Warnung vor Risiken biometrischer Ausweisdokumente
Als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage seit dem 11. September 2001 werden weltweit die biometrische Ausrüstung von Ausweisdokumenten und entsprechende biometriegestützte Kontrollen an Grenzübergängen diskutiert und in Pilotprojekten auch bereits vorbereitet. Laut TAB wird von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt damit der Einstieg in eine globale biometriegestützte Sicherheitsinfrastruktur vorbereitet. Die USA seien dabei ein wesentlicher Treiber der Entwicklung: Bereits seit Anfang 2004 werden Einreisende biometrisch erfasst, der neue Zeitplan sehe sogar vor, dass man von allen Einreisenden bis Oktober 2006 digitale Reisedokumente mit Biometrie verlangt.
Aber auch die EU ist laut TAB mittlerweile bei der Entwicklung und Umsetzung einer abgestimmten Strategie bei biometrischen Ausweisdokumenten weit vorangeschritten. Es liegen einigungsfähige Vorschläge für Visa, Aufenthaltstitel für Nicht-EU-Bürger und Pässe für EU-Bürger vor. Zudem gebe es den festen Willen, innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre schrittweise neue Ausweisdokumente und biometriegestützte Ausweiskontrollen einzuführen. Da die EU in diesem Bereich die Gesetzgebungskompetenzen hat, wird sich das auch auf deutsche Staatsbürger auswirken.
Tests und Pilotprojekte zeigen, dass mittlerweile die biometrischen Identifikationstechnologien recht weit ausgereift sind. Dies gilt vor allem für Technologien, die mit den biometrischen Merkmalen des Fingers, des Gesichtes und der Iris arbeiten. Ihre grundsätzliche Eignung für Zwecke der Echtheitsprüfung von Ausweisen und der Identitätsprüfung der Ausweisinhaber kann mittlerweile als gesichert gelten. Gleichwohl sind für die TAB auch zukünftige Verbesserungen notwendig, vor allem um die Treffsicherheit bei der Überprüfung von Reisenden und Dokumenten weiter zu erhöhen. Nachdem sich die USA, die EU und die Internationale Zivilluftfahrtsorganisation der UN, die ICAO, mittlerweile auf Gesicht und Finger festgelegt haben, könnte die besonders leistungsfähige, aber technisch aufwendige Iris-Technologie nun ins Hintertreffen geraten.
Bereits Ende 2001 hat der Deutsche Bundestag die gesetzliche Möglichkeit für die Nutzung der Biometrie im Pass- und Personalausweiswesen geschaffen. In einem Ausführungsgesetz müssten danach nicht nur das zu erfassende Merkmal, sondern auch die Modalitäten von Verschlüsselung, Speicherung und ihrer weiteren Nutzung der biometrischen Informationen festgelegt werden. Entschieden werden muss, ob eine völlig neue Generation digitaler Personalausweise geschaffen wird. Diese könnten dann gleichzeitig als Türöffner für E-Commerce und E-Government genutzt werden; Perspektiven, die natürlich Datenschützer auf den Plan rufen.
Zu klären sind zudem aber laut TAB auch die Implementierung in bestehende Verfahren der Ausweisproduktion und -ausgabe sowie die Höhe der damit verbundenen Kosten. Auch hierzu liefert der TAB-Bericht erste Schätzungen, die je nach Option zwischen weniger als 10 Millionen und über 600 Millionen Euro pro Jahr betragen.
Die TAB-Wissenschaftler streben nun eine öffentliche Diskussion über die Fragen an, welches Mehr an Sicherheit oder sonstige Nutzen biometrische Ausweisdokumente bringen und wie viel die Gesellschaft bereit ist, dafür zu investieren. "Neben die bisherigen Bemühungen um technische Praktikabilität sollten nunmehr verstärkte Anstrengungen treten, die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz zu klären" , betont Dr. Thomas Petermann vom TAB. Der Deutsche Bundestag wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Mit dem Bericht des TAB will man eine wichtige Grundlage geliefert haben; die am 26. Mai 2004 stattfindende Präsentation des Berichts in einer öffentlichen Ausschusssitzung sei der erste Schritt in die öffentliche Arena.



