Wohnzimmer-Rechner für hochaufgelöste Videos. Mit der Serie "Vaio XL200" hat Sony nun auch auf dem deutschen Markt seinen ersten Media-Center-PC vorgestellt, der Intels Viiv-Empfehlungen befolgt. Das Spitzenmodell der neuen Vaios kommt mit einem Blu-ray-Brenner und 500 GByte Festplattenkapazität im RAID-Verbund im Oktober 2006 in den Handel.
Getreu seinem komplizierten Namen heißt der größte Viiv-PC von Sony mit vollem Namen "VGX-XL202". Sony-intern wird die Baureihe der Einfachheit halber nur "XL" genannt, wobei die Nummer angehängt wird: XL-202 ist das Spitzenmodell, es hat derzeit nur einen kleinen Bruder namens XL-201.
Beide Geräte stecken in dem schon seit Oktober unter anderem in den USA zu habenden Gehäuse im HiFi-Format mit 43 Zentimetern Breite. Mit 40 Zentimetern Tiefe brauchen die Viiv-Rechner aber sehr viel Platz im Rack, die Höhe von knapp 13 Zentimetern entspricht einem besseren Receiver. Nach hinten, wo die Lüfter sitzen, sollte man zudem noch etwas Platz lassen. Hier hat sich Sony nach erstem Augenschein bei der Vorstellung in München ein geräuschminderndes Konzept ausgedacht: Das Netzteil wird bei der Entlüftung durch zwei Rotoren unterstützt, die an der gegenüberliegenden Seite sitzen und Luft von unten ansaugen. Im Stimmengewirr der Veranstaltung fiel der Rechner auch aus nächster Nähe nicht als laut auf.
Bedient wird der XL über eine Fernbedienung, die so gar nicht an das bei Sony immer auffallende Design erinnert - offenbar bestand Microsoft auf dem Standard-Layout des offiziellen Infrarot-Gebers für die Windows Media Center Edition 2005, mit welcher der XL auch arbeitet. Sonst dürfte er auch nicht das Viiv-Logo tragen, denn Intel schreibt dieses Betriebssystem vor. Eher konnte da die schlanke Funktastatur mit integriertem Touchpad und einigen Steuerungstasten für die Medienwiedergabe und einem kleinen Display zu Akkustand und Funkverbindung gefallen. Pfiffig: Auch die Lautstärke der am PC angeschlossenen Kopfhörer lässt sich über die Tastatur getrennt regeln, was beispielsweise bei Funkhörern sinnvoll ist.
Der Blu-ray-Brenner im XL-202 ist offenbar ein neues Modell, denn er arbeitet mit einem Slot-In-Mechanismus. Bisher hatte Sony lediglich ein Slimline-Laufwerk für sein Blu-ray-Notebook und ein Gerät zum Einbau in Desktop-PCs vorgestellt. Wie schnell der Brenner des neuen Viiv-Rechners BD-Rohlinge, DVDs und CDs beschreiben kann, gab Sony noch nicht an. Unterhalb des mittig angeordneten Laufwerks sitzt, wie bei anderen Unterhaltungselektronik-Geräten, eine Klappe, unter der sich die Front-Anschlüsse für Audio- und Videosignale verbergen. Dazu zählt auch ein IEEE-1394-Port (Firewire, bei Sony auch i.Link genannt), über den auch die HD-Kameras von Sony ihre Daten in den XL-202 befördern können. Die mitgelieferte Software "BD Discrecorder" kann daraus dann BD-Videos machen.
