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Neuer Eigentümer will EMI umstrukturieren

Es drohen Stellenabbau und Künstlerrausschmiss. Guy Hands, der neue Eigentümer der Plattenfirma EMI, will das Unternehmen umstrukturieren. Wichtigste Maßnahmen sind ein Stellenabbau sowie die Kündigung von Verträgen mit Musikern. Ziel ist es, das Kreative wieder in den Vordergrund zu stellen. Einige Branchenkenner bezweifeln allerdings, dass Hands das Musikgeschäft versteht.
/ Werner Pluta
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Sollten sich die übereinstimmenden Berichte mehrerer englischer Zeitungen bewahrheiten, steht dem Musikriesen EMI ein Aderlass bevor. Guy Hands, Chef des Private-Equity-Unternehmens Terra Firma, will das Unternehmen neu strukturieren. Terra Firma hatte EMI im August 2007 für umgerechnet 4,2 Milliarden Euro übernommen.

Zu den Umbaumaßnahmen gehört eine Aufspaltung des Unternehmens in zwei Abteilungen - eine künstlerische Abteilung und in das Back Office - sowie der Abbau von 1.500 bis 2.000 Arbeitsplätzen. Derzeit hat EMI weltweit etwa 5.500 Mitarbeiter. Die meisten Stellen will Hands im Plattengeschäft einsparen, wo derzeit etwa 4.400 Angestellte arbeiten. Unangetastet hingegen bleibt der Musikverlag. Diese Sparte zeichnet für 70 Prozent der Gewinne von EMI verantwortlich.

Daneben will Hands das künstlerische Portfolio überprüfen. Er plant, die Verträge mit mehreren tausend der insgesamt 14.000 Musiker zu kündigen. Er wirft ihnen vor, zu wenig erfolgreich zu sein: Nur 15 Prozent der Musiker machten überhaupt Gewinn. Der größte Teil des Umsatzes des Unternehmens stamme von 200 der 14.000 Künstler. EMI gebe jedes Jahr umgerechnet knapp 33 Millionen Euro dafür aus, nicht verkaufte CDs einzustampfen. Zu den Künstlern, die bei EMI unter Vertrag sind, gehören unter anderem Robbie Williams, die Rolling Stones, Coldplay, Deep Purple und Kylie Minogue. Bekannte deutsche Künstler mit EMI-Verträgen sind Kraftwerk, Herbert Grönemeyer, Heino und Wir sind Helden.

Schließlich will Hands die Marketing-Ausgaben des Unternehmens senken. Danach sollen in Zukunft nur noch 12 statt bisher 20 Prozent der geplanten Verkaufserträge für Marketing bereitstehen. Hands glaubt, EMI gebe zu viel Geld für das Marketing von Künstlern aus, die bereits Verträge mit EMI haben, und zu wenig dafür, neue Künstler zu finden und zu verpflichten. Deshalb sollen auch die Talentsucher von den Entlassungen verschont bleiben.

Das Musikunternehmen habe, so der Eigentümer, den kreativen Prozess in Bürokratie begraben und dabei seine wahre Aufgabe aus den Augen verloren. Mit der Umstrukturierung will Hands EMI nun von einem Verwaltungsapparat zu einem schlanken und kundenorientierten Unternehmen umformen. Dazu gehört beispielsweise, sich vom Verkauf von Musik auf CDs zu verabschieden und stattdessen auf Formate zu setzen, die von den Kunden bevorzugt werden. Der Verkauf von CDs ist in den vergangen Jahren stark zurückgegangen, ohne dass das Geschäft mit Musik-Downloads aus dem Internet diesen Verlust ausgleicht. Laut Nielsen SoundScan fielen die Verkaufszahlen von kompletten Alben im Jahr 2007 in den USA um 15 Prozent.

Unter den EMI-Künstlern regt sich bereits seit einiger Zeit Widerstand gegen Hands. So verließ Paul McCartney das Label 2007 nach über 40 Jahren. Kürzlich kritisierte der Ex-Beatle in der englischen Tageszeitung The Times die EMI-Unternehmenskultur als "wirklich sehr langweilig" . Tim Clark, der Manager von Robbie Williams, warf Hands mehrfach vor, nichts vom Musikgeschäft zu verstehen. Nach Bekanntwerden der neuen Pläne erwägen Williams und Coldplay, die Veröffentlichung geplanter Alben zu verschieben. Beide gehören zu den Zugpferden der EMI.

EMI hatte sich 2007 als Erster der großen vier Musikunternehmen vom Kopierschutz für über das Internet verkaufte Musik verabschiedet und bietet von Anfang an beim Online-Musikgeschäft " Amazon MP3 " seine Songs an.


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