Spieletest: Die Siedler II - Die nächste Generation?
Ubisoft mit originalgetreuer Neuauflage des PC-Klassikers. Wer den aktuellen Markt für PC-Games auf Grund beständiger Neuauflagen und kaum auffindbarer neuen Ideen ohnehin schon alles andere als spannend findet, müsste bei einem Spiel wie "Die Siedler II - Die nächste Generation" eigentlich verzweifeln; schließlich handelt es sich hierbei um nicht viel mehr als die Wiederauflage eines zehn Jahre alten Programms. Ubisoft und Blue Byte hatten allerdings nach eigenen Angaben gute Gründe, den Titel wiederzubeleben; ob die Spielerschaft diese Argumente nachvollziehen kann, muss aber zumindest angezweifelt werden.
Für zahlreiche Veteranen der Siedler-Reihe stellt Die Siedler II - das 1996 in die Läden kam - bis heute das eigentliche Highlight der Serie dar; das sehr einfach zugängliche und dennoch erstaunlich komplexe Gameplay wusste damals ebenso Maßstäbe zu setzen wie der knuddlige Wuselfaktor, der das gesamte Szenario ungemein lebendig erscheinen ließ. Und die Entwickler versuchten für die Neuauflage gar nicht erst, an den Qualitäten des Originals herumzuschrauben - das einstige Spielkonzept wurde nahezu 1:1 in die heutige Zeit transportiert.
Dem Spieler obliegt es somit erneut, in jeder Mission diverse Gebäude zu errichten, diese dann durch Straßen miteinander zu verbinden - und danach den eigenen Siedlern zuzuschauen, wie sie die Produktionsketten in Gang setzen. Eben diese Selbstständigkeit der kleinen Männchen ist auch heute wunderbar anzuschauen; es macht einfach Spaß, nach dem Errichten der Holzfällerhütte mit anzusehen, wie ein kleines Männchen mit einer Axt in den nächsten Wald zieht und dort anfängt, Bäume umzusäbeln. Natürlich müssen beim Planen des Dorfes diverse Dinge beachtet werden - etwa, dass die Wege zwischen Produktionsstätten und Lager nicht zu lang sind, die Mühlen dicht beim Bauernhof stehen oder eine Eisenschmelze nicht zu weit entfernt von der Mine errichtet wird.
Unwegsames Terrain lässt die Siedler nur schwer vorankommen, kann aber oft auch nicht ungenutzt brach liegen gelassen werden - bestimmte Rohstoffe gibt es nämlich wiederum nicht überall. Konflikte um Ressourcen (will man lieber mehr Werkzeuge oder mehr Waffen produzieren?) wollen gelöst sein, und irgendwann ist das eigene Areal dann auch erschöpft; dann müssen militärische Gebäude gebaut werden, die die Landesgrenzen immer weiter nach außen verschieben. Natürlich geht das auch nur so lange, bis das Areal eines anderen Volkes erreicht ist; dann entscheiden die Soldaten, die mit Bier, Geld und Waffen bei Laune gehalten werden, über die Aufteilung des Landes.
Für Siedler-Kenner dürfte das alles sattsam bekannt klingen - schließlich stellt es keinerlei Unterschied zum eigentlichen Klassiker dar. Und die vorhandenen Unterschiede müssen - mal abgesehen von der neuen, recht ansehnlichen und comicartigen 3D-Grafik - wirklich mit der Lupe gesucht werden: Es gibt ein paar neue Zoom- und Drehoptionen, per Zeitraffer kann das Tempo beschleunigt werden und beim Balancing wurden ebenfalls minimale Veränderungen vorgenommen. Zudem ist jetzt eine Mehrspieler-Option für bis zu sechs Spieler über LAN und Internet vorhanden.
Eine komplexe Kampagne oder ansehnliche Zwischensequenzen sucht man hingegen vergebens; weiterhin wird nur Mission an Mission gereiht, was anno 2006 nicht mehr unbedingt zeitgemäß wirkt und viel an Atmosphäre und Spannung vermissen lässt. Auch die Hintergrundmusik weckt zwar Erinnerungen, hätte aber durchaus mehr Variation vertragen; von fehlenden neuen Spielelementen ganz zu schweigen - angesichts der Tatsache, dass Ubisoft den Titel zum Vollpreis in die Läden bringt, hätten es durchaus ein paar Neuerungen mehr sein dürfen.
Die Siedler II - Die nächste Generation ist bereits im Handel erhältlich und kostet etwa 40,- Euro.
Fazit: Kein Zweifel: Die letzten Spiele in der Siedler-Reihe konnten Fans der ersten Stunde nicht mehr wirklich begeistern, viele wünschten sich das Wuselgefühl der Neunziger zurück. Trotzdem ist "Die Siedler II - Die nächste Generation" sicherlich alles andere als die perfekte Antwort auf diese Forderungen; schließlich wurde hier inhaltlich praktisch nichts geändert, und auch wenn viele Dinge wie die einfache Bedienbarkeit kombiniert mit der doch beachtlichen Spieltiefe weiterhin überzeugen, wirkt einiges an dem Titel heutzutage schlicht und ergreifend nicht mehr zeitgemäß. Und nur für eine neue Grafik-Engine noch mal den Vollpreis für einen Titel bezahlen, den es auf dem Grabbeltisch immer noch für ein paar Euro gibt, klingt nicht gerade nach einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.