Gericht: Herausgabe von Providerdaten unverhältnismäßig
An Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis stellt das Gesetz hohe Anforderungen: "Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von erheblicher Bedeutung [...] begangen [...] hat, darf angeordnet werden, dass diejenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, unverzüglich Auskunft über die [...] Telekommunikationsverbindungsdaten zu erteilen haben, soweit die Auskunft für die Untersuchung erforderlich ist." (§ 106g StPO).
Das Gericht sah in dem Tauschangebot der beiden Lieder jedoch keine "Straftat von erheblicher Bedeutung". Vielmehr handele sich um eine Tat, "die der Bagatellkriminalität zuzuordnen ist", weil "ein strafrechtlich relevanter materieller Schaden [...] nach dem Vorbringen der Anzeigeerstatter nicht eingetreten" sei. Das Gericht verweist zur Begründung dieser Einschätzung auf das Beispiel "eines Diebes, dem die Entwendung eines Kaugummis im Wert von 30 Cent angelastet wird". Dort sei es ja auch nicht gerechtfertigt, "eine Maßnahme gemäß §§ 100g, 100h StPO in Betracht zu ziehen" um des Diebes habhaft zu werden. Ob der durch das Tauschangebot angerichtete Schaden wesentlich größer sei, wie in dem Antrag der Staatsanwaltschaft behauptet, zieht das Gericht grundsätzlich in Zweifel. Es verweist auf eine vom Staatsanwalt selbst erwähnte Studie der Harvard-Universität von 2004, in der die Autoren zu dem Schluss kommen, dass "der Einfluss von Downloads auf Verkäufe [von Musik] statistisch gegen Null geht". Darüber hinaus erzielte der Täter "keinerlei finanzielle Vorteile", was in den Augen des Gerichts ebenfalls für die Geringfügigkeit der Tat spricht.
Darüber hinaus bezweifelt das Gericht die Vorsätzlichkeit der Urheberrechtsverletzung. Nach den Paragrafen 100g und 100h des Urheberrechtsgesetzes sind aber nur vorsätzlich begangene Urheberrechtsverletzungen strafbar. Es sei jedoch beim Filesharing "nicht oder in ganz seltenen Ausnahmefällen" nachweisbar, dass der Upload absichtlich erfolgt sei. Wie durch eine Studie des US-Patentamtes bekannt sei, enthielten viele Filesharing-Programme Funktionen "die einen Zwangsupload zur Folge haben, ohne dass der jeweilige Nutzer, der im vorliegenden Fall als Täter anzusprechen wäre, dies erkennen könne". Ohne Geständnis eines Täters sei aber "der Nachweis, er sei nicht auf die teils verborgenen und schwer entdeckbaren Redistributionsprogrammteile hereingefallen, kaum zu führen".
Schließlich berücksichtigt das Gericht die Motive der Rechteinhaber. Mit ihrem Vorgehen, in bundesweiten Massenanzeigen gegen Tauschbörsen zu erstatten, verfolgten die Rechteinhaber "ersichtlich den Zweck [...],den über die Ermittlungen festgestellten Anschlussinhaber später zivilrechtlich [...] auf Zahlungen hohen, meist unberechtigten Schadensersatzes in Anspruch zu nehmen". Dass zum Erreichen dieses Ziels das Strafrecht herhalten soll, wo der Gesetzgeber einen Auskunftsanspruch im Zivilrecht "bewusst versagt hat", berücksichtigt das Gericht ebenfalls und kommt unterm Strich zu der eindeutigen Entscheidung, dass "die von der Staatsanwaltschaft beantragte Ermittlungsmaßnahme wegen offensichtlicher Unverhältnismäßigkeit abzulehnen" ist.
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Herausgabe von Providerdaten unverhältnismäßig?? Ja, und dann frag ich mich ... und was...
Bist du zu blöde, meinen Text vernümnftig zu lesen? Worin befindet sich hier eine...
Ja, genau so ist es! Jeder kann die Protokolle verwenden, die er will, oder gar ein...
das meinte ich....
Ladendiebstähle werden häufig aufgrund Mangels öfentlichen Interesses einer Verfolgung...