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Spieletest: World of Warcraft - Blizzard fegt Konkurrenz weg

Leicht verständliches, hübsches Online-Rollenspiel weiß zu unterhalten. Mit World of Warcraft (WoW) hat Blizzard auf einen Schlag die alteingesessene Online-Rollenspiel-Konkurrenz und auch Sonys neues EverQuest 2 mit besonders rasanten Verkaufszahlen übertrumpft. Am vergangenen Freitag, dem 11. Februar 2005, startete das PC- und Mac-Spiel in lokalisierter Version auch in Europa - allem Anschein nach ebenfalls mit großem Erfolg.
/ Christian Klaß
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In der Nacht zum 11. Februar 2005 gingen die europäischen WoW-Server nach einem längeren Betatest online. War am Freitagmorgen noch wenig los, wuchsen die Spielerzahlen im Laufe des Tages deutlich an und am Wochenende war auch auf den deutschsprachigen Servern ordentlich etwas los - teilweise so viel, dass Warteschlangen erduldet werden mussten. Kein Wunder: Alleine Amazon.de will am Vortag 30.000 Vorbestellungen ausgeliefert haben. Wie viele Pakete in Europa bzw. Deutschland bisher ausgeliefert wurden, gab Blizzard noch nicht bekannt, freute sich aber über das rege Interesse.

Nach einer langwierigen Installation von vier CDs, der - teilweise auf Grund des Spieleransturms deaktivierten - Anmeldung bei Blizzard und dem Download eines ersten 40-MByte-Patches per Blizzard-eigenen Bittorrent-Client kann das Spiel betreten werden. Anfangs schlägt einem das Spiel einen Server in der gewünschten Sprache vor, man muss jedoch die Vorschläge nicht annehmen, wenn man etwa mit Freunden zusammen auf dem gleichen Server spielen will. Man kann gleichzeitig mehrere Charaktere auf verschiedenen Servern haben.

Spieler haben die Möglichkeit, sich für Spieler-gegen-Spieler-Server (PvP), Spieler-gegen-Computergegner-Server (PvE) und Rollenspiel-Server zu entscheiden. Nur bei Spieler-gegen-Spieler-Servern wird man im Land der gegnerischen Fraktion zum Freiwild, während bei den anderen auch das Feindesland durchstreift werden kann und man nur angegriffen werden darf, nachdem man Nichtspieler-Charaktere attackierte. Rollenspiel-Server verlangen Fantasy-konforme Namen und ein rollengerechtes Verhalten.

Die teils recht hohen Ping-Zeiten und teils überlastete oder ausgefallene Server nervten zwar einige Spieler, doch in Anbetracht des zum Start sehr großen Interesses und des vermutlich in einigen Wochen abflauenden ersten Ansturms kann der Produktstart durchaus als einigermaßen glatt bezeichnet werden. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht.

Zum Spiel selbst lässt sich sagen, dass die Charaktererschaffung in WoW sehr einfach gehalten ist: Man entscheidet sich für eines der Völker der aus den War-Craft-Strategiespielen bekannten Fraktionen "Allianz" (Gnome, Menschen, Nachtelfen oder Zwerge) und "Horde" (Orcs, Trolle, Untote oder Tauren) sowie eine weibliche oder männliche Spielfigur. Schließlich muss noch eine der Charakterklassen (Druide, Jäger, Magier, Paladin, Priester, Schamane, Schurke oder Hexenmeister) gewählt werden. Das Aussehen der Charaktere lässt sich ausreichend fein ändern - per Knopfdruck auch zufällig.

Einsteiger kommen mit der Steuerung von Warcraft schnell zurecht, auch das Chat-System ist gelungen und regt zu Diskussionen unter Spielern an. Generell scheint mehr als bei vielen anderen Spielen kommuniziert zu werden. Die vom Spieler zu meisternden Aufgaben sind in der Regel so formuliert, dass man mit genauerem Lesen und Betrachtung der In-Game-Landkarte schnell zum Ziel kommt und neue Regionen kennen lernt. Man rennt in der Regel in WoW nicht ziellos durch die Gegend, so dass WoW vor allem für Anfänger allzu frustrierende Spielerlebnisse vermeidet - sieht man einmal von Regionen mit teilweise zu vielen Spielern und zu wenigen Gegnern ab.

Der eigene Charakter wird mit Maus und Tastatur durch die Gegend gesteuert, auf eine Zeigen-und-Klicken-Steuerung hat Blizzard zum Glück verzichtet. Kampf- und Handwerksfertigkeiten sowie Magie werden ebenfalls per Mausklick auf die üblichen Symbolleisten bzw. durch Tastenkürzel aufgerufen. Einige müssen erst wieder "aufladen", bevor sie erneut genutzt werden können. Gleiches gilt für einige Gegenstände, so kann man nicht einfach eine Bandage nach der anderen anlegen, sondern muss erst warten. Ausruhen direkt im Kampfgebiet ist auch nicht ratsam: Setzt sich der Charakter hin, um sich etwa durch Nahrungsaufnahme zu erholen, so ist er verwundbarer - erholt man sich in einer Kneipe oder einem Dorf, gibt es für die nächsten Minuten einen Bonus.

