Erste Tests: Lob und Tadel für Apples iPhone

Da der Touchscreen gleich mehrere Fingerdrücke gleichzeitig verarbeitet, sind andere Bedienkonzepte möglich, als es mit berührungsempfindlichen Geräten bisher möglich war. Die Multitouch-Technik hilft dabei, durch lange E-Mail-Listen, durch das Adressbuch oder Song-Übersichten zu scrollen. Das Vergrößern von Bildern geschieht mit zwei Fingern und auch die Soft-Tastatur kann mit zwei Fingern bedient werden. Dies erfordert aber wohl einige Übung.
Auch wenn die Eingabe mit der Soft-Tastatur mit Hilfe einer wörterbuchbasierten Wortvervollständigung recht komfortabel sein soll, wird bemängelt, dass keine Tastatur an dem Gerät vorhanden ist. Als äußerst lästig wurde empfunden, dass etwa Zeichen wie Punkt oder Komma nicht auf der Hauptebene der Soft-Tastatur zu finden sind, so dass dafür erst umständlich der Tastaturmodus gewechselt werden muss.
Mit Hilfe von Sensoren erkennt das iPhone, wie es gerade gehalten wird und richtet das Display automatisch passend aus. Je nach Position zeigt das Display die Inhalte also vertikal oder horizontal. Die SMS-Applikation zeigt Nachrichten in einer Thread-Ansicht, wie man es etwa von den Treo-Smartphones von Palm kennt. Leider kann das iPhone weder MMS versenden noch empfangen, worauf mancher wohl verzichten kann, vor allem wenn es darum geht, MMS über Netzgrenzen hinweg zu versenden. Kalender- sowie Adressbuch-Daten können mit Outlook und Entourage sowie iCal abgeglichen werden.
Wie bereits im Vorfeld durchgesickert ist, kann das iPhone Word-, Excel- und PDF-Dokumente anzeigen, sofern diese als E-Mail-Anhang auf das Gerät kommen. Eine Bearbeitung von Office-Dokumenten ist jedoch mit dem iPhone nicht möglich, wie es jedes aktuell am Markt befindliche Smartphone ohne Aufwand beherrscht. Der E-Mail-Client im iPhone unterstützt ansonsten POP3 sowie IMAP4 und kann HTML-E-Mails darstellen. Der Musik-Player im iPhone synchronisiert seine Dateien wohl ausschließlich mit der iTunes-Software. Das direkte Aufspielen von Musik über die USB-Schnittstelle ist nicht möglich und auch der iTunes-Shop kann nicht vom iPhone aus benutzt werden.
Besonders peinlich ist für Apple, dass es keine Möglichkeit gibt, Text in eine Zwischenablage zu packen und somit Informationen zwischen Applikationen oder Dokumenten auszutauschen. Will man etwa einen SMS-Text per E-Mail weiterleiten, muss dieser erst auf einem Stück Zettel abgeschrieben werden, um die Information dann in eine E-Mail zu packen. Ein effizienter Umgang mit digitalen Informationen sieht anders aus.
Keine Lorbeeren hat sich Apple damit verdient, dass es keine Suchfunktion gibt, um Informationen auf dem Gerät zu finden. In Ermangelung einer Tastatur oder eines sonst üblichen 5-Wege-Navigators gibt es auch keine Möglichkeit, schnell an den Anfang oder das Ende eines Dokuments zu gelangen. Leider hat sich auch die jüngst geäußerte Kritik am iPhone-Adressbuch bestätigt: Es gibt keine Möglichkeit, Kontakte durch Eingabe des Namens auszuwählen. Stattdessen muss immer wieder durch das gesamte Adressbuch, die Favoriten- oder Anrufliste gescrollt werden. Bei entsprechend umfangreichen Adressbüchern kann dies auf Dauer sehr lästig sein.
Zudem fehlt dem iPhone ein Instant Messenger und da es keine Möglichkeit gibt, vollwertige Applikationen auf das iPhone zu spielen, ist eine Nachrüstung hier nicht ohne weiteres möglich so dass einem derzeit - bei entsprechenden Komfort-Einbußen - nur die Nutzung entsprechender Online-Instant-Messenger bleibt, die im Browser ablaufen. Denkbar ist, dass entsprechende Widgets diese Funktionen später nachrüsten. Auch eine Java-Engine ist auf dem iPhone nicht zu finden. Ebenfalls vergeblich sucht man eine Sprachanwahl und mit der 2-Megapixel-Kamera können nur Fotos, aber keine Videos aufgenommen werden. Außerdem lassen sich Musikstücke nicht als Klingeltöne verwenden, was sicherlich den einen oder anderen Handy-Nutzer sehr stören wird. Alle bisherigen Testberichte kritisieren die fehlende Unterstützung von UMTS oder HSDPA, so dass der Datenverkehr überwiegend über das langsamere EDGE-Netz abgewickelt werden muss. Alle Tester sind sich einig, dass die WLAN-Funktion dafür keinen adäquaten Ersatz darstellt.
Ein Teil der geäußerten Kritik am iPhone macht deutlich, dass Apple seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. So fehlen einfach viele Funktionen, die für ein derart teures Mobiltelefon eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte. Hier zeigt sich, dass auch Apple erstmal lernen muss, wenn ein neuer Markt betreten wird. Dennoch beweist Apple mit manchen Entscheidungen auch Mut und setzt auf die Kunst des Weglassens. Apple hatte z.B. beim iPod durchaus ein gutes Gespür dafür, worauf die eigene Klientel verzichten konnte. Bleibt zu hoffen, dass Apple aus der Kritik lernt und entweder ein Update nachreicht oder die Kritikpunkte mit einer neuen Gerätegeneration ausräumt.
Für diesen Artikel wurden die Testberichte des Wall Street Journal(öffnet im neuen Fenster) , von USA Today(öffnet im neuen Fenster) , von der New York Times(öffnet im neuen Fenster) und von Newsweek(öffnet im neuen Fenster) herangezogen. Nach welchen Kriterien Apple Redaktionen vorab mit iPhone-Testmustern bestückt hat, ist nicht bekannt. Die bisher veröffentlichten Testberichte weisen als Besonderheit aber auf, dass diese nicht von den großen Technik-zentrierten US-Publikationen stammen.



