Internet Explorer - Standards machen Microsoft Probleme
Noch befindet sich der Internet Explorer 8 in der Entwicklung und es gibt wenig Handfestes zu den geplanten Neuerungen. In jedem Fall will Microsoft die Unterstützung von Webstandards ausbauen. So soll eine interne Testversion des Browsers bereits den Acid2-Test bestehen . Diese Fähigkeit hatte der Softwarekonzern bereits für den aktuellen Internet Explorer 7 angekündigt, es sich dann aber doch anders überlegt . Somit versagt der aktuelle Internet Explorer bei diesem Test.
Aber gleichwohl ist der Internet Explorer 7 einen Schritt nach vorne gegangen, wenn es um die Einhaltung von Browser-Standards geht. Mit der Entwicklung des Nachfolgers sollen diese Schritte fortgeführt werden. In einem aktuellen Blog-Beitrag(öffnet im neuen Fenster) beklagt Chris Wilson, der Platform Architect für den Internet Explorer bei Microsoft, indirekt die frühere Verweigerungshaltung Microsofts, wenn es um die Einhaltung von Browser-Standards geht. Vor allem andere Browser-Hersteller hatten Microsoft in den vergangenen Jahren immer wieder ermahnt, sich mit dem Internet Explorer an Webstandards zu halten.
Denn nun steht Microsoft vor dem Problem, mit der Rendering-Engine des Internet Explorer mehr Browser-Standards einhalten zu wollen, aber dadurch möglicherweise bisherige Internet-Explorer-Nutzer zu vergraulen. Denn nach Microsoft-Erkenntnis wurden viele Webseiten speziell an die Rendering Engine des Internet Explorer 6 angepasst, so dass diese Webseiten nicht ohne weiteres mit der kommenden Rendering-Engine klarkommen. Microsoft muss daher eine Art Kompatibilitätsmodus anbieten. Damit will der Konzern verhindern, dass vor allem Durchschnittsanwender Microsoft die Schuld für das Versagen des Internet Explorer zuschieben.
Tatsächlich liegt die Ursache des Problems darin, dass Webdesigner ihre Webseiten nur an den Internet Explorer und seine speziellen Techniken angepasst haben. Das bedeutet oftmals, dass sich solche Webseiten in anderen Browsern nicht fehlerfrei darstellen lassen. Dieses Problem bekommt nun auch der Internet Explorer 8 zu spüren, der bei der Standard-Einhaltung endlich mit der Konkurrenz gleichziehen will.
Um eine Lösung zu finden, haben sich die Microsoft-Entwickler mit dem Web-Standards-Project zusammengesetzt. In dem Artikel 'Beyond DOCTYPE: Web Standards, Forward Compatibility, and IE8'(öffnet im neuen Fenster) des Webentwickler-Magazins "A List Apart" wird die Lösung von Aaron Gustafson, Mitglied des Web Standards Project, genauer beschrieben:
Eigentlich sollte die Angabe des Dokumenttyps noch vor dem Header eines HTML-Dokuments alle Probleme aus der Welt schaffen. Je nach Dokumenttyp schaltet ein Browser in einen Quirks-Modus, bei dem unter anderem das CSS-Box-Modell anders interpretiert wird, oder in einen Standardmodus. Trifft Letzteres zu, stellt der Browser eine Webseite den Webstandards folgend dar - soweit die Theorie.
Zwei Probleme haben die Wirksamkeit der Dokumentendeklaration praktisch ausgehebelt: Zum einen wechselt der Internet Explorer in der Version 6 mit dem entsprechenden Dokumenttyp zwar korrekt in den Standardmodus, jedoch hat diese Version auch im Standardmodus teils extreme Defizite bei der Darstellung von Webseiten. Die Darstellungsprobleme gehen gar so weit, dass bestimmte CSS-Eigenschaften beim Internet Explorer 6 möglichst zu vermeiden sind. Der Browser kennt diese zwar, die Interpretation der Eigenschaften ist mit der anderer Browser aber kaum zu vergleichen.
Zum anderen neigen viele Werkzeuge für Webentwickler dazu, Dokumenttyp-Deklarationen in das HTML-Dokument einzubauen. In Verbindung mit der Rendering-Engine des Internet Explorer 6 haben sich Webentwickler darauf verlassen, dass die Darstellung endgültig wäre. Die Veröffentlichung des Internet Explorer 7 stellte wegen seiner Nähe zu Webstandards diese Seiten teilweise nicht mehr korrekt dar.
Mit dem Internet Explorer 8 stehen die Entwickler in Redmond also vor demselben Problem: Der Browser soll im Bereich der Darstellung zu anderen Browsern aufschließen, riskiert damit aber, noch mehr Seiten falsch anzuzeigen, die für den Internet Explorer 6 angepasst wurden. Aus der Kompatibilitätsfalle soll ein neues Metatag hinausführen:
Mit obigem Tag gibt eine Webseite dem Browser explizit an, den Standardmodus des Internet Explorer 8 zu nutzen. Des Weiteren sieht der Vorschlag vor, dass auch andere Browser dieses Tag nutzen. Statt 'Content"=IE=8"' könnte genauso 'content="IE=8;FF=3;OtherUA=4"' genutzt werden. Alte "Standard"-Webseiten rendert der Internet Explorer 8 vermutlich ähnlich wie der Internet Explorer 7 - möglichst nahe und kompatibel zum Internet Explorer 6 und inkompatibel zu bestehenden Webstandards.
Für den Webdesigner heißt das vermutlich, dass die eigenen Kreationen, die möglicherweise nicht für den Internet Explorer 6, sondern den Webstandards folgend geschrieben wurden, um das genannte Metatag ergänzt werden müssen. Nur so wird sichergestellt, dass der Internet Explorer 8 auch tatsächlich so rendert, wie es vom World Wide Web Consortium (W3C) vorgesehen wird.
Die Lösung hat jedoch einen entscheidenden Nachteil: Eventuell verlässt sich der Designer auf einen bestimmten Fehler, der dann für die Ewigkeit mitgezogen werden muss. So müssten zukünftige Browser etwa für 'IE=8'-Seiten eine kompatible Darstellungsmöglichkeit mit sich führen. Unklar erscheint vor allem, wie mit Fehlern seitens der Browserhersteller umgegangen werden soll. Soll der Webdsigner etwa ein 'IE=8.01' nutzen können? Oder welches Fehlerbeseitigen rechtfertigt einen eigenen "Kompatibilitätmodus" im Browser?
Am Ende könnten Browserhersteller das Nachsehen haben, die die Darstellung mehrerer alter Browserversionen mit sich ziehen müssen. Der Webdesigner kann bei der Lösung dafür hoffen, dass Browserhersteller auch in zukünftigen Versionen Fehler nicht unerwartet beseitigen, da die Darstellung von der Webseite festgelegt wurde. [von Andreas Sebayang und Ingo Pakalski]



