Interview: Eben Moglen über die Zukunft der GPL (Teil 1)

Moglen: Microsofts Geschäftsmodell ist nicht überlebensfähig

Eben Moglen ist Professor für Recht und Rechtsgeschichte an der Columbia Law School in New York und unter anderem als Justiziar für die Free Software Foundation tätig. Golem.de sprach am Rande der Konferenz Wizards of OS 3 mit Moglen über die Zukunft der GNU General Public License (GPL), Microsoft sowie die Gefahren, die durch Trusted Computing und Softwarepatente für freie Software drohen. Moglens Ansichten über freie Netze, seine Forderung zur Freigabe des Frequenz-Spektrums, SCOs Feldzug gegen Linux und die Zukunft des US-Urheberrechts folgen im zweiten Teil unseres Interviews, der am Freitag, den 18. Juni 2004, erschienen ist.

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Eben Moglen
Eben Moglen
Golem.de: In Ihrer Rede vor Harvard-Studenten im Februar sprachen Sie über etwas, das Schumpeter als "schöpferische Zerstörung" bezeichnet hat. Schumpeter argumentiert, dass dieses sicherstellt, dass Monopole, mit Ausnahme natürlicher Monopole, nur vorübergehende Erscheinungen sind. Denken Sie, dass das Microsoft-Monopol nur eine Episode in der Geschichte ist oder könnte es mit Hilfe von Trusted Computing zu einem natürlichen Monopol werden?

Eben Moglen: Ich glaube, dass die Idee natürlicher Monopole alles andere als bewiesen ist und ich denke nicht dass es möglich ist, ein natürliches Monopol auf Basis von Informationstechnologie zu errichten. Und ich denke sicherlich nicht, dass Microsoft dies erreicht hat. Die Lösung, wie sie richtig andeuten, ist, dass es sich klar um eine Situation handelt, die vorübergehen wird. Der Grund dafür, dass es sich nur um eine vorübergehende Situation handelt, begründet sich meiner Meinung nach in freier Software, also der Existenz einer kostengünstigeren Art, qualitativ bessere Güter herzustellen.

Nun ist die Tatsache, dass in einem freien Markt das Monopol wieder verschwinden wird, nicht hinrechend dafür, dass es das auch tun wird, denn es gab nie einen freien Markt. Aber ausschließlich private Rechte werden das Monopol nicht am Leben erhalten. Auch "Trusted Computing" wäre nicht genug oder wenn Intel Microsoft wieder vollständig unterstützen würde. Um das Monopol dauerhaft zu erhalten, müsste eine grundsätzliche Annahme politisch und ökonomisch wahr sein: Software müsste ein Produkt sein.

Aber Software wird im 21. Jahrhundert kein Produkt sein, sie wird ein Dienst sein. Microsoft versucht, eine politische Ökonomie zu erhalten, in der Software ein Produkt ist, Hardware ein Produkt ist und man diese beiden Produkte kombiniert, um ein System zu erhalten, das wiederum ein Produkt ist. Aber so funktioniert das nicht. IBM sieht das, Hewlett-Packard sieht das und sogar Sun Microsystems sieht das. Die Freie-Software-Bewegung steht für die Idee, dass Software ein Dienst ist, der gemeinschaftlich einem anderen im Tausch geleistet wird. Andere IT-Organisationen, wie diejenigen, die ich gerade erwähnt habe, möchten glauben, dass Software ein Dienst ist, den man verkaufen kann. Wir koexistieren mit diesen und reduzieren die Kosten, um das anzubieten, was sie anbieten wollen. Daher tolerieren sie und unterstützen sie ein wachsendes System, das Software als eine öffentliche Dienstleistung betrachtet - gemeinschaftlich verwaltet und gepflegt. Sie hoffen, einige proprietäre Dienste zu ergänzen, die sie mit einem Gewinn verkaufen können. Wir glauben, dieses Modell hat Überlebenschancen. Und wir denken, dass das von Microsoft inspirierte "Software-als-Produkt-Modell" nicht überleben kann. Hieraus resultiert nach unserer Meinung das kollektiv-zerstörerische Geschäft.

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gerd 19. Jun 2004

Moglen spricht mit der deutschen Regierung über die GPL 3? So ein Quatsch. Der Mann ist...

fishy_joe's 18. Jun 2004

Arminius 18. Jun 2004

Sehr aggressiv, der Herr. Entscheiden wird der Kunde, wenn ich als Nicht-ITler, sondern...

Ossietzky 17. Jun 2004

Ach Torg, genauu das meint Ralf ja: Es müsste auch einen Übergang der SW Patente in die...



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