An der Rückseite des Rechners finden sich neben den üblichen Anschlüssen wie Gigabit-Ethernet und Stereo-Tonausgängen mit Cinch-Buchsen einige Überraschungen: Der neue Vaio hat offenbar keinen Mehrkanal-Decoder, immerhin steht ein S/PDIF-Ausgang bereit, um externe Surround-Anlagen zu befeuern. Zudem findet sich am XL-202 kein herkömmlicher analoger Video-Ausgang wie etwa eine SCART-Buchse. Ganz links, in unserem Bild neben der Zimmerantenne, ist jedoch ein HDMI-Anschluss angebracht. Zusätzlich gibt es noch einen analogen Komponentenausgang für HDTV. Mit dieser Ausstattung eignet sich der neue Vaio nur für HD-Ready-Geräte oder ältere Beamer mit Komponenteneingang. Sony empfiehlt, gleich auf ein "FullHD"-Display mit 1.920 x 1.080 Pixeln Auflösung zu setzen, und unterstreicht das - für einen Zuspieler ungewöhnlich - mit einem FullHD-Aufkleber an der Gerätefront.
Die PC-Innereien des neuen Rechners entsprechen Intels Normen für die Version 1.2 von Viiv. Allerdings hat Sony hier auch bei seinem Spitzenmodell unter den Media Centern gespart: Der Prozessor Core 2 Duo E6400 mit 2,13 GHz und 2 MByte L2-Cache zählt zur Einstiegsklasse unter Intels CPUs mit Core-Architektur, aktuell ist aber der P965-Chipsatz, der über 1 GByte DDR-2-SDRAM herrschen darf. Interne Grafik des Chipsatzes ist nicht nötig, Sony hat sie mit einer Grafikkarte auf Basis des besonders stromsparenden GeForce 7400 GTL mit 256 MByte Speicher umgangen. Für aktuellste Spiele reicht dessen Leistung nicht, aber Windows Vista und dessen Media-Center-Funktionen und das ein oder andere einfachere Spiel dürften damit noch gut laufen. WLAN beherrscht der neue Vaio nur nach 802.11 a/b/g mit theoretisch maximal 54 MBit/s, was für HD-Streaming kaum ausreicht. Eine externe Aufstell-Antenne für das WLAN liefert Sony mit.
Als Fernseh-Empfänger und Festplattenrekorder ist der XL-202 mit einem Hybrid-Tuner für DVB-T und analogen Kabelempfang - oder wo verfügbar noch analoges Antennenfernsehen - ausgestattet. Ob sich die beiden Tuner auch parallel nutzen lassen, um etwa ein Programm per DVB-T zu sehen und ein anderes aus dem Kabel aufzuzeichnen, ist noch nicht bekannt. Die so empfangenen Daten landen auf einem 500-GByte-RAID aus zwei SATA-Festplatten à 250 GByte. Das ergibt bei den geringen Datenraten von DVB-T Platz für hunderte Stunden Aufzeichnung. Digitaler Satellitenempfang, etwa gar noch in HD, ist für den XL-202 derzeit noch nicht vorgesehen. Hochauflösende Inhalte bekommt man somit auf sein für das Gerät fast zwingend nötiges HD-Display nur mit gekauften Blu-ray Discs. So ist der XL-202 nach außen ganz auf HD getrimmt, im Inneren steckt aber außer dem Laufwerk wenig Hochauflösendes. Auch die Abspielfunktion von Blu-ray Discs musste Sony der Media-Center-Edition von Windows XP noch durch eine zusätzliche Spezialausgabe von InterVideos WinDVD beibringen.
Angesichts dessen und der mittelklassigen PC-Hardware erscheint der Preis von 2.499,- Euro für den XL-202 deutlich überzogen. Deutlich günstiger, aber ganz ohne HDTV geht es mit dem Modell XL-201, das 1.499,- Euro kostet. Hier sind nur ein DVD-Brenner und eine 250-GByte-Festplatte vorhanden, und der Prozessor Core 2 Duo E6300 mit 2 MByte L2-Cache und 1,86 GHz ist noch eine Nummer kleiner. Der Rest der Ausstattung entspricht dem XL-202. Beide Modelle sind laut Sony ab dem 2. Oktober im Fachhandel verfügbar.