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Heftige Kritik am Beschluss zur Anti-Terror-Datei

ULD: Anti-Terror-Datei ist aufwendig, uneffektiv und datenschutzwidrig. Der Beschluss der Innenminister-Konferenz (IMK) zur Anti-Terror-Datei stößt bei Datenschützern auf heftige Kritik: Von einem Kompromiss könne keine Rede sein, heißt es von Seiten des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD). In der Datei sollen neben Grunddaten, die der Identifizierung einer Person dienen, zahlreiche weitere Daten - dazu gehören Kommunikations-, Bank- und Reisedaten sowie Angaben zu Familie und Religion - aufgenommen werden und allgemein recherchierbar sein.
/ Jens Ihlenfeld
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Geplant ist die weitere Öffnung der Grunddatei für undefinierte Daten, wenn "nach pflichtgemäßem Ermessen der einstellenden Behörde darüber hinauseichende relevante Daten, wie bspw. eigene Einschätzungen und Bewertungen, abgebildet werden" . Die Sicherheitsbehörden sollen außerdem einer "Volltext-Speicherpflicht" unterworfen werden.

Die geplanten Zugriffsbeschränkungen würden dabei nicht dem Datenschutz, sondern "besonderen Geheimhaltungsgründen" dienen, also dem Quellenschutz bei verdeckten Ermittlungen. Zugriff auf die Daten erhalten das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, der Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst, die Landeskriminalämter, die Landesämter für Verfassungsschutz und Staatsschutzdienststellen der Länderpolizeien sowie in begründeten Fällen "weitere von den Ländern bestimmte Dienststellen" , machen die Datenschützer ihre Kritik deutlich.

"Der Beschluss kann nicht im Sinne der Terrorismusbekämpfung sein. Allein die Einspeicherung sämtlicher Vorfelderkenntnisse produziert einen Aufwand, der in keinem Verhältnis zum denkbaren Nutzen steht. Aus der Anti-Terror-Datei wird in Wirklichkeit ein gewaltiger elektronischer gemeinsamer Aktenbestand aller Behörden ohne qualifizierte Bewertung. Das Problem dieser Anti-Terror-Datei ist, dass nicht gesicherte Fakten, sondern Verdachtsangaben gespeichert werden. Diese Vorfelderkenntnisse betreffen oft Personen, die sich bislang nichts haben zu Schulden kommen lassen" , kritisiert Dr. Thilo Weichert, Leiter des ULD. Auf die angeschlossenen Behörden komme ein Informationswust zu, den zu bewerten sie ohne Rückfragen bei den Datenlieferanten nicht in der Lage seien.

Die zur Lagebeurteilung notwendigen Hintergrundinformationen müssten bei einer reinen Indexdatei zwangsläufig eingeholt werden. Bei der nun beschlossenen Datei würden dagegen Daten zwangsläufig unabhängig von ihrem Kontext genutzt werden, warnen Datenschützer Weichert. Er warnt davor, dass große Sicherheitsrisiken provoziert werden: "Wesentliche Gefahren werden nicht erkannt; unbeteiligte Kontaktpersonen drohen zu Terrorismusverdächtigen aufgeblasen zu werden."


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