Zum Hauptinhalt Zur Navigation

Wikipedia 1,7 - Brockhaus 2,7

Das Online-Lexikon schlägt das klassische Vorbild. Erneut hat das Wissen der Massen die Spezialisten geschlagen: In einem Test, den der Stern in Auftrag gegeben hat, schnitt die Wikipedia deutlich besser ab als die Konkurrenz von Brockhaus. Überraschenderweise steht in dem Bürgerlexikon mehr Richtiges als im professionellen Nachschlagewerk. Dieses weist auch Mängel bei der Aktualität auf.
/ Werner Pluta
60 Kommentare News folgen (öffnet im neuen Fenster)

Ehrwürdiges Expertenwissen oder die Intelligenz der Netzgemeinde - seit die Wikipedia 2001 an den Start ging, wird heiß darüber diskutiert, was mehr Qualität schafft. Und natürlich wird die Qualität der Online-Enzyklopädie Wikipedia immer wieder sorgfältig mit der der klassischen Lexika verglichen. Dabei hat sich die Wikipedia bisher immer gut geschlagen. In einem neuen Test hat sie den Brockhaus sogar hinter sich gelassen.

Der "Wissenschaftliche Informationsdienst Köln" hat dazu im Auftrag des Hamburger Wochenmagazins Stern(öffnet im neuen Fenster) (Ausgabe vom 6. Dezember 2007) 50 zufällig ausgewählte Begriffe aus verschiedenen Wissensbereichen in der Wikipedia(öffnet im neuen Fenster) und in der Online-Ausgabe des 15-bändigen Brockhaus'(öffnet im neuen Fenster) nachgeschlagen.

Die Kölner Rechercheure überprüften dabei die Einträge auf Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität sowie Verständlichkeit und bewerteten sie mit Schulnoten. Das Ergebnis war eindeutig: Nur in 6 Fällen schnitt der Brockhaus besser ab. 43-mal punktete die Wikipedia, 1-mal bekamen beide die gleiche Note. Entsprechend deutlich fiel das Ergebnis aus: Die Wikipedia erreichte einen Notendurchschnitt von 1,7 und schnitt damit eine ganze Note besser ab als der Brockhaus mit einem Durchschnitt von 2,7.

Vor allem in der Kategorie Aktualität wies der Online-Brockhaus Mängel auf - und das, obwohl der Verlag beteuert, die Ausgaben werde "permanent aktualisiert" . Die Wikipedianer reagieren sehr schnell auf aktuelle Ereignisse: Als etwa Anfang 2004 Horst Köhler als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten genannt wurde, hatte er nach wenigen Stunden einen Eintrag in der Wikipedia. Von solchen Reaktionszeiten ist der Online-Brockhaus weit entfernt: So weilte der im September 2007 gestorbene Sänger Luciano Pavarotti beim Brockhaus noch drei Monate später unter den Lebenden. Die Schriftstellerin Doris Lessing, die im Oktober 2007 den Literaturnobelpreis erhielt, war im Brockhaus Anfang Dezember 2007 immer noch ungeehrt.

Überraschend hingegen waren die Ergebnisse in den Kategorien Richtigkeit und Verständlichkeit: So überflügelten die Wikipedianer die professionellen Lexikonredakteure in der Richtigkeit der Informationen. Dafür verstehen Letztere es, sich verständlicher auszudrücken. Die Tester fanden viele der Wikipedia-Einträge schlicht zu kompliziert.

Während die Wikipedia für die Nutzer kostenlos ist, verlangt Brockhaus 25,- Euro für den Abruf von 30 Artikeln aus der 15-bändigen Ausgabe. Das entspricht einem Preis von etwa 80 Cent pro Artikel.

Es war nicht der erste Vergleich der Online-Enzyklopädie mit einer der anerkannten Enzyklopädien oder Lexika. 2005 hatte die Wissenschaftsfachzeitschrift Nature die Wikipedia mit der Encyclopædia Britannica verglichen und nur geringe Qualitätsunterschiede festgestellt. Das Ergebnis hatte für große Empörung bei der Encyclopædia Britannica gesorgt. Im Sommer 2007 listete die Wikipedia genüsslich eine Reihe von Fehlern in der Encyclopædia Britannica auf, darunter einen falschen Geburtsnamen des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton.


Relevante Themen