Interview: Fedora bleibt freie Software

Max Spevack: In den letzten Jahren war eines der wichtigsten Ziele bei Fedora, einen Weg zu finden, damit sich jeder beteiligen kann und einfach etwas beitragen kann. Ganz egal ob es sich um Red-Hat-Angestellte, Open-Source-Entwickler anderer Firmen oder einfach Studenten und andere Freiwillige handelt. Wer auch immer Du bist - wir möchten jedem ermöglichen, an Fedora mitzuarbeiten.
Vor ein paar Jahren gab es daher das Fedora-Extras-Projekt und da dieses immer erfolgreicher wurde, haben wir auch gemerkt, dass dort sehr viel Energie und Enthusiasmus zu finden ist. Auch die Pakete waren teilweise von besserer Qualität als die in Fedora Core, also ist es doch absolut sinnvoll, beide Archive zu vereinen. Wir haben dafür ein externes Build-System geschaffen und die notwendigen Werkzeuge sind alle Open Source, so dass sie jeder verwenden kann. Wer will kann also den gesamten Prozess, den Fedora durchläuft, selbst für seine Distribution nutzen. Alles, was Fedora betrifft, soll nun nicht mehr bei Red Hat intern stattfinden.
Golem.de: Was hat der Endnutzer davon?
Spevack: Der Anwender kann beispielsweise eine angepasste Fedora-Variante erstellen, in der vielleicht unser Standard-Mailer durch einen anderen E-Mail-Client ersetzt ist. Oder aber eine Version mit PostgreSQL anstatt MySQL. Dazu wird es ein grafisches Programm geben, mit dem nur die gewünschten Pakete ausgewählt werden müssen und dann wird mit den Fedora-Build-Tools die eigene Distribution erstellt. Jeder kann also seine eigene Fedora-Variante bauen.
Außerdem können nun die Leute ein Paket betreuen, die dafür qualifiziert sind. Es gibt so viele Fedora-Entwickler, die sich für KDE interessieren und daran arbeiten. Wer an KDE arbeitet, aber nicht für Red Hat, kann nun etwa seine Patches leichter in die Distribution bekommen. Dies sollte die Qualität der Distribution insgesamt verbessern.
Golem.de: Und wie einfach wird es tatsächlich sein, seine eigene Fedora-Version zu kreieren?
Spevack: Es ist wirklich einfach, sogar ich habe es geschafft (lacht) - und ich habe die Kommandozeilen-Werkzeuge genutzt. Es wird jedoch ein grafischer Assistent von Community-Mitgliedern entwickelt, der sehr unserem Anaconda-Installer ähnelt. Man wählt also einfach aus, was man haben möchte und kann auch Pakete aus weiteren Repositorys aufnehmen. Es gibt ja Repositorys, die Pakete enthalten, die wir beispielsweise auf Grund von Patentproblemen nicht mitliefern. Diese lassen sich so auch integrieren. Zudem gibt es einfache Checkboxen, um etwa eine Live-CD oder ein Installationsmedium als Ergebnis zu bekommen.
Golem.de: Welche Probleme gab es denn durch die Zusammenlegung der Repositorys?
Spevack: Wir mussten vor allem viel Entwicklungsarbeit in die Infrastruktur stecken. Pungi heißt das Programm, das die RPMs zu einem ISO-Image zusammenpackt und es wurde extra geschrieben. Auch das Build-System brauchte Verbesserungen und entstand auf Basis des alten Build-Systems des Extras-Projekts. Gleichzeitig mussten wir aufpassen, da Fedora die Basis für Red Hat Enterprise Linux (RHEL) bildet und somit musste dafür gesorgt werden, dass Red Hat jederzeit ohne großen Aufwand eine Fedora-Version greifen und beispielsweise als Grundlage für RHEL 6 nutzen kann.
Golem.de: Erschwert die größere Community-Beteiligung Red Hat, das Projekt in die Richtung zu lenken, in die sich RHEL entwickeln soll?
Spevack: Nein, ich denke nicht. Fedora macht gute Arbeit und bedenkt bei Entscheidungen sowohl, was aus Red Hats als auch was aus Sicht der Community wichtig ist. Fedora 7 ist eine komplette Veröffentlichung, bei der im Prinzip alle neuen Funktionen unter Beteiligung der Community entstehen. Red Hat wollten, dass Core und Extras verschmelzen und alles extern verfügbar ist. Sie fragten uns auch nach einer Live-CD, die es ja vorher nicht von uns gab. Und eben auch das grafische Programm, um eigene Fedora-Varianten zu erstellen, von dem ich sprach, wurde komplett von der Community geschrieben.
Ein Großteil der Funktionen aus Fedora 7 stammt also aus der Community. Gleichzeitig gibt es jedoch neue Virtualisierungsfunktionen, die von Red Hat kamen. Fedora 8 wird unter anderem Arbeiten des Online Services Team von Red Hat enthalten, die Online-Funktionen und -Dienste in den Desktop integrieren. Fedora dient Red Hat wunderbar als Grundlage und erlaubt dennoch der Community, großen Einfluss auf Entscheidungen zu haben.
Golem.de: Das Support-Modell für Fedora wurde ebenfalls verändert...
