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Erste Tests: Lob und Tadel für Apples iPhone

Viel Lob für iPhone-Bedienung und das Multitouch-Display. Nachdem die AT&T-Tarife für das iPhone bekannt gegeben wurden, sind erste Tests zum Apple-Handy in den USA erschienen. Darin wird die neuartige Bedienung des iPhone gelobt und das Multitouch-Touchscreen erhält gute Noten im alltäglichen Umgang. Es gab aber auch Kritik an Apples erstem Mobiltelefon.
/ Ingo Pakalski
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In einem Punkt sind sich die Tests einig: Die grundsätzliche Bedienung des iPhone wird überschwenglich gelobt und soll einfach und zügig von der Hand gehen. Alle wesentlichen Funktionen werden über das Touchscreen gesteuert - auf die Beigabe eines sonst üblichen Stylus für Touchscreen-Geräte wurde hier verzichtet. Der iPhone-Touchscreen wird also immer nur mit den Fingern bedient und darauf bleiben laut Testberichten keine lästigen Fingerabdrücke zurück. Das Display-Glas soll besonders stabil sein, so dass keine Kratzer zurückbleiben können.

Da der Touchscreen gleich mehrere Fingerdrücke gleichzeitig verarbeitet, sind andere Bedienkonzepte möglich, als es mit berührungsempfindlichen Geräten bisher möglich war. Die Multitouch-Technik hilft dabei, durch lange E-Mail-Listen, durch das Adressbuch oder Song-Übersichten zu scrollen. Das Vergrößern von Bildern geschieht mit zwei Fingern und auch die Soft-Tastatur kann mit zwei Fingern bedient werden. Dies erfordert aber wohl einige Übung.

Auch wenn die Eingabe mit der Soft-Tastatur mit Hilfe einer wörterbuchbasierten Wortvervollständigung recht komfortabel sein soll, wird bemängelt, dass keine Tastatur an dem Gerät vorhanden ist. Als äußerst lästig wurde empfunden, dass etwa Zeichen wie Punkt oder Komma nicht auf der Hauptebene der Soft-Tastatur zu finden sind, so dass dafür erst umständlich der Tastaturmodus gewechselt werden muss.

Vor allem wird das Fehlen von Tasten zur Musiksteuerung sowie zum Anruf-Management vermisst. Da es lediglich einen Home-Knopf, einen Ein-Ausschalter sowie Lautstärketasten und eine Stummschaltfunktion am Gehäuserand gibt, erfordern viele Funktionsaufrufe am iPhone mehr Zeit als an anderen Mobiltelefonen oder Smartphones. So ist der Wechsel von Applikationen immer nur über das Display möglich. Es fehlt die Option, mit einem Tastendruck die Telefonapplikation, den Musik-Player, den Webbrowser, den E-Mail-Client oder den Kalender aufzurufen. Als Clou erlaubt die Anrufbeantworterfunktion im iPhone die optische Auswahl von Sprachnachrichten, die wie in einem E-Mail-Programm aufgelistet werden.

Mit Hilfe von Sensoren erkennt das iPhone, wie es gerade gehalten wird und richtet das Display automatisch passend aus. Je nach Position zeigt das Display die Inhalte also vertikal oder horizontal. Die SMS-Applikation zeigt Nachrichten in einer Thread-Ansicht, wie man es etwa von den Treo-Smartphones von Palm kennt. Leider kann das iPhone weder MMS versenden noch empfangen, worauf mancher wohl verzichten kann, vor allem wenn es darum geht, MMS über Netzgrenzen hinweg zu versenden. Kalender- sowie Adressbuch-Daten können mit Outlook und Entourage sowie iCal abgeglichen werden.

Viel Begeisterung konnte der Webbrowser im iPhone ernten, der allem Anschein nach ähnlich arbeitet wie Nokias Webbrowser in S60-Smartphones, der seinerseits auf Apples Webkit basiert. Eine Übersicht zeigt die komplette Webseite im Browser in einer Verkleinerung und der Nutzer kann dann gezielt bestimmte Bereiche größer darstellen, um die Inhalte lesen zu können. Die verkleinerte Übersicht sorgt dafür, dass die Struktur der Webseite auch auf einem kleinen Mobiltelefon-Display erhalten bleibt. Zudem kann Apples iPhone-Browser QuickTime-Videos abspielen. Die Wiedergabe von Flash-Videos oder Videos im Windows-Media-Format ist nicht möglich. Um dennoch YouTube-Filme auf das iPhone zu bringen, kooperiert Apple mit Google, wobei eine Auswahl von Videos iPhone-gerecht in H.264 kodiert wird.

Wie bereits im Vorfeld durchgesickert ist, kann das iPhone Word-, Excel- und PDF-Dokumente anzeigen, sofern diese als E-Mail-Anhang auf das Gerät kommen. Eine Bearbeitung von Office-Dokumenten ist jedoch mit dem iPhone nicht möglich, wie es jedes aktuell am Markt befindliche Smartphone ohne Aufwand beherrscht. Der E-Mail-Client im iPhone unterstützt ansonsten POP3 sowie IMAP4 und kann HTML-E-Mails darstellen. Der Musik-Player im iPhone synchronisiert seine Dateien wohl ausschließlich mit der iTunes-Software. Das direkte Aufspielen von Musik über die USB-Schnittstelle ist nicht möglich und auch der iTunes-Shop kann nicht vom iPhone aus benutzt werden.

