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Far Cry, Doom 3 und Co. auf dem PC-Handheld

x86-Handhelds als Konkurrenz zum Spiele-Notebook? Die noch jungen Unternehmen SL Interphase und Ministry of Mobile Affairs (MoMA) hoffen, mit ihren PC-basierten und auf der Spielemesse E3 präsentierten Spiele-Handhelds eine Marktlücke entdeckt zu haben. Ihr Traum ist es, mit ihren Geräten Windows-PC-Spiele mobil zu machen, die Wiedergabe aller möglichen Multimedia-Daten zu erlauben und damit etablierte Spiele-Handhelds alt aussehen zu lassen.
/ Christian Klaß
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Das vom MIT-Absolventen und Hacking-the-X-Box-Autor Andrew "bunnie" Huang geleitete Start-up MoMA setzt auf die mobile Unterhaltungs-PC-Plattform Grace von VIA Technologies. Entsprechend findet sich in der "Eve Mobile Gaming Console" ein 533-MHz-VIA-Eden-N-Prozessor. Das Mainboard basiert auf einem VIA-Chipsatz CN400 mit 200-MHz-UniChrome-Pro-Onboard-Grafik, bietet MPEG-2- und MPEG-4-Beschleunigung sowie einen 5.1-Kanal-Raumklang-Chip. Die Grafikausgabe erfolgt auf einem 4-Zoll-VGA-LCD mit Auflösungen bis 640 x 480 Bildpunkten.

Neben 128 MByte DDR266-SDRAM als Hauptspeicher bietet die Eve Mobile Gaming Console auch eine 20-GByte-1,8-Zoll-Festplatte zur Speicherung von Spielen, Videos und Musik. Bei den Multimedia-Daten soll alles von MP3 bis DivX unterstützt werden, da auf Windows-Codecs zurückgegriffen wird. Als Betriebssystem kommt Windows XP Embedded zum Einsatz, das weniger Ressourcen als die herkömmlichen XP-Versionen benötigt und zu diesen dennoch weitgehend kompatibel sein soll.

Zu den Schnittstellen zählen neben integriertem 11-Mbps-WLAN (IEEE 802.11b) auch ein CompactFlash-Slot (Typ II), zwei USB-2.0-Anschlüsse und ein TV-Ausgang. Videos und Spiele lassen sich somit auch am Fernseher spielen, die Stromversorgung des PC-Handhelds kann dann ein Netzteil erledigen. Damit auch PC-Anwendungen wie Web-Browsing und E-Mail möglich sind, lassen sich Maus und Tastatur per USB anschließen. Unterwegs sorgen zwei auch während des Betriebs auswechselbare Lithium-Ionen-Akkus für die nötige Stromzufuhr.

Zwar sollen sich Standard-PC-Spiele auf der Eve Mobile Gaming Console spielen lassen, diese lassen sich aber nur gegen Bezahlung vom MoMA-Partner GameDweller(öffnet im neuen Fenster) herunterladen. Eine Nutzung der eigenen Spielesammlung ist demnach nicht möglich. Die in der VIA-CPU integrierte AES-Verschlüsselungseinheit soll in Verbindung mit einer SIM-Karte helfen, Raubkopien von heruntergeladenen Inhalten zu verhindern und Gebühren für Online-Spiele sicher abzurechnen. Spiele werden entweder per WLAN über das Heimnetz oder per USB-2.0-Verbindung vom PC auf die Eve-Festplatte übertragen.

Für das Design der Eve Mobile Gaming Console zeichnet Meyerhoffer Studios verantwortlich, die bereits für Apple, Porsche, Ericsson und Nike arbeiteten. Im Gegensatz zu aggressiv aussehenden Spielhallen-Designs soll man sich mit dem Eve-Design in der Öffentlichkeit nicht schämen müssen, wenn man mal beim Spielen erwischt wird, so Designer Thomas Meyerhoffer. Auch wenn es auf den Bildern nicht zu sehen ist: MoMA wirbt dafür, dass sich der Controller auswechseln und auch ganz vom Hauptgerät (Display, CPU, Festplatte) trennen lässt, das sich so auch als kompakteres Multimedia-Wiedergabegerät eignet.

