Anti-Terror-Datei: Verfassungsrechtliche Risiken?
Mit dem Gesetzentwurf werden Rechtsgrundlagen für eine gemeinsame Anti-Terror-Datei der deutschen Sicherheitsbehörden beim BKA und zu so genannten Projektdateien geschaffen. Hierzu sieht der Gesetzentwurf umfangreiche Datenkataloge sowie differenzierte Zugriffsrechte der beteiligten Stellen vor.
Von "schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Risiken" spricht in diesem Zusammenhang der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar. Erstmals würden damit gemeinsame Dateien von Polizeien und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder errichtet. Aber auch wenn eine Beschleunigung der informationellen Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus notwendig ist, so scheine es um so wichtiger, "dass auch in Zukunft die Trennung von polizeilicher Exekutivgewalt und nachrichtendienstlichen Informationssammlungen gewahrt bleibt" , so Schaar.
Der Gesetzentwurf gehe dabei über das verfassungsrechtlich Zulässige erheblich hinaus. Nach Meinung von Schaar dürfen in der Anti-Terror-Datei nur solche personenbezogene Daten gespeichert werden, die zur Identifizierung von Personen und für eine Gefährdungseinschätzung bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus geeignet und erforderlich sind. Tatsächlich enthalte der Gesetzentwurf jedoch einen recht umfangreichen Datenkatalog mit teilweise sensitiven Informationen, mahnt der Datenschützer: "Umso wichtiger wäre es, den Kreis der beteiligten Behörden im Hinblick auf das sensible Datenmaterial zu beschränken. Stattdessen ist vorgesehen, auch weiteren Polizeivollzugsbehörden auf unterer Ebene den Zugriff auf die Datei einzuräumen, was im Hinblick auf das Trennungsgebot sehr kritisch zu sehen ist."
Zudem würden in der Datei nicht nur terrorverdächtige Personen erfasst, sondern auch Kontaktpersonen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für ihre Verbindung zu Terrorverdächtigen sprechen. Diese relativ niedrige Erfassungsschwelle entspreche nicht der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, denn es sei nicht auszuschließen, dass auch Personen über das Umfeld des Terrorismus hinaus erfasst werden. "Die Speicherung unbeteiligter Personen muss aber in jedem Fall verhindert werden" , erklärt Peter Schaar.
Darüber hinaus sehe der Gesetzentwurf einen umfangreichen Katalog von Grunddaten und erweiterten Grunddaten vor, die durch die Aufnahme besonderer Bemerkungen, ergänzender Hinweise und Bewertungen in Freitextform zulässig ergänzt werden können. "Hiermit wird den Polizeibehörden unter Umständen der Zugriff auf weiche, d.h. nicht gesicherte, Informationen eröffnet, die als solche für ihre Aufgabenerfüllung weder geeignet noch erforderlich sind. Auch dies birgt ein erhebliches verfassungsrechtliches Risiko."
Schaar will darauf drängen, diese aus seiner Sicht kritischen Punkte im Verlauf der parlamentarischen Diskussion "auf ihre verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit kritisch zu überprüfen."



