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Nichts für Erwachsene: Der Deutsche Computerspielpreis

Eine Auszeichung nur für kulturell und pädagogisch wertvolle Spiele. Die Juryarbeit für den Deutschen Computerspielpreis hat begonnen, Golem.de war dabei. Vor lauter politischer Korrektheit blieb dabei einiges auf der Strecke, auch wenn der Preis angesichts der Gewaltdebatte große Bedeutung hat.
/ Christian Klaß
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Zum ersten Mal wird am 31. März 2009 in München der Deutsche Computerspielpreis verliehen. Er wird von Branchenverbänden und dem Kulturstaatsminister getragen, ist mit 600.000 Euro dotiert und soll gute und schöne Spiele auszeichnen - "qualitativ hochwertige sowie kulturell und pädagogisch wertvolle" Spiele, lautet die offizielle Formulierung.

Gewalt- und Ballerspiele sowie andere politisch nicht korrekte Titel bleiben da naturgemäß außen vor. Dass diese Konzeption des Preises durchaus problematisch ist, konnte Golem.de als Mitglied der Vorauswahljury erleben.

Die Jury(öffnet im neuen Fenster) wurde von Politik und Spieleindustrieverbänden ausgewählt. Pädagogen, Psychologen, Wissenschaftler, Industrievertreter und Journalisten sitzen darin. Auch ein Gamer ist dabei, er bekam seinen Juryplatz nach eigenen Angaben durch ein Gewinnspiel von Computer Bild Spiele.

Pädagogischer Anspruch

Im Bundeskanzleramt ermahnten Kulturstaatsminister Bernd Neumann und Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), die versammelte Jury immer wieder, alle Spiele müssten daran gemessen werden, ob sie pädagogisch und kulturell wertvoll sind. Schließlich will der Deutsche Computerspielpreis ernst genommen werden. Mit Blick auf die Spielebranche merkte Ring an, der Preis ermögliche es, Verantwortung zu zeigen und aus der "Schmuddelecke" herauszukommen. Die anwesenden Vertreter der Verbände reagierten darauf mit steinernen Mienen oder gequältem Lächeln.

Mit seinem hohen pädagogischen Anspruch soll der Spielepreis offenbar weniger den Gamern selbst Orientierung bieten, sondern vielmehr Eltern, Lehrern und den Spielekritikern, die in unterhaltsamen Computerspielen generell eine Gefahr für Kinder, Jugendliche und die Gesellschaft sehen.

Auch soll der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, der den Preis in München verleiht, nicht in die peinliche Situation kommen, ein möglicherweise unpassendes Spiel loben zu müssen. Denn gerade aus Bayern gab es in der Vergangenheit wiederholt Forderungen nach dem Verbot gewalthaltiger Spiele. Soweit aufgrund der vorläufigen und deshalb noch inoffiziellen Nominierungen abzusehen ist, wird ein Eklat am 31. März aber ausbleiben.

Keine Chance für Spiele ab 18

Denn die politische Korrektheit hat zur Folge, dass Spiele für Erwachsene vom Deutschen Computerspielpreis nicht berücksichtigt werden. Und das, obwohl mindestens eine Generation von Bundesbürgern mit Computer- und Videospielen aufgewachsen ist, die auch im Erwachsenenalter weiter spielt. Die Möglichkeit, einer breiten Masse deutlich zu machen, dass es Computerspiele gibt, die grandios sein können, obwohl sie sich an Erwachsene richten, wird so verschenkt.

Zwei Spiele ab 18 Jahren wurden dennoch für den Computerspielpreis angemeldet. Grand Theft Auto 4 (GTA4) und Crysis Warhead wurden für den internationalen Preis eingereicht. Crytek ließ den Crysis-Nachfolger außerhalb Deutschlands entwickeln, reichte das Spiel wegen seiner in Deutschland entwickelten 3D-Engine aber zusätzlich im Bereich Innovation ein.

Abhängig von der Betrachtungsweise wird GTA4 in der Öffentlichkeit entweder als kultureller Meilenstein betrachtet oder als gewaltverursachendes Machwerk. Auch Crysis Warhead hat bei Spielekritikern einen schlechten Ruf. Es ist als Killerspiel verschrien, obwohl sich Gewaltgehalt und Geschehen nicht wesentlich von Actionfilmen im Kino unterscheiden. Dafür basiert der Ego-Shooter auf einer grafisch beeindruckenden 3D-Engine. Aussichten auf einen Preis haben diese beiden Spiele aufgrund der Rahmenbedingung allerdings nicht.

Eine Chance für deutsche Entwickler

Trotz aller Kritik ist der erste Deutsche Computerspielpreis ein Schritt, dem vergleichsweise jungen Medium Computer- und Videospiel auch einmal zu Anerkennung zu verhelfen und Deutschland seine vernachlässigten Spieleentwickler näher zu bringen. Die Bundesregierung plant sogar weitere Fördermöglichkeiten für Spieleentwicklung - die es in Frankreich, Großbritannien und Kanada allerdings schon längst gibt.

Von den 600.000 Euro Preisgeld, das zur Hälfte aus dem Kulturetat und aus der Spielebranche stammt, bekommt die beste deutsche Spieleentwicklung 150.000 Euro, innovative Spiele bekommen 75.000 Euro, der Rest verteilt sich auf die übrigen. Internationale Spiele dürfen sich im Falle eines Gewinns nur mit einem Titel schmücken. Alle Spiele, die sich beworben haben, müssen im Jahr 2008 in den Handel gekommen sein.

Die Verleihung findet im Wechsel in München und Berlin statt, München macht 2009 den Anfang. Verliehen wird der Preis in den Kategorien Innovation, Browsergame, Jugendspiel, Kinderspiel, Konzept Schülerwettbewerb, Konzept Studentenwettbewerb, mobiles Spiel, Serious Game und internationales Spiel. Das beste deutsche Spiel wird aus mehreren Preiskategorien ermittelt.


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