Hardcore-PC-Spieler, denen die nicht sonderlich leistungsfähig klingende Eve-Technik höchstens ein müdes Lächeln entringen dürfte, will sich SL Interphase als Kunden angeln. Deren PC-Handheld Rogue soll auch für Spiele wie Far Cry, Doom 3 und Half Life 2 geeignet sein - dafür bringt sie neben einem 10,4-Zoll-XGA-TFT-LCD-Touchscreen (1.024 x 768 Pixel) einen Pentium-M-Prozessor, bis zu 2 GByte RAM, eine austauschbare 80-GByte-2,5-Zoll-Festplatte und ein DVD-/CD-RW-Notebook-Laufwerk (am oberen Gehäuserand) mit sich. Zur Grafik sagt der Hersteller zwar nicht viel, diese soll aber austauschbar sein, so dass auf schnelle Radeon- und GeForce-Module zu hoffen ist.

Zur Steuerung des Rogue dienen nicht nur ein Stift für das berührungsempfindliche LCD, sondern auch ein Daumen-Trackball, ein Scroll-Rad, "Cursor-Tasten" und programmierbare Sondertasten auf Front- und Rückseite. Die integrierte Hardware-Handschriften-Erkennung erfordert keine Zusatz-Software und soll eine Nutzung mit jedem Desktop-Betriebssystem erlauben. Dank PS/2- und zwei USB-Schnittstellen lassen sich auch PC-übliche Eingabegeräte wie Joysticks sowie andere Peripherie nutzen. Außerdem gibt es eine Infrarot-Schnittstelle etwa für eine Fernbedienung. Netzwerkspiele und Internet-Zugang etwa zum Web-Browsen sind entweder per Ethernet oder integriertem WLAN möglich.

Reicht das interne Rogue-LCD nicht aus, können entweder ein externer VGA-Monitor oder ein Fernseher angeschlossen werden. Leider scheint es nur einen Stereo-Ton-Ausgang zu geben, beim Anschluss an die heimische Surround-Anlage entlockt man dem tragbaren Spiele-PC deshalb keinen echten Raumklang. Mitgeliefert wird eine Docking-Station, damit das Gerät auch stationär betrieben werden kann.

Im Gegensatz zu Eve setzte der Rogue-Hersteller auf ein Standard-Desktop-PC-Betriebssystem, auf der E3 zeigt der Hersteller ein Gerät mit herkömmlichem Windows XP. In einem Video-Download demonstriert SL Interphase, wie die Spiele Battlefield Vietnam, Red Faction, Halo und Ghost Recon sowie der Internet Explorer zum Internet-Surfen auf Rogue laufen.

Die Markteinführung von Eve und Rogue wird noch auf sich warten lassen. Von Rogue wird auf der E3 Expo 2004 ein lauffähiger Prototyp gezeigt und auch Eve ist noch nicht fertig, es soll erst im 1. Quartal 2005 auf den Markt kommen. Laut ersten Berichten von der E3 wird Rogue zum Marktstart etwa 900,- US-Dollar kosten, während Eve mit rund 500,- US-Dollar veranschlagt werde. Bei beiden gibt es noch keine Daten bezüglich der Laufzeit oder des Gewichts.

Ob die beiden durchaus interessanten Konzepte überhaupt eine Chance gegen Nintendo und Co. haben? Die bekannten PC-Konsolen-Konzepte haben es bisher nicht auf den Markt geschafft - entweder weil sie mittlerweile aufgegeben wurden oder ewig auf sich warten lassen. Infinium Labs, der ebenfalls auf der E3 vertretene Entwickler der dauerverspäteten PC-Konsole Phantom, scheint seine Zeit derzeit in Gerichtsverfahren zu investieren, auch kritische Journalisten werden dabei nicht ausgespart. Währenddessen werden spieletaugliche und zugleich stromsparende Notebooks immer günstiger.

Eve und Rogue könnten eventuell, sofern die Preise stimmen, eine Chance haben. Aber: Wer kauft sich schließlich schon ein Spielehandheld, wenn er für ein paar Euro mehr ein Allround-Notebook erwerben kann? Eve und Rogue erscheinen immerhin vielversprechender als die nur für stationäre Nutzung ausgelegten PC-Konsolen-Konzepte und wirken auch robuster als Notebooks.


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