Privatkopie.net: Urheberrecht garantiert Verwertern Monopol
Alternative Anhörung zur Novelle des Urheberrechtsgesetzes
Im Rahmen der derzeitigen Novellierung des Urheberrechts, durch die die Privatkopie faktisch abgeschafft werden könnte, hatte die Initiative Privatkopie.net zu einer alternativen Anhörung geladen. Im Rahmen der Veranstaltung wiesen Vertreter diverser Organisationen auf die Gefahren einer derartigen Gesetzesänderung hin.
So zeigte Bernd Lutterbeck, Informatikprofessor an der TU Berlin, an einem kleinen Beispiel auf, welche Konsequenzen die Novelle haben wird. Lutterbeck hatte in der Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofs zur Bestätigung der Verlängerung der Copyright-Fristen um 20 Jahre den Hinweis auf einen Artikel in der Londoner Times gefunden. Time Warner, hieß es darin, verdiene an dem von zwei amerikanischen Lehrern geschriebenen Lied "Happy Birthday" jährlich rund 2 Millionen US-Dollar an Lizenzeinnahmen. Lutterbeck wollte den aus sechs Sätzen bestehenden Bericht der Times als Kopie auf der Pressekonferenz verteilen. Das gestattete der Times-Verlag dann auch - allerdings verlangte er bei 100 analogen Vervielfältigungen die stolze Summe von 50 Britischen Pfund.
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Würde er seine Arbeitszeit hinzurechnen, so Lutterbeck, käme der Spaß auf schlappe 387 Euro, inklusive Steuern. Lutterbecks daraus abgeleitetes Fazit: Das diskutierte Urheberrecht gebe den Verwertern ein Monopol an die Hand, das erlaube, absurde Preise zu verlangen. Mit der ursprünglich angestrebten "Innovationsförderung" habe das nichts mehr zu tun. Der Politik empfahl Lutterbeck darüber nachzudenken, "ob solche Gesetze überhaupt noch Sinn machen in dieser neuen Zeit", vor allem auch deshalb, weil letztendlich Konzerne Geld verdienen würden mit Werken, die sie nicht selber geschaffen haben, die kreativen Köpfe aber leer ausgehen.
Auch Gabriele Beger, Vorsitzende der Rechtskommission des Deutschen Bibliotheksverbands, befürchtet in ihrem Bereich gravierende Auswirkungen. Sie beklagt, dass nicht einmal der Rahmen der EU-Richtlinie ausgeschöpft wird. Bibliotheken dürfen ihren digitalen Fundus in Zukunft nur auf Basis von Lizenzen zugänglich machen. Angesichts hoher Sätze der Lizenzgeber und langer Verhandlungszeiten sieht Beger unerschwingliche Kosten auf die Bibliotheken zukommen. Der öffentliche Auftrag, Medienkompetenz zu vermitteln und aktuelle Informationen zur Verfügung zu stellen, sei somit nicht mehr erfüllbar. Das fange bei einfachen Dingen wie dem Zuschicken einer Kopie eines Zeitungsartikels an. Sollten sich die Rechteinhaber bei der Lizenzierung querstellen, stünde der Klageweg offen. "Aber das dauert drei bis fünf Jahre", führte Beger aus. "Ich hoffe, Sie haben dann noch Interesse an der Kopie."
John Perry Barlow, Mitgründer der Electronic Frontier Foundation, warnte wie im Interview mit Golem.de eindringlich davor, durch die Novelle Verhältnisse wie in den USA heraufzubeschwören, wo bereits seit vier Jahren der von Forschern stark kritisierte Digital Millennium Copyright Act (DMCA) in Kraft ist. Die Politiker müssten sich bewusst sein, sagte der Netzaktivist, "dass Sie mit der Verabschiedung der Regelung ein Medienmonopol stark bevorzugen würden, das sich in den USA gerade zu einem privatwirtschaftlichen Totalitarismus auswächst". Dieses Übergewicht der Industrie hat laut Barlow zwei gravierende Folgen: Zum einen begünstige es ein "Realitätsverstörungsfeld", das für den demokratischen Prozess schädlich sei. Zum anderen werde die Architektur des Internet, für Barlow das "Nervensystem des menschlichen Bewusstseins", in eine Richtung verändert, die Behörden mehr Kontrolle gebe.
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Volle Zustimmung! Sollte es wirklich zum Ärgsten kommen, muss das aber auch nicht...
Hierzu fällt mir nur ein, dass nicht alles, was aus den USA kommt, gut ist... Martin
Ich glaube nicht das sich die beiden TCPA/DMCA trennen lassen. DMCA ist rechtliche...
Allen Hackern dieser wundersamen Erdkugel sei Dank. Verrückt, aber die einzige Methode...