf freiwilliger Basis ein Problem, wie sich beim fehlenden Zustandekommen einer Netz AG im Energiesektor zeige. Auch da plant die SPD, alle Netze in eine Gesellschaft zu überführen. "Der Zusammenschluss der Breitbandnetze wird unter politischer Führung zustande kommen müssen, wenn man will, dass die Netze effektiv betrieben werden", sagte Barthel.
Telekom und Bundesnetzagentur wollten sich dazu nicht äußern. Die Telekom teilt sich den Ausbau in verschiedenen Regionen mit kleineren Wettbewerbern. Die Verhandlungen darüber, zu welchen Bedingungen Wettbewerber Telekom-Technik für ihren weiteren Netzausbau mitnutzen dürfen, sind jedoch gescheitert.
[von Daniel Delhaes und Sandra Louven / Handelsblatt]
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