Lawrence Lessig: "Wir machen unsere Kinder zu Terroristen"
Das Prinzip Remix
Zeit Online: Heißt das, wir sollen das Urheberrecht abschaffen?
Lessig: Nein, ganz und gar nicht. Das Urheberrecht muss in aller Härte Anwendung finden, wenn Profis das Werk von Profis kopieren. Aber wir müssen die starren Regeln für Hobbykünstler lockern, die Musik- und Filmschnipsel bekannter Künstler remixen ...
Zeit Online: ... also mit digitaler Technik ausschneiden und neu zusammensetzen, was zu einer Jugendkultur im Internet geworden ist, aber Urheberrechte verletzt.
Lessig: Beim Remixen bringen junge Leute ihre Kreativität zum Ausdruck, es ist eine Art der freien Meinungsäußerung. Damit schaden sie niemand, und deshalb sollte es uneingeschränkt erlaubt sein. Das gegenwärtige Rechtsmodell ist nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen es an das digitale Zeitalter anpassen. Die technische Entwicklung lässt sich nicht zurückdrehen. Schauen Sie sich die Tauschbörsen an. Die lassen sich nicht einfach verbannen. Selbst wenn eine aus dem Netz verschwindet, stehen an anderer Stelle drei neue bereit, um die Lücke zu schließen. Deswegen sollte man Tauschbörsen für den nicht-kommerziellen Gebrauch legalisieren und dafür sorgen, dass die Künstler und Kreativen angemessen entschädigt werden, etwa durch die Kulturflatrate.
Zeit Online: Aber bedeutet eine solche Flatrate nicht das Ende von kostenpflichtigen Musikangeboten im Internet?
Lessig: Nein, das glaube ich nicht. Kommerzielle Download-Dienste wie iTunes von Apple bieten erhebliche Vorteile gegenüber Tauschbörsen: eine bessere Auswahl und Verfügbarkeit, eine höhere Qualität und Geschwindigkeit. Außerdem entfällt das Risiko, sich schadhafte Software auf den Rechner zu laden.
Kopierschutz
Zeit Online: Die Musikindustrie lässt gerade den Kopierschutz auf breiter Front fallen und versucht mit alternativen Geschäftsmodellen wie werbefinanzierten Musik-Streams, unbegrenzten Downloads und neuartigen Abo-Diensten den Abwärtstrend der vergangenen Jahre zu stoppen. Findet hier ein Sinneswandel statt?
Lessig: Auf jeden Fall. Die Manager sehen mittlerweile ein, dass ihr bisheriges Geschäftsmodell, nämlich jede Kopie eines Titels einzeln abzurechnen, im 21. Jahrhundert nicht mehr funktioniert. Was wir stattdessen brauchen, ist ein Geschäftsmodell, das Konsumenten einen breiten Zugang zur Kultur im Internet ermöglicht. Das verhilft Künstlern, die bislang ein Nischendasein gefristet haben, zu mehr Bekanntheit. Das fördert die kulturelle Vielfalt und die Kreativität von jungen Menschen, die sich davon inspirieren lassen.
Zeit Online: Was glauben Sie, wie gehen wir in zehn Jahren mit dem Urheberrecht im Internet um?
Lessig: Ich glaube, dass es drei fundamentale Veränderungen geben wird. Erstens werden wir eine Art Kulturflatrate haben, die Künstler und Kreative für die Internetpiraterie entschädigt. Das Tauschen von Kulturgütern im Internet wird irgendwann legal sein. Zweitens wird der Amateurbereich vollständig dereguliert werden, also das nicht-kommerzielle Remixen von Werken uneingeschränkt erlaubt sein, ohne Urheberrechte zu verletzen. Und drittens müssen wir unbedingt die Effizienz des Urheberrechts erhöhen, das heißt, die Dauer des Urheberrechtsschutzes auf fünf oder zehn Jahre verkürzen. Das heißt nicht, dass der Schutz nach dieser Zeitspanne erlischt, nur müssten die Urheber dann ihre Werke erneut registrieren lassen. Das würde die Identifikation von Rechteinhabern sehr erleichtern. [Das Gespräch führten Götz Hamann und Kerstin Bund für Zeit Online]
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Steuern sind Sklaverei!
Bullshit. Heutzutage verdienen an Musik und Film zum allergrössten Teil die Verlage...
Nochmal: Mit der Kulturflat ist es nachvollziehbar, wohin Dein Geld geht. Bei der CD...
das is maln wirklich gut untermauertes argument - sogar mit ideologie-unterscheidung das...