Spevack: Ja, wir haben einen neuen Lebenszyklus eingeführt. Fedora 7 wird nun bis einen Monat nach Erscheinen von Fedora 9 unterstützt. Nutzer haben also zwei Versionen plus einen Monat Zeit...
Golem.de: Ist es einfach, Fedora so lange zu unterstützen oder muss Red Hat dafür neue Leute ins Boot holen?
Spevack: Es ist schon mehr Arbeit für alle Entwickler, denn die Pakete müssen nun länger betreut werden. Einen Teil dieser Arbeit wird Red Hat übernehmen, vielleicht einen großen Teil. Aber da wir die Repositorys zusammengelegt haben, können nun auch externe Entwickler diese Arbeit erledigen. Letztlich stammt die Idee vom Fedora-Legacy-Projekt , die Idee, eine Version durch die Community länger zu betreuen als es Red Hat tat. Alle können nun zusammenarbeiten, also wird hoffentlich nicht die ganze Arbeit bei Red Hat bleiben.
Golem.de: Sie sprachen schon Patentprobleme an, MP3-Unterstützung und Ähnliches gibt es in Fedora nicht. Arbeitet Fedora daran, dieses Problem zu lösen - Mono etwa wurde ja schon in Fedora 5 aufgenommen ? Gibt es Pläne, um Video-Codecs, proprietäre Treiber etc. zu integrieren?
Spevack: Wir nehmen nichts in Fedora auf, was nicht freie Software ist. Punkt. (lacht) MP3-Patente werden in den nächsten Jahren auslaufen und wenn unsere Anwälte uns sagen, wir können MP3-Unterstützung nun integrieren, werden wir dies tun. Für uns ist wichtiger, dass Nutzer solche Komponenten einfach von Drittanbietern nachinstallieren können. Dies war schon für Fedora 7 geplant, aber wir haben es nicht geschafft, also nehmen wir es uns erneut für Fedora 8 vor.
Aber es gibt eine Grenze, die ich nicht überschreiten möchte. Und das ist eben, etwas zu verbreiten, was nicht freie Software ist. Sicher, es ist Realität, dass Leute Feodra installieren und direkt ihre MP3s abspielen wollen. Wir müssen sie also darüber aufklären, warum MP3s schlecht sind und warum sie besser Ogg-Dateien nutzen. Aber sie sollen natürlich die Wahl haben und dies sollten wir ihnen ermöglichen. Zusammengefasst: Wir sollten es den Anwendern erleichtern, Codecs nachzuinstallieren, wir selbst werden jedoch auch weiterhin nur freie Software verbreiten.
Spevack: Ich kann darüber nicht konkret sprechen. Aber es gibt natürlich entsprechende Leute bei Red Hat, die sowohl RHEL als auch Fedora vorinstalliert auf Computer bringen wollen. Wenn es ein gutes Angebot für vorinstallierte Fedora-Systeme gibt, werden wir darauf eingehen. Aber es gibt bereits einzelne Händler, die Systeme mit Fedora verkaufen, zumindest in den USA. Natürlich, Dell ist ein großer Name, aber es ist eben nicht so, als könnte man nicht schon jetzt vorinstallierte Fedora-Maschinen bekommen.
Golem.de: Ist Linux mit der Dell-Ubuntu-Zusammenarbeit auf dem Desktop angekommen?
Golem.de: Ich hoffe es. Alles, was mehr Leute zu Linux bringt, ist gut. Wir werden sehen, was passiert und wie viele Systeme sie verkaufen. Insofern hoffe ich auch, dass Dell und Ubuntu ihre Zusammenarbeit transparent gestalten und ihre Zahlen veröffentlichen - auch wie viel sie verdient haben. Bisher wurden noch keine finanziellen Details veröffentlicht und das mag ich nicht, dafür bin ich zu sehr mit Open Source verbunden und mag Transparenz. Wir werden sehen, was in den nächsten sechs Monaten geschieht, aber ich hoffe, es läuft gut.
Golem.de: Zum Schluss noch einen kurzen Ausblick auf Fedora 8?
Spevack: Wir überlegen uns noch, was wir machen. Sicher aber werden die schon erwähnten Online-Dienste integriert, also unter anderem eine bessere Anbindung an unseren Mugshot-Dienst . Hoffentlich werden die ersten dieser Funktionen in unserer Entwicklerversion auftauchen, sobald Fedora 7 fertig ist. Auf unserer Wunschliste stehen zudem noch Sachen, die wir gerne für Fedora 7 gehabt hätten und uns nun für Fedora 8 vornehmen. Fedora 7 beinhaltet viele Änderungen - es wird gut und solide sein. So viel wie sich jedoch in dieser Version geändert hat, hat sich wohl zuvor noch nie getan. Fedora 8 sollte uns daher ermöglichen, weitere neue Funktionen zu integrieren, die dann auch ersichtlich sind, wie der Online-Desktop. Andererseits wird es wohl nicht so viele Neuerungen geben, sondern wir konzentrieren uns darauf, die mit Fedora 7 geschaffenen Grundlagen zu stabilisieren.
Am Donnerstag, dem 31. Mai 2007, hält Max Spevack auf dem LinuxTag 2007 in Berlin einen Vortrag(öffnet im neuen Fenster) über Fedora 7.



