Halbleiterindustrie 2002: Rückgang in fast allen Segmenten
"Nach der nun zweijährigen Durststrecke auf dem Inlandsmarkt sieht unsere Branche dem kommenden Jahr durchaus positiv entgegen" , erklärte Dietmar Harting, Vorsitzender des ZVEI-Fachverbandes Bauelemente der Elektronik und in Personalunion Präsident des ZVEI, anlässlich der Fachmesse "electronica 2002" in München. "Für 2003 stellen sich unsere Hersteller auf ein moderates, einstelliges Wachstum im Inland ein."
Harting sieht dafür im Wesentlichen drei Ursachen. So seien die während des Booms im Jahr 2000 aufgebauten Läger der Kunden der Bauelementeindustrie mittlerweile stark reduziert worden. Durch das Auffüllen der Läger wird eine erneute Nachfrage entstehen, die eine zeitliche Entkoppelung des Wachstumszyklus der Bauelemente-Industrie von der Konjunktur in den Abnehmersegmenten ergebe.
"Unverändert ist der Trend zum Einbau von mehr elektronischen Bauelementen in Maschinen und Geräten, was dem Nutzer in vielen Fällen gar nicht bewusst ist" , erläuterte Harting. Von der elektronisch gesteuerten Fahrradlampe bis hin zu Steuerungen großer Anlagen, der Elektronikanteil am Wert vieler Endprodukte steige stetig und führe zu zusätzlichem Bedarf an Bauelementen. Dieser Wertanteil betrage beispielsweise beim Auto heute bereits ca. 25 Prozent mit weiter steigender Tendenz.
Der starke Kapazitätsaufbau in der Bauelementeindustrie während des Booms hat in Teilsegmenten weltweit zu einem drastischen Preisverfall geführt. Auf Grund steigender Nachfrage nach Bauelementen - im Wesentlichen getrieben durch Südostasien - bestehe die Erwartung, dass sich die Preise normalisieren, so Hartings Prognose. Auch dadurch werde der Umsatz im Bauelementemarkt wachsen. Er wies darauf hin, dass die Auswirkungen dieser sich auch wechselseitig beeinflussenden Faktoren größer sein können als die Konjunktureinflüsse der Elektroindustrie.
Die aktiven Bauelemente Halbleiter, halbleiterbasierte Sensoren, Bildröhren und Displays werden dem ZVEI zufolge das laufende Jahr mit einem Minus von 9,6 Prozent abschließen. Einen Marktrückgang von gut zehn Prozent auf knapp 9,5 Milliarden Euro verzeichnen die Halbleiter als umsatzstärkste Produktgruppe. Die hauptsächlich von der Kfz-Industrie eingesetzten halbleiterbasierten Sensoren wachsen gegen den Trend in diesem Jahr vermutlich um sechs Prozent auf ein Marktvolumen von mehr als 450 Millionen Euro. Wesentliche Ursache ist der nach wie vor steigende Elektronikanteil im Automobil. Der deutsche Markt macht in dieser Produktgruppe fast die Hälfte des gesamten Weltmarktes aus.
Mit einem Marktvolumen von 7,6 Milliarden Euro haben die integrierten Schaltungen den größten Anteil bei Halbleitern. Sie verbuchen einen überdurchschnittlichen Rückgang von mehr als elf Prozent. Dieser wird zum großen Teil von starkem Preisverfall insbesondere bei Speicherchips ausgelöst. Ursache dafür ist auch die schwache Nachfrage aus der Telekommunikationsindustrie mit minus 15,5 Prozent und der Industrieelektronik mit minus 31 Prozent. Die Datentechnik entwickelte sich in diesem Jahr mit einem Minus von 9,2 Prozent vergleichsweise moderat nach einem Nachfrage-Rückgang von 27 Prozent bei Chips im Jahr 2001. Wie auch im Jahr zuvor entwickelte sich die Kfz-Elektronik positiv, wenngleich die Branche mit plus 2,6 Prozent eine geringere Steigerung als im letzten Jahr (plus 8,4 Prozent) realisierte. Die sonstige Konsumelektronik verzeichnete mit knapp minus 38 Prozent zwar den stärksten Rückgang, spielt aber im Gesamtmarkt für integrierte Schaltungen nur eine untergeordnete Rolle.
Die passiven Bauelemente Kondensatoren, Widerstände, Induktivitäten und EMV- sowie HF-Bauelemente weisen auf dem Inlandsmarkt in diesem Jahr einen drastischen Rückgang gegenüber dem Vorjahr um fast 19 Prozent auf gut 1,4 Milliarden Euro auf. Wesentlich bestimmt ist diese Entwicklung von der Telekommunikationsindustrie mit minus 30,1 Prozent, die bei den Passiven Bauelementen damit nur noch das drittstärkste Abnehmersegment darstellt. Auch die Industrieelektronik als nunmehr stärkster Nachfrager nach Passiven Bauelementen ging um fast 16 Prozent zurück. Und die Kfz-Elektronik als Nummer zwei unter den Abnehmersegmenten verzeichnete ein Minus von 8,6 Prozent.
