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Spieletest: Scratches - Render-Adventure mit Grusel-Garantie

Horror-Adventure im doppelten Sinne des Wortes. Ein verlassenes altes Haus, ein Schriftsteller mit Schreibblockade und mysteriöse Todesfälle - dieses entfernt an Shining erinnernde Szenario klingt eigentlich wie eine optimale Grundlage für ein spannendes Adventure. Was die Entwickler von Nucleosys daraus gemacht haben, lässt den Spieler allerdings zwischen wohligen Schauern und unangenehmen Wutanfällen hin- und herschwanken.
/ Thorsten Wiesner
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Michael Arthate ist Autor berühmter Horrorromane, wird aber schon längere Zeit von Kreativitätsproblemen geplagt - ihm fällt einfach kein Stoff für einen neuen Bestseller ein. Als Inspirationshilfe soll da ein altes viktorianisches Gemäuer herhalten, das Arthate auf Grund eines Tipps von einem Freund kurzerhand kauft. Natürlich ist das betagte Haus aber deutlich geheimnisvoller als es zunächst erscheint: Diverse Mord- und Todesfälle sollen die altehrwürdigen Mauern schon gesehen haben. Spätestens beim ersten Betreten des Kellers, fragt man sich, ob der Immobilienmarkt an anderer Stelle nicht doch eine lohnendere Investition bereitgehalten hätte.

Scratches ist ein 2D-Render-Adventure der alten Schule - nicht selten fühlt man sich in die 90er-Jahre zurückversetzt. Man klickt sich von Bild zu Bild und kann die Areale in einer 360-Grad-Drehung betrachten. Insgesamt sind die Szenerien aber recht leblos - Animationen gibt es praktisch keine. Per Maus sucht man die Räume nach nützlichen Gegenständen ab, kombiniert sie an bestimmten Stellen und ruft das Inventar auf, was leider von Zeit zu Zeit etwas umständlich ist. Hinzu kommt, dass die Entwickler es dem Spieler nicht gerade leicht machen, sondern einige extrem unfaire Stellen eingebaut haben. Ohne zu viel zu verraten: Wer einmal ewig erfolglos nach Kerzen gesucht hat oder an Schlüsselrätseln verzweifelt ist, wird Scratches inbrünstig verfluchen.

Darüber hinaus stören nervige Suchaktionen, bei denen man akribisch dunkle Zimmer nach nützlichen Gegenständen absuchen muss, sowie die Tatsache, dass viele Lösungen immer erst dann funktionieren, wenn vorher etwa ein bestimmtes Bild betrachtet oder ein klärendes Telefongespräch geführt wurde; was zunächst falsch erscheint, kann also durchaus richtig sein, nur dass die Entwickler einem die Lösung noch nicht erlauben.

Wenn Scratches trotzdem über weite Strecken begeistern kann, liegt das an der tollen Atmosphäre, die vor allem der grandiosen Soundkulisse zu verdanken ist. Während die Sprachausgabe so selten zum Einsatz kommt, dass man sich die deutsche Stimme von Johnny Depp auch gut hätte sparen können, sind seltsame Knarz- und Scheppergeräusche, vermeintliche Stimmen, Geflüster und erschreckendes Geklirre wirklich perfekt vertont. Der subtile Horror, der Scratches auszeichnet, sorgt auch bei abgebrühten Adventure-Fans mit Sicherheit für einige Schockmomente.

Scratches ist bereits im Handel erhältlich und kostet etwa 25,- Euro. Der PC-Titel hat eine USK-Freigabe ab 16 Jahren.

Fazit:
Scratches ist eine recht unausgegorene Angelegenheit geworden: Eine altbackene Präsentation und zahlreiche äußerst unfaire und eigentlich nur mit Komplettlösung zu schaffende Rätsel prallen auf eine wirklich tolle Atmosphäre mit zahlreichen großartig inszenierten Gruselmomenten. Trotz des günstigen Preises darf man somit eigentlich nur Adventure-Profis halbwegs zum Kauf raten; Einsteiger werden zu schnell verzweifeln und nie zu den wirklich erlebenswerten Stellen vordringen.


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