Verfassungsgericht: Abfrage von Kreditkartendaten zulässig
Automatischer Abgleich stellt keine Rasterfahndung dar
Die Überprüfung von 22 Millionen deutschen Kreditkarten durch die Staatsanwaltschaft Halle im Jahr 2006 war rechtmäßig. Das Bundesverfassungsgericht nahm eine entsprechende Beschwerde wegen Eingriffs in die informationelle Selbstbestimmung nicht an und stellte klar, dass es sich dabei nicht um eine Rasterfahndung handelte.
Eine der größten deutschen Ermittlungen wegen des Besitzes von Kinderpornografie wurde Anfang 2007 unter dem Namen "Operation Mikado" bekannt. Die Täter hatten sich den Zugang zu dem illegalen Material über eine Webseite für 79,99 US-Dollar per Kreditkarte erkauft.
Die Staatsanwaltschaft Halle hatte darauf deutsche Herausgeber von Kreditkarten der Marken Visa und Mastercard um einen Abgleich von Daten gebeten. Dabei wurde nicht nur nach dem exakten Betrag gefragt, sondern auch der "Merchant-ID" des Betreibers der Webseite. Über diese ID rechnen kostenpflichtige Webseiten mit einem zentralen Inkassounternehmen ab. Überprüft wurden dabei insgesamt rund 22 Millionen Kreditkarten, bei 322 Inhabern der Karten wurde eine Übereinstimmung der Daten gefunden. Das Geld floss an eine Bank auf den Philippinen, so dass laut Verfassungsgericht Ermittlungen dort ungleich schwieriger gewesen wären als bei den Kreditkartenunternehmen selbst.
Gegen diese Methode hatten zwei Männer Antrag auf Verfassungsbeschwerde gestellt, den das Karlsruher Gericht nun ablehnte. Die Antragsteller sahen sich zum einen in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingeschränkt. Zum anderen vermuteten sie hinter dem Datenabgleich eine Rasterfahndung nach Paragraf 98a der Strafprozessordnung. Die Anwendung der Rasterfahndung aber war vom Verfassungsgericht erst 2006 für den Einsatz gegen eine "konkrete Gefahr" eingeschränkt worden.
Das Wesen einer Rasterfahndung sei aber, so das Gericht in seiner aktuellen Entscheidung, dass komplette Datensätze von mehreren Quellen den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Erst wenn diese dann aufgrund dieser Daten Abgleiche vornimmt, sei eine Rasterfahndung gegeben. Das sei aber im vorliegenden Fall nicht geschehen: Die Kreditkartendaten wurden bei den Finanzunternehmen durchsucht. Diese hatten nur die Datensätze an die Behörden übergeben, auf welche die beiden Suchkriterien zutrafen.
Da die Ermittler nie Zugriff auf die vollständigen Kreditkartendaten hatten, sieht das Verfassungsgericht auch keinen schweren Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung bei den Personen gegeben, die nicht für die Kinderpornoseite bezahlt hatten. Dieses Grundrecht sei zudem nur bei den tatsächlichen Tätern der Fall gewesen. Die Abfrage der Daten sei aber durch die Strafprozessordnung gedeckt, ein gesonderter Beschluss sei dafür nicht nötig gewesen.
Abschließend stellt das Verfassungsgericht in seiner Begründung fest: "In der Abwägung mit dem Zweck, Täter zu ermitteln, die sich den Besitz kinderpornografischer Schriften verschafft haben, ist das Gewicht des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, der mit der Abfrage der Kreditkartendaten verbunden war, geringer zu bewerten."
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