Die elektromechanischen Bauelemente wie Schalter und Steckverbinder werden in diesem Jahr voraussichtlich einen vergleichsweise moderaten Rückgang des deutschen Marktes um 3,2 Prozent auf ein Gesamtvolumen von gut 2,6 Milliarden Euro verzeichnen. Bedingt ist diese Entwicklung durch die 'rote Null' bei der Nachfrage aus der Kfz-Elektronik (minus 0,3 Prozent), welche die größte Menge an elektromechanischen Bauelementen nachfragte. Besonders bei den Schaltern dominieren die Anwendungen im Automobil, so dass dieser Produktbereich in 2002 sogar ein geringes Wachstum von 0,7 Prozent ausweist.
Die Leiterplattenindustrie verzeichnet im Jahr 2002 einen deutlichen Rückgang des Inlandsmarktes um fast 15 Prozent auf ein Volumen von knapp 1,5 Milliarden Euro. Ursache ist die Schwäche in allen Abnehmersegmenten, mit gesunkenem Bedarf der Telekommunikationsindustrie von minus 20,0 Prozent, der Datentechnik von minus 16,4 Prozent, der Industrieelektronik von minus 12,4 Prozent sowie der Kfz-Elektronik von minus 8,8 Prozent. Der Inlandsmarkt für Integrierte Schichtschaltungen wird das laufende Jahr mit einem positiven Ergebnis von plus 3,8 Prozent abschließen. Grund ist die Nachfrage aus der Automobilelektronik.
Zeigten die Abnehmersegmente im vergangenen Jahr deutlich unterschiedliche Entwicklungen, so zieht sich der Nachfragerückgang im laufenden Jahr durch nahezu alle Bereiche. Lediglich die Nachfrage aus der Kfz-Elektronik übt mit einem leichten Plus von 0,1 Prozent über alle Bauelemente einen stabilisierenden Effekt auf den Inlandsmarkt aus. Die drei anderen wichtigen Abnehmer zeigen mit minus 15,9 Prozent im Bereich der Telekommunikation, minus 14,1 Prozent bei Industrieelektronik und minus 8,8 Prozent bei Datentechnik deutliche Einbußen.
Damit bleibt die Telekommunikation mit einem Anteil von 22,6 Prozent (3,71 Milliarden Euro) am Bauelementebedarf nach der Automobilelektronik mit 30,6 Prozent (5,04 Milliarden Euro) das zweitstärkste Marktsegment, knapp gefolgt von der Datentechnik mit 22,1 Prozent (3,64 Milliarden Euro). Die Industrieelektronik bleibt auf Platz vier und fragte 18,8 Prozent (3,1 Milliarden Euro) aller Bauelemente nach. Somit bleibt in Deutschland eine ausgewogene Abnehmerstruktur mit vier starken Segmenten erhalten. Hinsichtlich einer Stabilisierung des Inlandsmarktes ist dies als Vorteil zu sehen, der im letzten Jahr deutlich zum Tragen kam.
Im Vergleich zeigte der europäische Markt eine ähnliche Entwicklung wie der Inlandsmarkt. Mit einem Nachfragerückgang von insgesamt 9,7 Prozent erreicht der Markt für Bauelemente in Europa in diesem Jahr ein Volumen von 55,8 Milliarden Euro. In der Währung ausgedrückt, in der Bauelemente weltweit gehandelt werden, sind dies 52,3 Milliarden US-Dollar.
Der globale Bedarf an Bauelementen wird im laufenden Jahr fast exakt den Wert des letzten Jahres von 272,5 Milliarden US-Dollar (292,4 Milliarden Euro) erreichen. Begründet ist dieses Nullwachstum dabei in einem deutlichen Anstieg des Marktes in Südostasien mit 15,5 Prozent auf gut 91 Milliarden US-Dollar. In allen anderen Regionen der Welt sind Einbußen zu verzeichnen.
Auf Dollar-Basis ergeben sich Rückgänge in den einzelnen Regionen von 8,2 Prozent in Amerika, 6,3 Prozent in Europa, 4,2 Prozent in Japan und 4,2 Prozent in Afrika und Mittlerem Osten. Südostasien kann seinen Spitzenplatz am Weltmarkt mit voraussichtlich 33,5 Prozent vor Amerika mit 24,6 Prozent ausbauen. Auf Platz drei folgt Japan mit 20,8 Prozent. Europa liegt mit einem Anteil von 19,2 Prozent unverändert auf dem vierten Platz.



