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Interview: ATI baut weiter Chipsätze für Intel-Prozessoren

AMDs Chief Administrative Officer und ATIs Geschäftsführer im Gespräch. In München erklärten AMDs Chief Administrative Officer (CAO) Thomas McCoy und ATIs Europa-Chef Peter Edinger vor Journalisten ausführlich die Hintergründe des Zusammenschlusses ihrer Unternehmen. Während AMD bemüht war, seine offenen Plattformen herauszustellen und gegen Intel wetterte, bekräftigte ATI, auch in Zukunft Chipsätze und Grafikprozessoren für alle marktrelevanten Prozessoren herstellen zu wollen.
/ Nico Ernst
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Wie Peter Edinger nach der Veranstaltung gegenüber Golem.de angab, soll die gegenwärtige ATI-Roadmap, die auch neue Chipsets für Intel-Prozessoren vorsieht, voll und ganz erfüllt werden. Zuvor hatte die britische News-Site "The Inquirer" berichtet(öffnet im neuen Fenster) , Intel habe ATI die Lizenz für die Bus-Systeme seiner Prozessoren entzogen. Edinger wies dies zurück: ATI verfüge noch über die entsprechende Lizenz und derartige Berichte seien die "typische negative Strategie" einer bestimmten Quelle, die er nicht nennen wollte.

Zusammen mit AMDs Executive Vice President und Chief Administrative Officer Thomas McCoy erklärte ATIs Geschäftsführer für Europa dann, wie die bereits versprochene Integration von Grafikfunktionen in AMD-Prozessoren aussehen könnte - die Entwicklung stecke aber noch in den Kinderschuhen. Den beiden Managern zufolge plant AMD ein breites Angebot an verschiedenen Prozessoren, die auf den jeweiligen Einsatzzweck zugeschnitten sind. Dabei kann, wie dem nebenstehenden Bild zu entnehmen ist, entweder mehr Grafik- oder mehr Prozessor-Leistung im Vordergrund stehen.

Bei den CPU-Anteilen ist das mit mehreren Kernen bereits beschlossene Sache, bei den GPUs steht eine solche Lösung noch aus - dafür verbrauchen aktuelle Highend-Grafikchips schlicht zu viel Strom. Zur Verbindung der beiden Prozessorteile ist auch noch keine Entscheidung getroffen. Thomas McCoy schloss aber nicht aus, dass sie über einen internen HyperTransport-Bus realisiert werden könnte.

Derartige Chip-Designs brauchen typischerweise mehrere Jahre an Entwicklungszeit. Daher, so McCoy, fanden die ersten Gespräche mit ATI über eine Übernahme auch schon Anfang 2006 statt. Die Entscheidung sei erst gefällt worden, als die Produktplanungen sich als realistisch herausgestellt hätten. Wie bereits vorab vom Wall Street Journal berichtet worden war, fand die endgültige Einigung tatsächlich unmittelbar am Wochenende vor der Bekanntgabe der Übernahme statt.

Doch nicht nur die Entwicklungskapazitäten und das geistige Eigentum von ATI waren für AMD interessant. Wie McCoy erklärte, sollen die Marken wie "Radeon", "Avivo" oder "CrossFire" auch unter AMDs Führung erhalten bleiben. Ob der Name "ATI" aber in Zukunft noch eine Rolle spielt, sei noch nicht entschieden, erklärte der AMD-Manager.

In dieser Funktion ist McCoy auch Leiter aller rechtlichen Angelegenheiten von AMD. Daher nutzte er die Gelegenheit, den gegenüber Intel nach AMDs Sicht anderen "Plattform-Ansatz" deutlich herauszustellen. Als Beispiel nannte er immer wieder das Centrino-Konzept von Intel, das auf einer Marke, eben Centrino, aufbaut, die von Intel selbst massiv beworben wird. Mit dieser Marke dürfen sich aber nur Notebook-Hersteller schmücken, die Prozessor, Chipsatz und WLAN-Modul bei Intel einkaufen. "Unsere Kunden hassen Centrino!" , wetterte McCoy. Und weiter: "Intel verhielt sich absolut brutal, als es darum ging, Kunden von der Nutzung unserer Produkte abzuhalten."

PC-Hersteller würden lieber frei entscheiden, welche Komponenten sie verbauen. Wenn nun auch AMD in Zukunft von der ATI-Mannschaft entwickelte Chipsätze anbieten werde, sei das etwas anderes, meinte der AMD-Manager. Sein Unternehmen sei dafür bekannt, die Verbindungen der Chips untereinander stets offen zu dokumentieren und auch anderen eine Chance zu bieten. Das neue Motto lautet nach Angaben von McCoy: "Die Branche gegen Intel, nicht AMD gegen Intel." Dafür sieht sich AMD nun gut aufgestellt: "Alles was noch zu tun ist, ist das Monopol zu brechen" , schimpfte McCoy in Richtung Intel.

Dass sich AMD dabei übernehmen könnte, befürchtet er nicht. Der Halbleiterhersteller arbeite typischerweise mit 20 Prozent Fremdkapital, durch die Übernahme würde dieser Anteil in den nächsten beiden Quartalen auf 35 bis 36 Prozent anwachsen, danach sollen die 20 Prozent wieder erreicht werden. Wie bereits berichtet, zahlt AMD für ATI 4,2 Milliarden US-Dollar in bar, von denen 1,7 Milliarden durch neu aufgenommene Kredite finanziert werden sollen.

Ähnlich wie ATI macht sich AMD ebenfalls keine Sorgen um Patentstreitigkeiten durch die Übernahme. Laut Thomas McCoy läuft das traditionelle "Full Cross", also der gegenseitige Patentaustausch zwischen Intel und AMD, nach jeder Erneuerung zehn Jahre. So hatte AMD seinen Prozessoren auch SSE beibringen können, ebenso wie Intel die zu AMD kompatiblen - aber in ihrer Umsetzung selbst entwickelten - 64-Bit-Fähigkeiten der aktuellen CPUs. Beide Unternehmen hatten dieses Patentaustauschabkommen erst im Jahr 2001 erneuert.


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