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Sony: Blu-ray ist wie Betamax

... nur hofft man, diesmal nicht zu verlieren. Im Rahmen einer Sony-Veranstaltung in Salzburg wurden Händler und die Presse auf den in dieser Woche erfolgenden Europa-Start des möglichen DVD-Nachfolgers Blu-ray Disc eingestimmt - nicht ohne verzweifelt Stimmung gegen das Konkurrenzformat HD DVD zu machen. Sonys europäischer Pressesprecher Nicolas Babin erinnerte dann noch an Sonys gescheitertes Videokassettenformat Betamax - und verglich es unglücklicherweise mit der Blu-ray Disc.
/ Christian Klaß
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Was Babin damit meinte: Blu-ray Disc ist wie Betamax das bessere Format. Allerdings ist das 1975 eingeführte Videokassetten-Format Betamax letztlich daran gescheitert, dass es ein proprietäres Format blieb, an mangelnder Unterstützung durch Dritte scheiterte und letztlich dem von JVC ersonnenen, etwas später eingeführten VHS-Format unterlag. Mit der Blu-ray Disc will es Sony nun anders machen und aus seinen Fehlern gelernt haben. Auch seine MiniDisc, den MemoryStick und die UMD hat Sony bisher nicht als echte Standards durchsetzen können. Die Blu-ray soll aber nun dank mehr Partnern zum Industriestandard werden und die konkurrierende HD DVD abhängen.

Ein Teil der Präsentation fand in den Räumen von Sony DADC statt, deren Salzburger Presswerk für optische Medien neben CDs, DVDs und den bei der PlayStation Portable genutzten UMDs seit August 2006 auch Blu-ray-Filme ausspuckt. Zudem werden Spiele für die PlayStation 3 gefertigt, allerdings wegen deren Verspätung bisher nicht für Europa, sondern nur für andere Regionen. Bisher werden in Österreich nur einlagige Blu-ray-Disc-ROMs mit 25-GByte-Kapazität gefertigt, ab Anfang 2007 sollen auch doppellagige BD-ROMs (50 GByte) produziert werden. Nachdem die ersten Blu-ray-Filme von Sony nur im ineffizienten MPEG-2-Format komprimiert wurden, um nicht zu viel Neuland auf einmal zu vertreten, gibt es mit "Password: Swordfish" auch einen Film, den Sony per Microsofts VC-1-Codec platzsparender auf eine 25-GByte-BD-ROM-Scheibe gepackt hat.

Babin zufolge werden sowohl Händler als auch Kunden schnell sehen, dass die Blu-ray deutlich mehr Abspielgeräte und hochauflösende Spielfilme vorweisen kann als die HD DVD. Die genannten Zahlen klangen dann aber doch eher nach Zukunftsmusik als nach aktueller Realität, denn Samsungs Ende Oktober 2006 erscheinender Blu-ray-Player "BD-P1000" wird wohl noch einige Wochen das einzige Gerät bleiben und das Blu-ray-Filmangebot ist bis dato nicht merklich größer als das der HD-DVD-Fraktion.

Im Moment sieht es für den preissensitiven Kunden vielmehr so aus, dass die Blu-ray-Player erst ab deutlich über 1.000,- Euro zu haben sind. So listet Samsung den dank fehlender Ethernet-Schnittstelle nicht alle Blu-ray-Möglichkeiten nutzenden BD-P1000 für 1.299,- Euro, einige Händler wollen ihn ab dieser Woche für 1.099,- Euro liefern können. Panasonics für November 2006 angekündigter Blu-ray-Player "DMP-BD10" soll laut Hersteller-Preisempfehlung gar 1.499,- Euro kosten, im Handel ist er ab 1.299,- Euro mit unbekanntem Lieferstart gelistet. Sony selbst verschiebt sein eigenes Abspielgerät "BDP-S1" ständig - und die als vollwertiger Blu-ray-Player beworbene, deutlich günstigere Spielekonsole "PlayStation 3" wird in Europa erst ab März 2007 ausgeliefert.

Dass es bei der HD DVD dank Toshibas Einsteigergerät "HD-E1" ab Mitte November mit 599,- Euro losgehen wird, lässt Babin nicht gelten. Das Gerät würde lediglich eine reduzierte Ausgabe von 720p unterstützen, die 1080i werden nur beiläufig erwähnt und dann ganz unterschlagen. Ein Großteil der Kunden wird den Unterschied zwischen 1080p und 1080i vermutlich kaum mitbekommen, vor allem nicht auf einem HD-ready-Fernseher oder -Projektor mit einer Auflösung von unter 1.920 x 1.080 Bildpunkten ("Full HD" oder "True HD"). Erst ab Toshibas "HD-XE1" wird dann auch 1080p ausgegeben, laut Toshiba ab Dezember 2006 für 899,- Euro und somit ebenfalls preislich unter dem der Blu-ray-Konkurrenz.

Wer nicht viel ausgeben will und trotzdem auf eine HD-DVD-Ausgabe in voller Auflösung nicht verzichten will, kann sich auch Microsofts bereits seit einem Jahr erhältliche Xbox 360 besorgen und ab 24. November 2006 für rund 200,- Euro ein HD-DVD-Laufwerk inkl. Fernbedienung und King-Kong-Film als Zubehör kaufen. Allerdings hat Microsoft zu Gunsten der frühen Einführung und niedrigerer Kosten auf HDMI verzichtet, die 1080p-Ausgabe steht nur per VGA-Ausgang zur Verfügung. Per Komponentenkabel kann die Xbox 360 bei der HD-DVD-Wiedergabe maximal 1080i ausgeben, was laut Microsoft den Vorschriften der Filmindustrie zu verdanken sein soll.

Die von Sony in Salzburg präsentierte, lauffähige US-amerikanische PlayStation 3 hat diese Probleme nicht - sie verfügt über HDMI 1.3 und kann darüber 1080p auch in digitaler Qualität ausgeben. Das gilt mittlerweile sowohl für die günstige als auch die besser bestückte teurere PlayStation-3-Variante. Im Rahmen der Präsentation brauchte auch die PlayStation 3 schätzungsweise 15-20 Sekunden, um nach dem Zugriff auf den eingelegten Blu-ray-Film mit der Wiedergabe der nervigen Schwarzkopie-Warnungen und letztlich des Menüs zu beginnen. Die Betriebsgeräusche schienen sich dabei im erträglichen Rahmen zu halten, allerdings lässt es sich erst im ruhigeren Wohnzimmer wirklich einschätzen.

Auch wenn Sony sich und das Blu-ray-Konsortium schon jetzt als Gewinner sieht, der Kampf ist alles andere als entschieden. Die HD-DVD-Fraktion sieht sich ihrerseits im Vorteil, da sie die moderneren Codecs bereits sei Start einsetzt und die Abspielgeräte sowie die Medien und damit auch die Filme günstiger sein sollen. Letztlich wird vermutlich nach Verfügbarkeit von günstigen Kombi-Abspielgeräten in ein paar Jahren über den Preis und Verfügbarkeit von Filmen entschieden, wer das Rennen beim Kunden macht. Auch Sony geht davon aus, erst in 4 bis 5 Jahren von einem Massenmarkt sprechen zu können. Bis dahin wird die günstige DVD die Nase vorn haben.


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