Neben positiven Anmerkungen zum iPhone hagelt es aber auch Kritik, weil das Apple-Handy viele Dinge vermissen lässt, die für jedes Mittelklasse-Mobiltelefon selbstverständlich sind. Seit langem ist bekannt, dass sich der interne Speicher nicht mittels Speicherkarten aufstocken lässt und der Akku fest eingebaut ist, wie beim iPod, der dennoch zum Erfolgsmodell wurde. Im Falle eines Akkudefekts ist also kein einfacher Austausch möglich und die Akkulaufzeiten lassen sich auch nicht einfach durch einen Zweitakku verlängern. Die längeren Akkulaufzeiten des iPhone konnten in den Tests im Wesentlichen bestätigt werden.

Besonders peinlich ist für Apple, dass es keine Möglichkeit gibt, Text in eine Zwischenablage zu packen und somit Informationen zwischen Applikationen oder Dokumenten auszutauschen. Will man etwa einen SMS-Text per E-Mail weiterleiten, muss dieser erst auf einem Stück Zettel abgeschrieben werden, um die Information dann in eine E-Mail zu packen. Ein effizienter Umgang mit digitalen Informationen sieht anders aus.

Keine Lorbeeren hat sich Apple damit verdient, dass es keine Suchfunktion gibt, um Informationen auf dem Gerät zu finden. In Ermangelung einer Tastatur oder eines sonst üblichen 5-Wege-Navigators gibt es auch keine Möglichkeit, schnell an den Anfang oder das Ende eines Dokuments zu gelangen. Leider hat sich auch die jüngst geäußerte Kritik am iPhone-Adressbuch bestätigt: Es gibt keine Möglichkeit, Kontakte durch Eingabe des Namens auszuwählen. Stattdessen muss immer wieder durch das gesamte Adressbuch, die Favoriten- oder Anrufliste gescrollt werden. Bei entsprechend umfangreichen Adressbüchern kann dies auf Dauer sehr lästig sein.

Zudem fehlt dem iPhone ein Instant Messenger und da es keine Möglichkeit gibt, vollwertige Applikationen auf das iPhone zu spielen, ist eine Nachrüstung hier nicht ohne weiteres möglich so dass einem derzeit - bei entsprechenden Komfort-Einbußen - nur die Nutzung entsprechender Online-Instant-Messenger bleibt, die im Browser ablaufen. Denkbar ist, dass entsprechende Widgets diese Funktionen später nachrüsten. Auch eine Java-Engine ist auf dem iPhone nicht zu finden. Ebenfalls vergeblich sucht man eine Sprachanwahl und mit der 2-Megapixel-Kamera können nur Fotos, aber keine Videos aufgenommen werden. Außerdem lassen sich Musikstücke nicht als Klingeltöne verwenden, was sicherlich den einen oder anderen Handy-Nutzer sehr stören wird. Alle bisherigen Testberichte kritisieren die fehlende Unterstützung von UMTS oder HSDPA, so dass der Datenverkehr überwiegend über das langsamere EDGE-Netz abgewickelt werden muss. Alle Tester sind sich einig, dass die WLAN-Funktion dafür keinen adäquaten Ersatz darstellt.

Zur Ankündigung des iPhone hatte Apple versprochen, dass an dem Gerät ein normaler 3,5-mm-Klinkenanschluss zur Verfügung steht. Dieses Versprechen ist durch erste Tests wie eine Seifenblase geplatzt: Denn der Anschluss für kabelgebundene Kopfhörer ist proprietär, so dass ein Adapter erforderlich ist, um andere Kopf- oder Ohrhörer an dem iPhone betreiben zu können. Die Bluetooth-Funktion unterstützt kein A2DP, so dass Stereoton nicht drahtlos übermittelt werden kann. Aber auch das Übertragen von Dateien über Bluetooth ist mit dem iPhone nicht möglich.

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Video: WSJ-Journalist Walter Mossberg testet das iPhone

Ein Teil der geäußerten Kritik am iPhone macht deutlich, dass Apple seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. So fehlen einfach viele Funktionen, die für ein derart teures Mobiltelefon eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte. Hier zeigt sich, dass auch Apple erstmal lernen muss, wenn ein neuer Markt betreten wird. Dennoch beweist Apple mit manchen Entscheidungen auch Mut und setzt auf die Kunst des Weglassens. Apple hatte z.B. beim iPod durchaus ein gutes Gespür dafür, worauf die eigene Klientel verzichten konnte. Bleibt zu hoffen, dass Apple aus der Kritik lernt und entweder ein Update nachreicht oder die Kritikpunkte mit einer neuen Gerätegeneration ausräumt.

Für diesen Artikel wurden die Testberichte des Wall Street Journal(öffnet im neuen Fenster) , von USA Today(öffnet im neuen Fenster) , von der New York Times(öffnet im neuen Fenster) und von Newsweek(öffnet im neuen Fenster) herangezogen. Nach welchen Kriterien Apple Redaktionen vorab mit iPhone-Testmustern bestückt hat, ist nicht bekannt. Die bisher veröffentlichten Testberichte weisen als Besonderheit aber auf, dass diese nicht von den großen Technik-zentrierten US-Publikationen stammen.


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