LHC: Erkennen, was die Welt zusammenhält
Grid
Während eines Experiments fallen jede Sekunde mehrere Gigabyte an Daten an. Im Jahr kommen so 15 Petabyte (15 Millionen Gigabyte) an Daten zusammen. Wollte man die auf CDs brennen, wäre der CD-Stapel ohne Hüllen 20 Kilometer hoch. Für die Analyse dieser Daten, etwa um die Zerfallsspuren der Higgs-Bosonen herauszufiltern, wären rund 100.000 aktuelle Prozessoren nötig. Das CERN-Rechenzentrum verfügt jedoch nur über ein Drittel davon. Statt die Kapazität vor Ort auszubauen, entschied man sich, die Rechenoperationen auszulagern. Mehrere zehntausend Computer auf der ganzen Welt werden die Daten aus den Teilchenkollisionen analysieren. Dazu hat das CERN zusammen mit der Europäischen Union eigens das "DataGrid-Projekt ins Leben gerufen.
Screenshot #10
Das Grid basiert auf einer hierarchischen Architektur mit vier Ebenen (Tier). Das CERN stellt dabei die unterste Ebene (Tier-0) dar, wo die Daten gespeichert und rekonstruiert werden. Von dort werden sie über eine 10-Gigabit-Verbindung an elf Tier-1-Zentren weitergeleitet, von denen eines das Grid Computing Centre in Karlsruhe (GridKa) ist. Dort findet ein Teil der Verarbeitung statt. Vor allem aber verteilen die Tier-1-Zentren Daten an mehr als 140 Tier-2-Zentren, Rechenzentren oder ihrerseits Grids, die Daten speichern und Rechenkapazität für einzelne Analysen bereitstellen. Diese Zentren stellen etwa die Hälfte der nötigen Rechenkapazität, um die Daten aus dem LHC zu verarbeiten. Die Tier-2-Zentren wiederum leiten ihre Daten an Instituts- (Tier-3) und Arbeitsplatzrechner (Tier-4) weiter. Die Organisation und Integration der Computer in das Netz übernimmt eine Middleware, die eigens dafür entwickelt wurde.
Neben den Forschern am LHC können auch Wissenschaftler anderer Disziplinen auf das Grid zurückgreifen, wie etwa Geowissenschaftler, die damit Satellitenaufnahmen der Atomsphäre auswerten.
|
Video: Der LHC-Rap der Wissenschaftsjournalistin Katherine McAlpine |
Internationale Kooperation
Auch wenn das Projekt am europäischen Kernforschungszentrum CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) in Genf angesiedelt ist, handelt es sich um ein internationales Projekt: Am LHC arbeiten 5.000 Wissenschaftler und Ingenieure aus mehr als 40 Ländern der Erde mit. Teilchenphysik sei eben "immer auch ein soziologisches Experiment", sagt DESY-Chef Heuer. "Die LHC-Experimente sind ein sehr schönes Experimentierfeld für zwischenmenschliche Beziehungen, für internationale Kollaborationen. Es sind ja alle Länder, die Teilchenphysik machen, am LHC beteiligt. Und diese Leute müssen Sie unter einen Hut bringen, sie müssen zusammen arbeiten. Das funktioniert wunderbar."
Kritik
Schwarzes Loch
Wie viele solcher Großprojekte hat auch dieses bereits Kritiker wie Otto Rössler auf den Plan gerufen: Sie befürchten, dass schwarze Löcher oder sogenannte seltsame Materie, die möglicherweise im LHC entstehen können, den Weltuntergang herbeiführen werden und wollen deshalb die Inbetriebnahme des Beschleunigers durch Klagen verhindern. Einen entsprechenden Eilantrag wies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jedoch Ende August 2008 ab.
Mehrere Gutachten entkräften diese Sicherheitsbedenken, die auch der designierte CERN-Chef für überzogen hält: "Sofern solche winzigen schwarzen Löcher erzeugt würden, hätten sie aufgrund ihrer geringen Masse nicht genügend Anziehungskraft, außerdem zerfielen sie sofort in Bruchteilen einer Sekunde. Im Universum, übrigens auch in der Erdatmosphäre, gibt es seit Milliarden Jahren Zusammenstöße von Teilchen weit höherer Energie und die Erde existiert immer noch", beruhigt Heuer.
Ein Aufsatz, der in der aktuellen Ausgabe des Journal of Physics G: Nuclear and Particle Physics erschienen ist, belegt noch einmal die Sicherheit des LHC. Darin kommen die Autoren, Wissenschaftler von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara, des CERN und vom Kernforschungsinstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften zu dem Schluss, dass keiner der Partikel, die möglicherweise im LHC entstehen, eine Gefahr darstellt. Ein Gremium von 20 unabhängigen Wissenschaftlern hat diese Erkenntnisse bestätigt. "Die LHC-Sicherheitsbewertung hat ergeben, dass der LHC wirklich sicher ist", versichert Jos Engelen, Chefwissenschaftler am LHC. "Sie hebt hervor, dass die Natur bereits das Gegenstück zu ungefähr 100.000 LHC-Versuchsprogrammen durchgeführt hat - und den Planet gibt es immer noch."
[Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Welt der Physik.]
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
LHC: Erkennen, was die Welt zusammenhält |
Wie war das mit den Gerüchten? Beim Fall in ein schwarzes Loch gibt es keinen Aufprall...
Du irrst dich. Solche Kollisionen wie im LHC kommen eher nicht in der Natur vor, dort...
" res", noch alles klar? Du solltest mit deinen Worten vorsichtig sein! Wenn ich deinen...
Ich frage mich, ob schwarze Löcher eines Tages Notebooks zu einer längeren Akkulaufzeit...