Stirbt man einmal durch zu fiese Gegner und findet keinen Spieler, der einen wiederbelebt, gilt es von einem nahe gelegenen Friedhof als Geist durch die gespenstisch grau eingefärbte Landschaft wieder zur eigenen Leiche zurückzustapfen und wird dann nach Bestätigung wiederbelebt. Alternativ kann auch der Körper durch einen Geistheiler zur Seele geholt werden, was aber die Ausrüstung in Mitleidenschaft zieht. Eine restlos defekte Ausrüstung verschwindet in WoW übrigens nicht einfach, sondern verliert einfach ihren Nutzen, bis sie repariert wurde.

Spieler können bis zu zwei handwerkliche Berufe wählen - von Alchemie über die Schneiderei bis hin zu Verzauberkunst. Ein Umlernen ist jederzeit möglich, allerdings verfallen damit auch die erlernten Fertigkeiten einer beendeten Berufsklasse. Zusätzlich können die Hobbys Angeln und Kochkunst erlernt werden - mit Letzterem lässt sich heilsame Nahrung fabrizieren. Selbst hergestellte Produkte können einerseits selbst genutzt und andererseits an Mitspieler verkauft werden, direkt und über ein Auktionshaus.

Grafisch erinnert WoW stark an Warcraft, auch der Comic-Stil wurde beibehalten und haucht der Welt seinen Charme ein. Zwar mögen im Vergleich zu EverQuest 2 nicht so viele Effekte genutzt werden, doch die mal helle und mal düstere Welt, die sie bevölkernden verschiedenen Kreaturen und die jeweiligen Texturen wirken sehr hübsch und machen WoW durchaus zu einem Grafik-Highlight.

Zudem kreucht und fleucht so einiges durch die belebt wirkende Gegend, das es zu jagen oder im Falle des Jägers auch zu bändigen gilt - vom Hasen bis zum Alligator. Die gut gelungenen Sound-Effekte tragen zur Atmosphäre bei. Das Besondere sind aber die nahtlosen Übergänge zwischen verschiedenen Bereichen, man kann zu Fuß, mittels Reittier oder fliegendem Greif ohne spürbaren Zonenwechsel reisen.

Die Hardware-Voraussetzungen von WoW sind recht gering, empfohlen werden Systeme ab Pentium 4 mit 1,5 GHz oder Athlon XP 1500+, mit 512 MByte RAM und eine 64-MByte-Grafikkarte der unteren DirectX-9-Mittelklasse wie z.B. eine GeForceFX 5700. Golem.de testete das Spiel sowohl auf einem Centrino-Notebook mit Mobility Radeon 9600 als auch auf einem schnellen Pentium-4-System mit Radeon X800 XT PE in mittleren bis hohen Qualitätseinstellungen bei 1.024 x 768 Bildpunkten und konnte keine Ruckler feststellen.

Das ins Deutsche übersetzte World of Warcraft ist in Europa für Windows und MacOS für rund 45,- Euro bzw. in der stückzahlenbegrenzten "Collector's Edition" (In-Game-Haustier, Making-of-DVD, Bildband, Stoffkarte usw.) für 70,- Euro seit 11. Februar 2005 erhältlich. Nach dem üblichen Freimonat kann man sich - so man denn weiterspielen will - zwischen drei Abonnements entscheiden: Das einmonatige Abo kostet 12,99 Euro pro Monat, das dreimonatige Abo 11,99 Euro pro Monat und das sechsmonatige Abo 10,99 Euro monatlich.

Die monatlichen Gebühren für World of Warcraft können mit den üblichen Kreditkarten, per Lastschriftverfahren oder ab 4. März 2005 mit einer über den Handel angebotenen Prepaid Game Card bezahlt werden (Stückpreis 27,- Euro, Geltungsdauer 60 Tage). Leider ist es ohne sofortige Entscheidung für eines der Bezahlverfahren, also ohne Angabe der Zahlungsweise, bisher nicht möglich, während des Freimonats ins Spiel zu kommen - selbst bei den Prepaid-Karten muss deren Nummer angegeben werden.

Fazit:
World of Warcraft darf sich - trotz einiger noch zu behebender Einstiegsmacken - zurecht zu den wenigen wirklich guten Online-Rollenspielen zählen, zumal es das Genre massentauglicher und spaßiger macht. Selbst der Chef von Sony Online Entertainment (SOE), John Smedley, zeigte sich(öffnet im neuen Fenster) von Blizzards EverQuest-2-Konkurrenten begeistert - nicht nur weil ihm zufolge durch WoW der US-Markt für Online-Rollenspiele um 250.000 auf nunmehr 2 Millionen Kunden anwuchs und dadurch alle profitieren. Allerdings muss Blizzard nun zeigen, ob World of Warcraft die Kundschaft auch langfristig wird binden können - dazu müssen etwaige Kundendienst-, Netzwerk- und Spielbalance-Probleme gelöst sowie ständig neue Inhalte hinzugefügt werden. Bisher hat Blizzard in dieser Hinsicht noch keine großen Ankündigungen gemacht.


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